Wehrmedizinische Monatsschrift

Vergleich der Praktikabilität von Diagnostikverfahren zur Detektion von Giardia lamblia, Cryptosporidium spp. sowie E. histolytica im Einsatz

Anna-Maria Kreißl

Sanitätsversorgungszentrum Mittenwald

 

Abb. 1 Zahlreiche rot angefärbte Cryptosporidium parvum – Oozysten; 4,5 μm groß nach Kinyoun-Färbung im hitzefixierten Stuhlausstrich nach Anreicherung (Bar: 20μm)

Hintergrund

Die einzelligen Parasiten G. lamblia, E. histolytica , Cryptosporidium spp. sind in Einsatzgebieten der Bundeswehr prävalent. Sie rufen gastrointestinale Infektionen hervor und sind durch ihre hohe Infektiösität (geringe Infektionsdosis, hohe Resistenz der infektiösen Stadien) eine ernsthafte Bedrohung der in den Endemiegebieten eingesetzten Soldatinnen und Soldaten.

Es sind insbesondere diese parasitären Protozoen, die zu akuten, prolongierten gastrointestinalen Symptomen mit schweren Diarrhoen, Erbrechen, Gewichtsverlust und Leistungsminderung wie auch zu chronischen, Wochen bis Jahre persistierenden, subakuten Infektionen führen können. Asymptomatische Verläufe sind ebenfalls beschrieben. Die infektiösen Stadien (Zysten bzw. Oozyten) werden in großer Zahl von infizierten Menschen und ­Tieren ausgeschieden (Zoonosen) und indirekt durch kontaminiertes Trink- und Brauchwasser sowie kontaminierte Lebensmittel oder direkt durch mangelnde Händehygiene antroponotisch und/oder zoonotisch übertragen. Die Übertragungsstadien besitzen eine ausgesprochen hohe Tenazität gegenüber Umwelteinflüssen, überdauern oft Tage bis Monate in feuchtem Milieu und werden von der üblichen Trinkwasseraufbereitung oft nicht suffizient erfasst. Vor allem in Ländern mit mangelnder sanitärer Infrastruktur sowie bei Unterbringung in Gruppenunterkünften besteht ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Infektion oder gar Ausbrüche. Cryptosporidium spp. wurden aufgrund ihrer ausgesprochenen Infektiösität und des schweren Krankheitsverlaufes sogar schon als potenzielle B-Agenzien eingeordnet. Eine einfache, schnelle und akkurate Diagnostik ist daher in den Einsatzlaboratorien der Bundeswehr vorzuhalten (siehe Abbildung 1).

Abb. 2 Giardia lamblia – Zysten (mittig) in „Frischstuhl“; ungefärbt; links angeschnitten: Ascaris lumbricoides-Ei; Durchlichtmikroskopie

Abb. 3 Giardia lamblia – Trophozoit in angereichertem, mittel Biosepar Parasitrap® fixierten Stubl, ungefärbt; Durchlichtmikroskopie

Derzeitige Diagnostik im Einsatz

Die derzeitige Diagnostik der Erreger im mikrobiologischen Einsatzlabor im Rahmen von Resolute Support in Masar-e Scharif, Afghanistan, umfasst neben der lichtmikroskopischen Untersuchung nach Anreicherung (MIFC-Verfahren) (siehe Abbildungen 2 und 3), einen Triple-Antigen-Schnelltest ­(Rida®Quick) zur simultanen Detektion von Cryptosporidium parvum, Giardia lamblia und Entamoeba histolytica/dispar-Antigen sowie die Anwendung teleparasitologischer Verfahren. Weitere relevante darmpathogene Erreger können in diesem Laborsetting mittels kultureller Anlage, Antigen-Schnelltesten und GenExpert-PCR ­(Norovirus) detektiert werden. Im MINUSMA-Einsatz in Gao, Mali wird hingegen eine reduzierte mikrobiologische Einsatzdiagnostik in Form eines klinisch-chemischen Labors mit „nichtkultureller mikrobiologischer Diagnostik-Komponente“ vorgehalten. Zur Diagnostik der oben genannten Protozoen steht hier ebenso der Antigen Schnelltest zur Verfügung. Die Unterstützung durch die Teleparasitologie wird ebenfalls gewährleistet.

Für eine erweitere parasitologisch-mikrobiologische Untersuchung besteht die Möglichkeit des standardisierten Versands von nativen oder fixierten Stuhlproben in Biosepar ParasiTrap®-Medium an das zentrale Labor für medizinische Parasitologie im Bundeswehrzentralkrankenhaus (BwZKrhs) Koblenz.

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist die Evaluierung, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die PCR-Diagnostik von G. lamblia, E. histolytica, Cryptosporidium spp. den bisherigen Goldstandard (Triple-­faeces-Mikroskopie nach Anreicherung (MIFC-Verfahren) und einfacher Färbung), im Einsatzgeschehen der Bundeswehr ergänzen bzw. ganz oder teilweise ersetzen könnte.

Material und Methodik

Bei insgesamt 126 Stuhl-Rückstellproben des parasitologischen Labors in Koblenz wurden Sensitivität und Spezifität von 3 Testverfahren (2 Triple-Antigen-Schnelltests (Rida®Quick und CER) sowie die rt-PCR zur Detektion von G. lamblia, E. histolytica, Cryptosporidium spp.) gegen den bisherigen Goldstandard bestimmt sowie deren Praktikabilität und Umsetzbarkeit in Bezug auf die Diagnostik im Zuge von Auslandseinsätzen der Bundeswehr beurteilt. Außerdem wurde untersucht, inwieweit eine PCR-Diagnostik von in Biosepar Parasitrap® fixierten Proben zu validen Ergebnissen führt. Dazu wurde aus einer nativen Ausgangsprobe der jeweiligen Stuhlprobe ein Probenpaar bestehend aus fixierter Probe sowie einer nativen Probe hergestellt, sodass die PCR zur Diagnostik von G. lamblia, E. histolytica, Cryptosporidium spp. auf 103 native und 113 im Biosepar-System fixierten Stuhlproben angewandt wurde. Weiterhin wurden 2 Antigen-Schnelltests zur simultanen Diagnostik von G. lamblia, E. histolytica/dispar, Cryptosporidium parvum (Rida®Quick und CER Testsysteme) miteinander verglichen. Die Antigen-Schnelltests wurden nur auf native Proben angewandt.

Ergebnisse

Im Ergebnis zeigte der immunchromatographische Triple-­Antigen-Schnelltest Rida®Quick insgesamt die beste Sensitivität im Vergleich der drei Testverfahren (siehe Tabelle 1). Er zeigte insbesondere eine hohe Sensitivität gegenüber G. lamblia. Die Spezifität des Rida®Quick-­Schnelltests ist jedoch niedriger als bei der real-time multiplex-PCR zur simultanen Detektion von G. lamblia, E. histolytica , Cryptosporodium spp. Der immunchromatographische Triple-Antigen-Schnelltest CER zeigt in unserer Studie die insgesamt schlechtesten Ergebnisse bezüglich Sensitivität und Spezifität aller drei Testverfahren. Die Sensitivität der multiplex-PCR zur Detektion von G. lamblia, E. histolytica, Cryptosporodium spp. ist bei fixierten gegenüber nativen Stuhlproben signifikant schwächer (siehe Tabelle 1).

Diskussion

Die Anwendung des Antigen-Schnelltests Rida®Quick zur simultanen Detektion von C.parvum, G . lamblia und E. histolytica/dispar bietet in Zusammenschau mit der vorliegenden Klinik der Patienten in ressourcenlimitierten Settings ein probates, flankierendes Diagnostikum. Somit lässt sich eine Verdachtsdiagnose erhärten, Hygiene- sowie infektionsepidemiologisch relevante Präventionsmaßnahmen (Infektkettenunterbrechung) einleiten und ggf. weiterführende Diagnostik veranlassen.

Die Diagnostik der drei akute wie chronische Krankheitsgeschehen auslösenden Parasiten sollte jedoch nicht allein auf einem Antigenschnelltest beruhen, sondern immer mittels mikroskopischer Untersuchung bzw., sofern verfügbar, PCR bestätigt werden [6]. Zum einen bestehen, wie in dieser Studie detektiert, erhebliche Unterschiede in der Sensitivität wie auch Spezifität von verschiedenen Antigen-Schnelltestsystemen. Zum anderen handelt es sich nicht um einen direkten Erregernachweis, sondern um einen Antigen-Nachweis. Dieses Antigen kann jedoch auch nach durchgemachter Infektion noch nachweisbar sein, obwohl keine infektiösen Erregerstadien mehr vorhanden sind. Weiterhin können die kommerziell verfügbaren Antigen-Schnelltestsysteme lediglich die Kryptosporidiumspezies Cryptosporidium parvum und/oder Cryptosporidum hominis detektieren. Eine weitere Limitierung der Antigen-Schnelltests besteht in der fehlenden Möglichkeit der Differenzierung der humanpathogenen Entamoeba histolytica von der apathogenen Entamoeba dispar.

Aufgrund mangelnder morphologischer Unterscheidungsmerkmale gelingt dies mikroskopisch jedoch eher nicht, sodass im Fall einer Amöbiose (Amöbenruhr) der Klinik sowie bildgebenden und auch serologischen Verfahren neben der Infektionsepidemiologie ein hoher Stellenwert zukommt. Besonders in diesem Fall empfiehlt sich die erweiterte molekulare Diagnostik zur Erregerdifferenzierung nach Probenversand über das mikrobiologische Leitlabor in Koblenz.

Giardia lamblia und Cryptosporidium sp. – wie auch ein Großteil anderer enteraler und nichtenteraler Parasi­ten – lassen sich hingegen mittels Anreicherungs- und Färbeverfahren bei ausreichender Erfahrung in der (Stuhl-)mikroskopie und der Untersuchung von 3 aufeinander folgenden Stuhlproben in der Regel sehr gut lichtmikroskopisch detektieren, wenn ein(e) erfahrene(r) Parasitologe/in in die Diagnostik einbezogen ist.

Vor allem unter Bedingungen mit limitierten Ressourcen ist die lichtmikroskopisch-morphologische Diagnostik in Verbindung mit der Telemikrobiologie bzw. Teleparasitologie eine zielführende Herangehensweise. Dies prädestiniert diese Kombination, neben dem Einsatz verschiedener validierter Antigen-Schnelltestsysteme, zu einem regelhaften Verfahren in nahezu allen Einsätzen der Bundeswehr.

Dem gegenüber stehen multiplexe real-time PCR-Verfahren, welche in relativ kurzer Zeit hoch sensitive ­multiple Ergebnisse mit Erregerbestimmung bis auf Speziesebene liefern und vor allem im Rahmen von Ausbruchsgeschehen mit unklarer Erregerquelle- und Ursache Ergebnisse liefern. Letzteres besitzt insbesondere bei dem Einsatz hochmobiler Laboreinheiten (RDOIT, rapidly deployable outbreak investigation teams) eine wichtige Rolle im Sinne der Ausbruchsaufklärung.

Ein PCR-Ergebnis hängt jedoch generell von der richtigen Schlüsselprobe ab, deren korrekter Aufbereitung, von der DNA-Extraktion bis hin zum PCR-Ansatz, sowie der richtigen Ergebnisinterpretation. Dies erfordert zum einen routinierten Umgang und Erfahrung mit molekularen Diagnostikverfahren, zum anderen die nötigen materiellen, räumlichen wie auch logistischen Ressourcen. Hinzu kommt, dass neben PCR-Inhibitoren und der fehlerhaften Lagerung und Anwendung der Reagenzien seltene, selbst in multiplexen PCR-Verfahren nicht erfasste, Spezies bzw. Mutationen im zu detektierenden DNA-Abschnitt zu falsch negativen Ergebnissen führen können. Zudem werden mit PCR-Verfahren DNA-Abschnitte der Erreger nachgewiesen, sodass keine Aussage über deren Lebensfähigkeit und damit Infektiösität getroffen werden kann. Dies führt vor allem bei medikamentös anbehandelten Patienten zu einer schwierigen Ergebnisinterpretation.

Fazit

Mittels lichtmikroskopischer Untersuchung, ggf. durch Bestätigung mittels Antigenschnelltest, können die ­wichtigsten akute Infektionen auslösenden humanpathogenen Protozoen/ Erreger sowie andere (enterale) Parasiten, z. B. Helminthen detektiert werden. Unter Zuhilfenahme der Telemikrobiologie bzw. -parasitologie sowie unter Betrachtung der Klinik kann so einfach und zeitnah die richtige Diagnose gestellt werden. Damit erweist sich der Routineeinsatz von komplexen PCR-Verfahren im „stationären“ Einsatzgeschehen der Bundeswehr bisher als nicht zwingend notwendig. Neben den verschiedenen Diagnostikverfahren ist jedoch auch über Klinik, Erregerepidemiologie und korrekte Diagnostik informiertes medizinisches Personal unabdingbar für die zügige Infektionserkennung, -bekämpfung und -prävention. Dies spiegelt sich bereits in der standardisierten Ausbildung wieder, die vor einem Einsatz in den Einsatzlaboratorien im Leitlabor in Koblenz stattfindet.

Im Rahmen der Infektkettenaufklärung hingegen, mit möglicherweise unklarer Erregerlage und Infektionsepidemiologie, bildet die umfassende Diagnostik – inklusive molekularer Verfahren zur Untersuchung von humanen, zoonotischen und Umweltproben – einen zwingend erforderlichen Eckpfeiler in der medizinischen Versorgung und zur Wahrung der Einsatzbereitschaft unserer Soldaten im Einsatzgeschehen.

Literatur

Manuskriptdaten

Zitierweise

Kreißl AM: Vergleich der Praktikabilität von Diagnostikverfahren zur Detektion von Giardia lamblia, Cryptosporidium spp. sowie E. histolytica Einsatz. WMM 2019; 63(12): 412-414.

 

Verfasser

Oberstabsarzt Anna-Maria Kreißl

Sanitätszentrum Mittenwald

In der Kofel 1-29, 82481 Mittenwald

E-Mail: annamariakreissl@bundeswehr.org

Als Vortrag gehalten beim Wettbewerb um den Heinz-­Gerngroß-­Förderpreis der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. am 11. Oktober 2019 in Leipzig