Wehrmedizinische Monatsschrift

 ORIGINALARBEIT

Im Schulterschluss – die Bundeswehrkrankenhäuser
in der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie

The Bundeswehr hospitals fighting the COVID-19 pandemic

Daniel Mathiesa, Manuel Döhlab, Johanna Vonderheckena, Maximilian Schreinerc, Klaus Hartmannd, Bernhard Kleine, Ulrike Rungee, Christina Mayerf, Norman Schmidt-Frankeg, Klaas Oltmannsh, Franziska Keidelh, Dominic Rauschninga

a BundeswehrZentralkrankenhaus Koblenz, Klinik I – Innere Medizin

b BundeswehrZentralkrankenhaus Koblenz, Abteilung XXI – Mikrobiologie und Krankenhaushygiene

c Bundeswehrkrankenhaus Berlin,Klinik I – Innere Medizin

d Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Abteilung für Zentrales Klinisches Prozess-, Leistungs- und Ressourcenmanagement

e Bundeswehrkrankenhaus Hamburg, Abteilung für Zentrales Klinisches Prozess-, Leistungs- und Ressourcenmanagement

f Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Klinik I – Innere Medizin

g Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Abteilung für Zentrales Klinisches Prozess-, Leistungs- und Ressourcenmanagement

h Bundeswehrkrankenhaus Westerstede, Klinik I – Innere Medizin

 

Zusammenfassung

Die durch das SARS-CoV-2 verursachte, als COVID-19 bezeichnete Infektion zeigt seit dem Ausbruch Ende 2019 einen pandemischen Verlauf und ist aktuell eines der führenden medizinischen und gesellschaftspolitischen Themen. Wesentlicher Bestandteil der Diskussion sind dabei epidemiologische Faktoren und die für die Therapie beanspruchten Ressourcen sowie eine kontinuierliche Re-Evaluation einschneidender Beschränkungen zur Eindämmung der Ausbreitung.

Dieser Artikel stellt die teils sehr unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen dar, unter denen die Bundeswehrkrankenhäuser diese Aufgabe meistern mussten, und erarbeitet die dabei beschrittenen Wege und Ergebnisse im bisherigen Verlauf der Pandemie in Deutschland. Ein allen gemeinsamer Ansatz war hierbei insbesondere, Strukturen zur Absonderung und getrennten Versorgung von Patienten zu schaffen. Dies gelang nur, indem sämtliche in den Häusern vorhandene Ressourcen mobilisiert wurden.

Es wurden Daten aus allen Bundeswehrkranken­häusern gesammelt und in Kooperation ausgewertet. Aufgrund der signifikanten Unterschiede in den Grund­voraussetzungen ist ein Vergleich der Ver­sor­gungs­qualität zwischen den Häusern nicht möglich und ­explizit nicht intendiert. Im Verbund wurden 148 COVID-19-Patienten behandelt, von denen 31,8 % einen kritischen Verlauf entwickelten und 81,6 % überlebten. Die Ergebnisse ähneln denen vergleichbarer Kohorten aus Deutschland, international finden sich allerdings teils deutliche Abweichungen.

Bei Drucklegung (1. August 2020) ist dies die größte ­publizierte Kohorte eines deutschen Klinikverbunds. Sie unterstreicht neben weiteren Arbeiten militärischer Einrichtungen die wissenschaftliche Relevanz von Arbeiten aus dem Bereich der Streitkräfte. Der Verlauf der Corona-Pandemie und die zu lösenden Herausforderungen verdeutlichen vor dem Hintergrund weltweiter Einsätze in einer hochvernetzten Gesellschaft aber auch den Bedarf an infektiologischen Kompetenzen und einer entsprechenden Infrastruktur für die Bundeswehr.

Schlüsselwörter: SARS-CoV-2, COVID-19, Pandemieplan, Krankenhausstruktur, Bundeswehrkrankenhäuser, Sanitätsdienst

Summary

The infection caused by SARS-CoV-2 which was named COVID-19 has shown a pandemic course since its outbreak in late 2019. Today, it is one of the dominant topics of both medical and socio-political discussions. A significant part of this discussion focuses on epidemiological factors and their impact on resource demand and the continuous re-evaluation of harsh restrictions used to contain the outbreak.

This article illustrates the partly quite diverse conditions for the Bundeswehr hospitals, their approaches to solve the given tasks and the results that have been achieved. All hospitals established additional structures in order to segregate infected patients and treat them separately. This was only possible by recruiting every resource available to the institutions.

Data from all five Bundeswehr hospitals were collected and interpreted in cooperation. Due to significant differences in conditions, comparing the quality of care between the institutions is neither possible nor intended. In total 148 patients with COVID-19 were treated. 31.8% showed a critical course and 81.6% survived. The result is comparable to other published cohorts in Germany. International studies, however, partially show distinct divergences.

By 1 August 2020 this is the largest published cohort of a German hospital group. This and other contributions from German military institutions emphasise the scientific relevance of military studies. The course of the COVID-19 pandemic and the resulting challenges also call for infectiological expertise and appropriate infrastructure especially in the face of worldwide deployable forces and a highly connected society.

Keywords: SARS-CoV-2, COVID-19, pandemic plan, hospital structure, Bundeswehr hospitals, military medical service

Einleitung

Ende 2019 trat mit Ausbruch von SARS-CoV-2 in der Volksrepublik China und seiner weltweiten, pandemischen Ausbreitung die Vulnerabilität des menschlichen Organismus für unbekannte infektiöse Agenzien wieder ins Bewusstsein der Bevölkerung [11]. Dieses Beta-Coronavirus, dessen Ursprung in Fledermäusen vermutet wird [28], löst hochvariable Verläufe der als Coronavirus-Disease 19 (COVID-19) bezeichneten Erkrankung aus, die vom grippalen Infekt mit leichten Beschwerden der oberen Atemwege bis hin zu schweren Pneumonien mit Ausbildung eines akuten Lungenversagens reichen. Verkomplizierend kann es zum Vollbild einer Sepsis und thromboembolischen Ereignissen kommen [9]. Erste epidemiologische Studien hatten verschiedene Komorbiditäten, wie arterielle Hypertonie oder Diabetes mellitus, aber auch ein höheres Alter als Risikofaktoren für einen schwereren Verlauf herausgearbeitet [27], so dass gerade die demografische Situation in den europäischen Ländern einen dramatischeren Verlauf des Infektionsgeschehens begünstigen könnte. Mit ubiquitär verfügbaren und sich global rasch verbreitenden Bildern kollabierender Gesundheitssysteme auch in wohlhabenden Staaten wurde klar, dass die Bewältigung der Pandemie auch in Deutschland nur durch Vorbereitung bzw. Anpassung der Gesundheitsstrukturen gelingen würde. Mit 210 000 bestätigten Fällen und dabei bislang etwas mehr als 9 100 Toten Ende Juli 2020 scheint Deutschland in Bezug auf die Letalität mit einer Case Fatality Rate (CFR) von 4,4 % im internationalen Vergleich glimpflich davon gekommen zu sein [3]. Dennoch haben sich die versorgenden Einrichtungen, insbesondere die Krankenhäuser, auf deutlich schlimmere Szenarien vorbereitet. Der folgende Artikel soll die Überlegungen, Veränderungen und Anpassungen an die Lage der einzelnen Bundeswehrkrankenhäuser (Bw(Z)Krhs) im regionalen Kontext, aber auch als bundesweiter Klinikverbund, darstellen und den bisherigen Verlauf der Pandemie anhand von Patientenzahlen nachzeichnen.

Material und Methoden

Datenaquise

Aus allen Bw(Z)Krhs wurden Patientendaten über das zentrale Management oder direkt von den betreuenden Abteilungen im Zeitraum vom 1. Februar 2020 bis 31. Mai 2020 erhoben und anschließend gepoolt. Die Daten enthalten Alter, Geschlecht und organisatorische Herkunft des Patienten (Bundeswehrangehöriger, ziviler Patient mit Wohnsitz in Deutschland bzw. im Ausland), Aufnahme- und Entlassdatum, die Therapieintensität, aufgeteilt in normalstationär, intensivstationär und mit extracorporaler Membranoxygenierung (ECMO), einschließlich Zeitpunkt von Änderungen sowie das Outcome und schließlich das betreuende Bw(Z)Krhs. Bei Patienten, die im Verlauf verschiedener Therapieintensität unterlagen, wurde jeweils die höchste Therapieintensität gewertet (keine Dop­pelzählung bei Wechsel der Therapieintensität im Verlauf).

Auswertung und statistische Analyse

Um das Patientenaufkommen darzustellen, wurden aus den Aufnahme- und Entlassungsdaten sowie Daten zur Aufnahme auf Intensivstationen, Beginn einer ECMO-Therapie und Exitus eine Matrix berechnet. Durch diese lassen sich Anzahl der Patienten sowie deren Versorgungslevel, Anzahl der Aufnahmen, Entlassungen und Todesfälle über die Zeit analysieren.

Anschließend wurden zunächst die gepoolten Daten betrachtet. Die Variablen Geschlecht (männlich, weiblich), Zugehörigkeit (Bundeswehr, Zivil, International), Therapieintensität, versorgendes Bw(Z)Krhs (Berlin, Hamburg, Koblenz, Ulm, Westerstede) und Outcome (entlassen, verlegt, verstorben) sind kategorial. Es wurden Absolutwerte und relative Anteile in Prozent dargestellt; die Prozentwerte sind auf eine Nachkommastelle gerundet. Eine statistische Analyse wurde mittels Stata® 15.1 IC (StataCorp, USA) durchgeführt. Das Patientenalter und die Verweildauer sind kontinuierliche Variablen, die mittels Shapiro-Wilk-Test auf Normalverteilung geprüft wurden. Als Lagemaße wurden die verteilungsfreien Maße Median, 25 %- und 75 %-Quartil sowie der Interquartilabstand (IQA) berichtet. Patienten, welche am Tag der Aufnahme wieder entlassen wurden, wurden mit einer Verweildauer von einem Tag berücksichtigt. Ein Patient, welcher zum Zeitpunkt der Datenerfassung nicht entlassen war, wurde mit dem spätesten bekannten Datum bzw. 77 Tage Verweildauer berücksichtigt.

Unterschiede in Hinblick auf Alter und Liegedauer zwischen den unterschiedlichen Bw(Z)Krhs, Status und Zugehörigkeit wurden mittels Kruskal-Wallis-Test global überprüft, wobei ein Signifikanzniveau von 0,05 angenommen wurde.

Unterschiede in Hinblick auf die Zugehörigkeit und das Geschlecht zwischen den einzelnen Bw(Z)Krhs wurden mittels χ2-Test überprüft, wenn die erwartete Zellengröße mehr als 5 betrug, andernfalls wurde der exakte Test nach Fischer verwendet, wobei jeweils ebenfalls ein Signifikanzniveau von 0,05 angenommen wurde. Zur Bestimmung des Einflusses des Alters auf das Outcome wurde die Odds Ratio (OR) mit 95 %-Konfidenzintervall bestimmt. Hierzu wurden analog zu einer Metaanalyse Patienten < 65 Jahren mit Patienten ≥ 65 Jahren verglichen [17]. Eine Adjustierung fand aufgrund der geringen Fallzahl nicht statt.

Diskussionsbeiträge

Jedes Bw(Z)Krhs stellt Schwerpunkte und gesammelte Erfahrungen in einem eigenen Abschnitt vor.

Ergebnisse

Im Zeitraum vom 1. Februar 2020 bis 31. Mai 2020 wurden insgesamt 148 Patienten mit COVID-19 in den Bw(Z)Krhs behandelt. Verteilung auf die Krankenhäuser und maximale Anzahl gleichzeitig behandelter Patienten zeigen Tabelle 1 und Abbildung 1. Bis zum 31. Mai 2020 waren alle Patienten bis auf einen normalstationären Patienten entlassen.

Tab. 1: COVID-19-Patienten gesamt und nach Bw(Z)Krhs

Abb. 1: Patienten mit COVID-19 an den Bundeswehrkrankenhäusern vom 24. Februar–31. Mai 2020 (Hauptgrafik) sowie an den einzelnen Bw(Z)Krhs (einheitlich skalierte Panels); die Hauptgrafik zeigt auch die Patientenfluktuation. Gewertet wurde jeweils die höchste Therapieintensität (keine Doppelzählung bei Wechsel der Therapieform im Verlauf).
(ITS: Intensivstation, ECMO: Extracorporale Membranoxy­genierung)

Geschlechterverteilung

Die Geschlechterverteilung wies ein Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Patienten von annähernd 2:1 (66,2 % vs. 33,8 %) auf. Dabei zeigen sich zwischen den einzelnen Bw(Z)Krhs statistisch signifikante Unterschiede (χ2-Test, p = 0.003) (siehe Abbildung 2). Am deutlichsten fällt die Überzahl von männlichen Patienten im BwZKrhs Koblenz aus, wo das Verhältnis bei 88,4 % männlichen zu 11,6 % weiblichen Patienten lag. In den BwKrhs Hamburg und Berlin dagegen ist das Verhältnis ausgeglichen; Patienten im BwKrhs Ulm (63,2 % vs. 36,8 %) und Westerstede (65,6 % vs. 34,4 %) sind ebenfalls häufiger männlich als weiblich, auch wenn der Unterschied hier weniger ausgeprägt ist.

Abb. 2: Geschlechterverteilung in der Gesamtkohorte und den einzelnen Bw(Z)Krhs

Herkunft der Patienten

Den wesentlichen Anteil stellten zivile Patienten aus Deutschland (81,8 %); der Anteil an Bundeswehrangehörigen (10,1 %) und Patienten aus dem internationalen Bereich (8,1 %) war deutlich kleiner. Die Patientenzusammensetzung der einzelnen Krankenhäuser unterschied sich deutlich (exakter Test, p = 0.000). Internationale ­Patienten (Anteil an den Bw(Z)Krhs von 4,5 % in Berlin bis 21,1 % in Ulm) waren zunächst im Rahmen zweier ­MedEvac-Operationen aus Italien evakuiert und zu etwa gleichen Teilen auf Bw(Z)Krhs und zivile Häuser verteilt worden. In Ulm wurde ein Teil der internationalen Patienten aus Frankreich übernommen. Die internationalen Patienten in Berlin (davon zwei nach dem Stichtag 31.Mai 2020) wurden über die Organisation International SOS (Neu-Isenburg) aus Afghanistan und Serbien übernommen.

Auch bei den Bundeswehrangehörigen fand sich eine Differenz zwischen den Häusern: Während der Großteil in Koblenz (Anteil hier 27,9 %) und ein kleiner Teil in Berlin (Anteil hier 13,6 %) therapiert wurde, wurden in den übrigen Häusern keine Bundeswehrangehörigen versorgt. Der Anteil an zivilen Patienten aus Deutschland schwankt zwischen 65,1 % in Koblenz und 93,8 % in Hamburg.

Abb. 3: Herkunft der Patienten in der Gesamtkohorte und an den einzelnen Bw(Z)Krhs.
(BW: Soldat der Bundeswehr,
ZIV: Zivilipatient aus Deutschland, INT: Zivilpatient aus dem Ausland)

Altersverteilung

Bei der Betrachtung der Altersverteilung zeigte sich eine näherungsweise Normalverteilung (Shapiro-Wilk-Test, p = 0.161) mit linksschiefer Tendenz (Verteilung in Richtung der älteren Patienten). Der Median lag bei 64 Lebensjahren (54,75-78 a; IQA: 23,5 a) (siehe Abbildung 4).

Abb. 4: Histogramm für das Patientenalter der Gesamtkohorte

Ein Peak fand sich bei der Altersgruppe der 55-59-Jährigen. Auch hier bestand eine statistisch signifikante unterschiedliche Verteilung zwischen den Bw(Z)Krhs (Kruskal-Wallis-Test, p = 0.000). Die jüngste Kohorte hatte das BwZKrhs Koblenz mit einem Median von 57 Jahren (48-65 a; IQA: 17 a), die älteste Kohorte fand sich im BwKrhs Ulm mit einem Median von 74 Jahren (68-80,5 a; IQA: 12,5 a) (siehe Abbildung 5).

Abb. 5: Altersverteilung an den Bw(Z)Krhs. Box: 25 %-­Quartil und 75 %-Quartil, mittlere Linie: Median (integrativ), Whisker: Maximum/Minimum, Punkte: Datenpunkte.

Bundeswehrsoldaten (48 a; 41,5-44,5 a; IQA: 14 a) und internationale Patienten (62 a; 54,75-67,5 a; IQA:12,75 a) als Patienten waren signifikant jünger als zivile Patienten aus Deutschland (68 a; 56-79 a; IQA: 23 a) (Kruskal-Wallis-Test, p = 0.000). Männliche Patienten (62 a; 52,25-77 a; IQA 24,75 a) waren nicht signifikant jünger als weibliche Patienten (69 a; 55,25-78 a; IQA: 22,75 a) (Kruskal-Wallis-Test, p = 0.200).

Verweildauer

Die Verweildauer war nicht normalverteilt (Shapiro-Wilk-Test, p = 0.000) und betrug im Median 11 Tage (6-16 d; IQA: 10 d). Sie differierte zwischen den verschiedenen Bw(Z)Krhs signifikant (Kruskal-Wallis-Test, p = 0.022): Die kürzeste Verweildauer fand sich im BwKrhs Westerstede (7 d; 5 –12,5 d; IQA: 7,5 d), das BwKrhs Ulm hatte die längste Verweildauer (15 d; 9-29,5 d; IQA: 29,5 d). Internationale Patienten hatten eine signifikant längere Verweildauer (24 d; 11-33 d; IQA: 22 d) als Zivilpatienten aus Deutschland (11 d; 6-15 d; IQA: 9 d) und Bundeswehrangehörige (11 d; 7-14,5 d; IQA: 7,5 d) (Kruskal-­Wallis-Test, p = 0.006). Männer (12 d; 7-17,75 d; IQA 10,75 d) hatten eine etwas längere Verweildauer als Frauen (10 d; 6-14,75 d; IQA: 8,75 d) ohne signifikanten Unterschied (Kruskal-Wallis-Test, p = 0.328).

Abb. 6: Anzahl der Patienten mit gruppierter Verweildauer

Patienten auf Normalstationen (9 d; 6-13,75 d; IQA: 7,75 d) wurden kürzer therapiert als solche auf Intensivstationen (20 d; 12-29 d, IQA: 17 d) oder bei Behandlung mit ECMO (22 d; 10-23 d; IQA: 23 d) (Kruskal-Wallis-Test, p = 0.006). Zwischen Überlebenden (11 d; 6,75-16 d; IQA: 9,25 d) und verstorbenen Patienten (12 d; 5,75-19,75 d; IQA: 14 d) fand sich kein Unterschied in der Behandlungsdauer (Kruskal-Wallis-Test, p = 0.818).

Therapieintensität

Der überwiegende Teil der Patienten (68,2 %) wurde auf Normalstation behandelt. Ein weniger großer Teil (27,7 %) benötigte eine intensivstationäre Therapie. Ein Bruchteil der Patienten benötigte eine ECMO (4,1 %). Im Vergleich zwischen den Häusern schwankte der Anteil an normalstationären zu intensivstationären Patienten signifikant (Exakter Test, p = 0.001). Den größten Anteil an Intensivpatienten hatte das BwKrhs Ulm, in dem der Anteil den der normalstationären Patienten überstieg (36,8 % vs. 57,9 %); der kleinste Anteil fand sich im BwKrhs Berlin (95,5 % vs. 4,5 %); der hier registrierte Patient wurde nach Intubation passager an der Charité therapiert. Eine Therapie mittels ECMO erfolgte in Koblenz, Westerstede und Ulm in Einzelfällen, die geringe n-Zahl lässt keine aussagekräftigen Vergleiche zu.

Abb. 7: Therapieintensität in der Gesamtkohorte und an den einzelnen Bw(Z)Krhs. Gewertet wurde jeweils die höchste Therapieintensität (keine Doppelzählung bei Wechsel der Therapieform im Verlauf).

Patienten, welche aus dem Ausland übernommen wurden, waren überwiegend intensivstationäre Patienten (83,3 %) oder benötigten eine ECMO-Therapie (8,3 %), nur ein Patient dieser Gruppe konnte normalstationär geführt werden (8,3 %). Der Großteil der Bundeswehrangehörigen konnte auf Normalstationen behandelt werden (86,7 %), zwei Soldaten bedurften einer intensivstationären Therapie (13,3 %). Eine ECMO war bei keinem Soldaten notwendig. Im Geschlechtervergleich zeigte sich, dass Männer nicht signifikant häufiger auf einer Intensivstation (31,6 %) oder mittels ECMO (4,1 %) behandelt werden mussten als Frauen (ITS: 20,0 %, ECMO: 2,0 %) (Exakter Test, p = 0.202).

Patienten, die einer intensivstationären Therapie bedurften, waren älter (67 a; 56-79 a; IQA: 23 a) als solche auf Normalstation (63 a; 53-78 a; IQA: 25 a); eine ECMO erhielten noch jüngere Patienten (59 a, 49-61 a, IQA: 12 a). Der Altersunterschied zwischen normalstationären und intensivstationären Patienten war nicht signifikant (Kruskal-Wallis-Test, p=0.248).

Outcome

Die Gesamtpopulation wies eine Letalität von 16,2 % auf. Wie zuvor zeigten sich auch für die einzelnen Häuser Unterschiede in der Letalität, mit dem niedrigsten Wert in Berlin (0 %) über Koblenz (9,3 %) und Westerstede (9,4 %) bis hin zu Ulm (26,3 %) und Hamburg (37,5 %) (Abb. 8) (Exakter Test, p=0.001). Die Überlebenswahrscheinlichkeit wurde vom Alter beeinflusst (OR=0.26 [0.10;0.71]).

Abb. 8: Outcome der Patienten in der Gesamtkohorte und an den Bw(Z)Krhs

Männliche Patienten zeigten kein signifikant schlechteres Outcome gegenüber weiblichen Patienten (Letalität 18,4 % vs. 12,0 %, χ2-Test, p = 0.320). Es verstarben keine Soldaten. Die Letalität bei zivilen deutschen Patienten war niedriger (15,7 %) als die von internationalen Patienten (41,7 %) (Exakter Test, p = 0.012). Die Letalität von Patienten auf Normalstation lag bei etwa einem Zehntel (10,1 %), ein Drittel aller Patienten auf Intensivstation verstarb (35,0 %), bei Patienten mit ECMO waren es über die Hälfte (60,0 %) (exakter Test, p = 0.000).

Abb. 9: Outcome der Patienten nach Geschlecht, Zugehörigkeit und Therapieintensität

Erfahrungsberichte der Kliniken

Die Kohorte der Bundeswehrkrankenhäuser von fast 150 COVID-19-Patienten macht den Umfang der Versorgung im Rahmen des Pandemiegeschehens deutlich. Je nach regionaler Krankenhausstruktur waren die Häuser in verschiedenen Versorgungsebenen eingebunden, was die z.T. deutlichen Unterschiede in den Patientenkohorten erklärt. Ferner haben auch die individuellen infrastrukturellen Gegebenheiten, z. B. das Vorhandensein einer ECMO, sowie bundeslandspezifische Regelungen zu unterschiedlichen Möglichkeiten in der Patientenrekrutierung geführt. Diese Unterschiede und die damit einhergehenden Herausforderungen werden im Folgenden vorgestellt.

Bundeswehrkrankenhaus Berlin

Der Berliner Senat hat im Rahmen der COVID-19-Pandemie ein Stufenkonzept für die Berliner Krankenhäuser entworfen:

Die Intermediate-Care-Station am BwKrhs Berlin wurde mit Beatmungsgeräten für alle Betten ausgerüstet und stand somit als zweite Intensivstation zur Verfügung. Während der COVID-19-Erkrankungswelle im Frühling hätten beide Intensivstationen unter Leitung der Klinik X und mit personeller Unterstützung von Reservedienstleistenden und Soldatinnen/Soldaten aus den Regionalen Sanitätseinrichtungen bis zu 32 intensivpflichtige Patienten behandeln können. Da die Behandlungs­kapazitäten der Charité und der Level-2 Kliniken jedoch ausreichten, wurden im BwKrhs Berlin bislang keine beatmeten COVID-19-Patienten aufgenommen. Drei Patienten wurden aufgrund ihres schweren Krankheitsbildes in der Notaufnahme intensivmedizinisch versorgt und direkt von dort gemäß des Berliner Stufenkonzepts an die Charité verlegt. Im Gegenzug konnten wir ein benachbartes Berliner Krankenhaus durch die Übernahme von nicht-intensivpflichtigen COVID-19-Patienten entlasten. Ferner wurden mehrere internationale COVID-19-­Patienten aus Afghanistan und Serbien über die Organisation International SOS übernommen.

Die Klinik I besitzt eine Infektionsstation mit 6 Monitor-Betten. Während der Erkrankungswelle im Frühling wurde die Kapazität um eine benachbarte internistische Normalstation erweitert. Mittels einer temporär errichteten Schleuse wurde diese Station in zwei Bereiche für Verdachtsfälle und bestätigte COVID-Fälle getrennt, die jeweils von getrennten Ärzte-/Pflegeteams versorgt wurden. Insgesamt 31 Verdachtsfälle, von denen sich 22 bestätigten, wurden so stationär bis zum Stichtag 31.Mai 2020 behandelt. Anfangs wurden wegen begrenzter PCR-Kapazitäten zudem alle stationären Patienten mit epidemiologischem Risikoprofil (z. B. Patienten aus Pflegeheimen) bis zur Klärung ihres COVID-Status auf einer Clearing-Station untergebracht und interdisziplinär versorgt.

Aufgrund des IMC-Charakters der Infektionsstation wurden dort respiratorisch schwer beeinträchtigte und Risikopatienten mit COVID-19 (z. B. Tumorerkrankungen) versorgt. Wir setzten den Fokus auf physikalische und Atem-Therapie. Die Patienten wurden mittels eines Videos in Atemtrainingsmaßnahmen geschult und angehalten, diese selbständig stündlich durchzuführen. Einerseits konnte so eine Intubation sicherlich in vielen Fällen vermieden werden (nur eine auf die Infektiologie aufgenommene Patientin musste sekundär intubiert und anschließend in die Charité verlegt werden), andererseits machte dies eine Behandlung mit Remdesivir unmöglich, da Anträge für „compassionate use“ seitens der Firma Gilead zum damaligen Zeitpunkt nur für beatmete Patienten genehmigt wurden. Nach Beratungen mit der Charité entschieden wir uns wegen der unklaren Datenlage und eventueller kardialer Nebenwirkungen frühzeitig gegen eine Therapie mit (Hydroxy-)Chloroquin.

Als Bindeglied zu den einzelnen Fachabteilungen sowie zur Datensammlung, -auswertung und -meldung, dem Erarbeiten von Konzepten und Unterrichtung des Kommandeurs wurde ein Pandemiestab eingerichtet, dem die Pandemieambulanz untersteht, welche als virtuelle Ambulanz die Ergebnisse aller COVID-19-Abstriche von Mitarbeitern und Patienten sammelt und meldet (alle elektiven stationären Patienten sowie ambulante Patienten, bei denen Maßnahmen mit hohem Infektionsrisiko wie z. B. Endoskopien geplant sind, werden 24 Stunden vor ihrem Termin abgestrichen).

Durch das Wachbataillon in Berlin wurde eine Militärwache am BwKrhs eingerichtet. Daran angegliedert wurde eine Sichtungs- und Kontrollambulanz, die im 24/7-Betrieb durch Personal des BwKrhs und Reservedienstleistende betrieben wird. Jeder Mitarbeiter, Patient oder Besucher wurde bis Anfang Juli durch berührungslose Temperaturmessung gescreent. Patienten und Besucher werden zudem mittels Fragebogen auf ihr Risikoprofil für COVID-19 befragt. Verdachtsfälle wurden in einen abgetrennten Bereich der Zentralen Interdisziplinären Notfallaufnahme weitergeleitet und von einem eigenen Ärzte-/Pflegeteam behandelt.

Die Klinik I am Bundeswehrkrankenhaus Berlin hat im Rahmen eines wehrmedizinischen Sonderforschungs­projektes in Kooperation mit dem Robert Koch-Institut eine prospektive Beobachtungsstudie an hospitalisierten COVID-19-Patienten initiiert, die derzeit an den BwKrhs in Berlin, Hamburg, Koblenz und Westerstede durchgeführt wird (siehe Abbildung 10).

Abb. 10: Studienprotokoll des BwKrhs Berlin

Bundeswehrkrankenhaus Hamburg

Nachdem Ende Januar 2020 der erste Coronavirus-Fall in Deutschland aufgetreten war und im Februar die Fallzahl stetig zunahm, erfolgten im BwKrhs Hamburg (BwKrhs HH) erste Besprechungen zur Bestandsaufnahme der materiellen Ausstattung wie z. B. Medizintechnik, persönliche Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln. Mit dem gravierenden Fallzahlenanstieg in Norditalien intensivierte die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) den Austausch mit den italienischen Behörden und den Gesundheitseinrichtungen in Hamburg.

In der Zentralen Interdisziplinären Notfallaufnahme (ZINA) des BwKrhs HH wurden ab dem 28. Februar 2020 die Prozesswege in der Notaufnahme getrennt. Die Aufnahme, Entlassung und Versorgung der Patienten mit grippe- und COVID-19-ähnlichen Symptomen erfolgte über einen gesonderten Bypass. Neben der Bildung eines COVID-19 -Lagezentrums, welches als zentraler Kommunikationsknoten für die Pandemiefragen eingerichtet wurde, erfolgte die Etablierung zweier täglich ­konferierender Gremien. Unter der Leitung des Kommandeurs und Ärztlichen Direktors traf sich die Kran­ken­hausleitung in der „kleinen COVID-Lage“ zur Bewertung der Corona-Pandemie in der FHH und deren Umfeld. Dort beschlossene Maßnahmen wurden anschließend in der „großen COVID-Lage“ an die Führungsgrundgebiete, den klinischen Betrieb sowie ausgewählte Funktionsträger kommuniziert. Die interne Lageentwicklung wurde laufend reevaluiert. Zeitgleich fand ein regelmäßiger Austausch zwischen den Hamburger Behörden und Gesundheitsinstitutionen statt.

Mit einem Anstieg der COVID-19-Fallzahlen in Hamburg wurden Mitte März schließlich am BwKrhs HH die ersten Infektionsfälle stationär aufgenommen. Im Hinblick auf die gravierende Entwicklung der Corona-Pandemie in anderen europäischen Ländern erfolgte eine Reduktion elektiver Patientenaufnahmen auf die medizinisch notwendigen, nicht aufschiebbaren Fälle. Die stationären Patienten wurden abhängig vom Infektions- und Erkrankungsstatus auf 2 Isolierstationen mit insgesamt 60 ­COVID-Betten und weiteren Stationen mit 70 sog. Nicht-COVID-Betten verteilt. Zusätzlich steigerte man die intensivmedizinische Kapazität von anfangs 12 auf schließlich 36 Betten.

Mit dem Anstieg der COVID-19-Fälle blieb auch der eigene Personalkörper nicht verschont. Insgesamt 8 Mitar­beiter waren bislang von der Infektion betroffen. Die ­erforderliche Schutzisolation sowie die Quarantänemaß­nahmen der Kontaktpersonen führten zeitweilig zu einer erheblichen Anspannung der Betriebsbereitschaft von Funktionsbereichen. Zusätzlich wurde die Personalsituation durch eine erhebliche Anzahl an Risikopersonal“ gemäß RKI-Richtlinien (Robert Koch-Institut) von über 125 Personen verschärft. Diese standen aufgrund des vorbeugenden Gesundheitsschutzes für den täglichen Dienst vor Ort nicht zur Verfügung. Kompensatorisch konnte hier die S6-Abteilung die Anzahl der Telearbeitsplätze auf über 50 steigern und sicherte somit die Arbeitsfähigkeit für einen Teil der Mitarbeiter. Unter Inkaufnahme der Betriebsverlangsamung wurde in bestimmten Bereichen eine Separierung der Teams vorgenommen, um durch Ausdünnung des Vor-Ort-Personals Redundanz für die Betriebsstabilität im Falle einer auftretenden Infektion im Team zu gewinnen.

Abb. 11: Eigenherstellung von Desinfektionsmittel in der Apotheke des BwKrhs HH

Zur Kompensation der veränderten und erschwerten ­Betriebsabläufe wurde das Personal mit über 100 Unterstützern bestehend u. a. aus Soldaten der verschiedenen Regimenter, Reservisten und Sanitäts­offizier­anwär­tern aufgestockt. Zur Integration in die hauseigenen Prozesse und Adaptation an die Lage wurden diverse Schulungen durchgeführt. So bildete die Krankenhaushygiene beispielsweise insgesamt 703 Personen aus. 50 Ärzte und 70 Pflegefachkräfte wurden zusätzlich in intensivmedizinischen Fachkompetenzen größtenteils mehrtägig geschult.

Zur Unterstützung der ambulanten Versorgungsstrukturen und Corona-Testung des Hauspersonals wurde eine Fieberambulanz eingerichtet. Darüber hinaus erfolgten zahlreiche weitere Maßnahmen in den verschiedensten Bereichen wie z. B. die Gründung einer „Seelenrunde“ als Gremium zur Entwicklung unterstützender Maßnahmen für Personal und Patienten (Corona-Hotline, tägliche Sprechstunde etc.), die Eigenherstellung von Desinfektionsmittel, die Bereitstellung von diversem Material durch andere Dienststellen unter Beteiligung der hiesigen S4-Abteilung und Medizintechnik, wie die Betreuung des Bestands- und Fremdpersonals durch den militärischen Stab.

Es ist derzeit nicht sicher einzuschätzen, welchen weiteren Verlauf die Corona-Pandemie nehmen wird und ob eine weitere Erkrankungswelle größeren Umfangs unser Gesundheitssystem auf die Probe stellen wird. Das BwKrhs HH ist aufgrund der bereits getroffenen Maßnahmen und in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden sowie den anderen Akteuren auf dem Gesundheitsmarkt der FHH bestens gerüstet, um auch diese Herausforderungen zu bewältigen.

Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz

Als Resultat zahlreicher Besprechungen von Vertretern der Gesundheitsämter von Koblenz und Umkreis, der Kreisverwaltungen, der Berufsfeuerwehr, des Katastrophenschutzes, des Rettungsdienstes und den Geschäftsführern der Koblenzer Kliniken und vor allem der bereits seit Ende Februar regelmäßig durchgeführten CORONA-Lagebesprechungen im BwZKrhs Koblenz wurden umfangreiche Beschlüsse gefasst, die im Folgenden skizziert werden:

Zur Unterstützung der Krankenhausführung in allen organisatorischen und strukturellen Veränderungen wurde bereits Ende Februar 2020 ein Lagezentrum im BwZKrhs Koblenz etabliert.

Das BwZKrhs Koblenz initiierte eine der ersten Fieberambulanzen, die in Deutschland errichtet wurden und beteiligte sich intensiv an der Behandlung der 2 418 dort vorstelligen Patienten. Die hierbei stattfindende zivil-militärische Zusammenarbeit entfaltete eine erhebliche positive Außenwirkung und gestaltete sich durchweg konstruktiv sowie effizient.

Im Auftrag des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demographie des Landes Rheinland-Pfalz (MSAGD) wurde in Koblenz für das Versorgungsgebiet Mittelrhein-Westerwald eines der fünf Koordinierenden Lagezentren des Landes aufgestellt (KLZ MR-WW). Dieses wurde durch das BwZKrhs Koblenz sowie den 2 weiteren Großkrankenhäusern des Stadtgebiets Koblenz zur Koordination von insgesamt 44 medizinischen Einrichtungen u. a. mit dem Ziel der Erfassung der Low- und HighCare-Behandlungs- und Beatmungskapazitäten, der Sicherstellung der Informationsweitergabe zur transparenten Abstimmung der Patientenversorgung und Materialverteilung betrieben.

Abb. 12: Handlungsfelder und Einflüsse auf das BwZKrhs Koblenz während der Pandemie

Im BwZKrhs Koblenz erfolgte sehr frühzeitig eine Trennung der COVID-19-Patienten als Maßgabe der organisatorischen und räumlichen Veränderungen mit dem Ziel, Kontaktmöglichkeiten zu minimieren und Personal und Patienten bestmöglich zu schützen. Im Ambulanz- bzw. Notfallsektor wurde hierzu eine zusätzliche COVID-19-Notaufnahme mit eigenen Behandlungsräumen und einem eigenen Schockraum, getrennt von den übrigen Räumlichkeiten der Zentralen Interdisziplinären Notaufnahme (ZINA), geschaffen.

Zur Anpassung des stationären Sektors wurde ein gesamter Gebäudeteil durch Zusammenlegen von Stationen freigezogen und drei COVID-19-Stationen mit 59 Betten zur Einzel- und Kohorten-Isolation errichtet. Darüber hinaus wurde ein Eskalationsstufenplan zur ­lageabhängigen Erweiterung der COVID-19-Patientenversorgung entwickelt. Dieser umfasste zunächst zu­sätzliche Intensivkapazitäten und im Weiteren die ­Umfunktionierung von OP-Sälen und der Aula mit Reservebeatmungskapazitäten. Das gesamte BwZKrhs Koblenz wurde in kürzester Zeit grundlegend umstrukturiert und so ein Höchstmaß an Patienten- und Mitarbeiterschutz erreicht.

Die Verstärkung des Personals aus anderen Bereichen des Zentralen Sanitätsdienstes, insbesondere aus dem Kommando Regionale Sanitätsdienstliche Unterstützung und dem Sanitätsregiment 2 sowie durch Reservedienstleistende war ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Zur Bewältigung dieser personellen Koordination war die Gründung der Zelle für Personal- und Ausbildungssteuerung notwendig, die alle 191 unterstützenden Kameradinnen und Kameraden begleitete, inklusive der Einsteuerung in die entsprechende Ausbildung mit eigens hierfür erstellten Einarbeitungsprogrammen, der Kommunikation mit den Stammeinheiten und den übergeordneten Dienststellen.

Auch die materielle Versorgung des BwZKrhs Koblenz mit Arzneimitteln und Medizinprodukten konnte jederzeit durch die eigene Krankenhausapotheke (Abteilung XXIV) gesichert werden. Sehr frühzeitig wurden insbesondere Artikel der Persönlichen Schutzausstattung (PSA) in hoher Stückzahl beschafft. Die Eigenherstellung durch die Apotheke und eine enge Abstimmung mit dem Bundeswehrdienstleitungszentrum Koblenz haben maßgeblich zu einer unterbrechungsfreien Versorgung mit Desinfektionsmitteln beigetragen. Die Fähigkeiten der Apotheke wurden durch die Übernahme einer mobilen Sauerstofferzeugungs - und Abfüllanlage zusätzlich verstärkt. Darüber hinaus wurde die Abteilung XXIV mit der Distribution von Arzneimitteln für das Land Rheinland-Pfalz betraut, die im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit beschafft worden waren.

Bundeswehrkrankenhaus Ulm

Mit Auftreten der ersten COVID19-Erkrankungen in Deutschland Mitte Februar 2020 und der damaligen Annahme, dass es sich hierbei um Einzelfälle handeln würde, wurde über diese Thematik erstmalig in der Abteilungsleiterbesprechung diskutiert. Durch die rasante Ausbreitung, insbesondere mitverursacht durch die Rückkehr der Skitouristen nach den Faschingsferien in Bayern und Baden-Württemberg, wurde im BwKrhs Ulm in Kooperation mit den umliegenden Kliniken und Behörden rasch die Notwendigkeit erkannt, Konzepte und Handlungsstrategien für die bevorstehende Pandemie zu erarbeiten und zu etablieren.

Zunächst wurden ambulante Termine bei Patienten mit Erkältungssymptomatik abgesagt sowie in Absprache mit der benachbarten Universitätsklink Ulm ein Besuchsverbot erlassen. Angesichts der alarmierenden Berichte aus den Risikogebieten Italiens oder Frankreichs und der Angst einer unbeherrschbaren ersten Welle erfolgte die Gründung einer hausinternen „Corona-Task-Force“, die die Kernkompetenzen des BwKrhs Ulms mit Entscheidungsbefugnis vereint. Hier wurde zur Hochphase täglich das aktuelle Geschehen analysiert sowie das weitere Vorgehen diskutiert und festlegt. Das Hauptaugenmerk lag vor allem darauf, geplante Maßnahmen kritisch zu prüfen und Konzepte zu erstellen, um auf Lageänderungen flexibel reagieren zu können. Sämtliche Maßnahmen wurden ausschließlich in diesem Forum entschieden.

Um den Patienten- und Besucherstrom zu lenken, Patienten zu screenen, Verdachtsfälle zu sichten und die Zutrittsberechtigung zum Hauptgebäude zu prüfen, wurde eine Corona-Ambulanz im Nebengebäude nahe dem Haupteingang eingerichtet. Die stationäre Aufnahme von Verdachtsfällen oder positiv getesteten Patienten erfolgte auf einer dafür eingerichteten COVID-19- Station mit Option auf Erweiterung um zwei weitere Stationen bei steigender Fallzahl. Hierfür wurde ein eigenes Schichtsystem mit festem Personal eingesetzt, um die Anzahl des exponierten Personals so gering wie möglich zu halten. Die Intensivkapazität wurde auf 36 Betten inklusive Beatmungsmöglichkeit erweitert, sowie für den MANV-Fall der Aufwachraum und die interdisziplinäre Aufnahmestation hinsichtlich einer Ausweitung auf 20 weitere Beatmungsplätze vorbereitet.

Logistisch und personell konnte eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Sanitätsregiment Dornstadt aufgebaut werden, ebenso brachte der Einsatz von Reservedienstleistenden eine große Unterstützung. Die geschaffenen Behandlungskapazitäten machten es zudem möglich, vier COVID19-Patienten aus Krisen­regionen in Frankreich zur weiteren Behandlung zu übernehmen, um das dortige Gesundheitssystem zu ent­lasten.

Zu Beginn der Pandemie erfolgte eine Reduktion des Elektivprogramms (Talsohle 25 % Belegung mit non-COVID Patienten) einhergehend mit der Absenkung operativer Eingriffe auf etwa 50 % der Regelkapazität. Notfallchirurgische sowie tumorchirurgische Eingriffe wurden weiterhin durchgeführt.

Hinsichtlich der Hygienemaßnahmen waren Flexibilität und innovative Lösungsansätze nötig, da die Versorgung aufgrund passagerer bzw. befürchteter längerfristiger Lieferengpässe nur begrenzt möglich war. So konnte beispielweise Desinfektionsmittel durch die krankenhauseigene Apotheke hergestellt werden, FFP-Masken im Gassterilisator sicher und effektiv aufbereitet werden oder die Produktion von Alltagsmasken für Patienten/Besucher sowie Personal durch eine lokale Textilfirma in Auftrag gegeben werden.

Bis 30. Mai 2020 wurden im BwKrhs Ulm 19 Patienten mit positivem Erregernachweis stationär behandelt, wovon fünf verstorben sind. Nach Ostern zeigte sich – mutmaßlich durch intensivierte Testung – ein Rückgang des Anteils der schweren Krankheitsverläufe, so dass nun eine Aufnahme des Elektivprogramms, vorerst mit aufgeschobenen, dringlichen Operationen, erfolgen konnte. Jedoch stellte sich das kontrollierte Hochfahren als Herausforderung dar, da ein erneuter Anstieg der Fallzahlen befürchtet wurde.

Auch wenn die erwarteten Fallzahlen bisher im Raum Ulm glücklicherweise nicht aufgetreten sind und es zu keiner Überlastung des medizinischen Sektors gekommen ist, zeigen die Krankheitsverläufe einzelner Fälle die Ernsthaftigkeit der Lage und die Bedeutsamkeit eines strukturierten Krisenmanagements. Trotz Ausrichtung unserer Klinik als überregionales Traumazentrum ist es bisher gelungen, das aktuelle Infektionsgeschehen in den Fokus zu stellen und wichtige Erfahrungen im ­Umgang mit der Pandemie und eines entsprechenden Krisenmanagements im Allgemeinen zu sammeln. Inzwischen wurde zwar der Routinebetrieb wiederaufgenommen, die Entwicklung der Pandemie und der Umgang damit bleiben aktuell jedoch ein zentrales Thema. Eine sehr schnelle Reaktion auf eine erneute Zunahme von COVID19-Fällen ist bis auf Weiteres möglich und sorgfältig vorbereitet.

Bundeswehrkrankenhaus Westerstede

Das BwKrhs Westerstede ist Teil einer zivil-militärischen Kooperation mit der Ammerland-Klinik, diese bilden zusammen das Klinikzentrum Westerstede mit insgesamt 575 Betten in 15 Fachabteilungen mit insgesamt über 40 Teil- und Spezialdisziplinen. Das Bundeswehrkrankenhaus mit seinen etwa 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betreut dabei 135 Betten in den Abteilungen Innere Medizin (Schwerpunkte Pneumologie, Diabetologie, Infektionskrankheiten), Orthopädie/Unfallchirurgie sowie Neurochirurgie.

Zu Beginn der Pandemie Mitte März wurde das BwKrhs durch verschiedene Truppenteile und insbesondere durch das Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst in Leer und das Sanitätslehrregiment in Feldkirchen mit Personal und Material unterstützt. Die Hilfe wurde für den Aufbau von Zelten zum Betrieb einer ­Patienten- und Besucherschleuse genutzt. Das Gebäude durfte danach nur noch über diese Schleuse betreten werden. Somit fand bereits vor Betreten des Krankenhauses eine Triagierung statt, welche es uns ermöglichte, die COVID-verdächtigen Patienten zu selektieren.

Mit dem Ausbruch der SARS-CoV-2-Pandemie erfolgte die Übernahme der Fachkompetenz zur Patientensteuerung, Diagnostik und Behandlung durch die Innere Klinik mit dem Schwerpunkt Pneumologie/Infektiologie. Durch kurzfristige bauliche Maßnahmen konnte für COVID-19-Verdachtsfälle ein eigener Warte- sowie Behandlungsbereich in unserer Notaufnahme eingerichtet werden, der auch über die Liegendaufnahme für den Rettungsdienst erreichbar war.

Bei Patienten mit primär internistischen Krankheitsbildern und bestehendem COVID-Verdacht erfolgte die Aufnahme auf die COVID-19-Verdachtsstation, dem umfunktionierten bisherigen ambulanten OP-Zentrum. Für Patienten mit nicht-internistischen Krankheitsbildern unter dem Verdacht einer COVID-19-Erkrankung wurde eine eigene Station eingerichtet, die von der Ammerland-Klinik betrieben wurde. Diese Patienten wurden weiterhin primär von ihren jeweiligen Fachabteilungen betreut, jedoch bei Bedarf von der Inneren Klinik mitbehandelt. Bei nachgewiesener SARS-CoV-2-Infektion wurden die Patienten auf der bisherigen internistischen Schwerpunktstation isoliert.

Aufgrund des großen Einzugsbereiches und breiten Patientenspektrums in der Notaufnahme wurden insgesamt ca. 140 Verdachtsfälle zur Behandlung allein auf die internistische Station aufgenommen. Es ergaben sich bei den Verdachtsfällen Behandlungszeiten von mehreren Tagen schon bis zum Eingang der SARS-CoV-2-PCR aus dem Rachenabstrich. Weitere Aufenthaltszeit ergab sich eventuell bis zum Eingang einer ergänzenden Bronchiallavage. Dabei zeigte sich ein breites Spektrum an schweren Erkrankungen. Neben den erwarteten zahlreichen Pneumonien, strukturellen Lungenerkrankungen und kardialen Dekompensationen wurden auch andere Entitäten wie bakterielle Endokarditis, Wegener-Granulomatose, Cholangiosepsis und Magenperforation diagnostiziert. Auffällig waren mehrere COVID-19-Patienten mit neurologischem Aufnahmebefund. Die Identifizierung und Steuerung dieser Patienten stellen eine interdisziplinäre Herausforderung dar.

Tägliche gemeinsame COVID-19 -Teambesprechungen für die COVID-19-Normal- und Intensivstation sorgten für strukturierte Diagnostik- und Behandlungsabläufe. Insgesamt behandelte das BwKrhs Westerstede 32 vollstationäre Patienten mit COVID-19. Etwa 20 weitere Patienten konnten nach Vorstellung und Behandlung in der Notaufnahme in die häusliche Quarantäne entlassen werden.

Diskussion

Ausgangsvoraussetzungen

Wie dargestellt, fand die Bewältigung der COVID-19-Pandemie an den Bw(Z)Krhs unter teils sehr unterschiedlichen Voraussetzungen statt. So wurden beispielsweise im BwKrhs Berlin intensivpflichtige Patienten konsequent an die Charité verlegt. Das BwZKrhs Koblenz verlegte beatmungspflichtige Patienten nach negativem Virusnachweis in eine kooperierende Weaning-Klinik, während in den BwKrhs Westerstede und Ulm das bei COVID-19 komplizierte Weaning auf den Intensivstationen erfolgte. Im BwKrhs Hamburg wurden mehrere ältere Patienten mit vorliegender Patientenverfügung palliativ behandelt. Daneben zeigten sich verschiedene, teils hochsignifikante Unterschiede der Teilkohorten bezüglich Alter, Herkunft und Geschlecht, die wichtige Risikofaktoren für Verlauf und Outcome sind. Das BwKrhs Ulm übernahm neben den internationalen Patienten aus Bergamo auch Patienten aus Frankreich. Das BwZKrhs Koblenz wiederum behandelte einen relevanten Teil relativ junger, wenig vorerkrankter Soldaten.

Die vergleichende Darstellung zwischen den Bw(Z)Krhs kann somit nur Ausdruck dieser Inhomogenität sein; eine Beurteilung der Versorgungsqualität ist aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen und kleinen Kohorten weder intendiert noch zulässig. Im Folgenden ist die Analyse daher auf einen nationalen und internationalen Vergleich fokussiert. Eine Übersicht findet sich in Tabelle 2.

Tab. 2: Parameter für die Bw(Z)Krhs im nationalen [4][13][24] und internationalen Vergleich [1][7][14][18]

IQA: Interquartilsabstand.
*Das Public-Date-Sheet des LEOSS enthält auch Daten von Patienten in der Recovery-Phase, für die nicht ersichtlich ist, ob sie intensivstationär versorgt wurden.
**Die Studie macht keine Angabe zur Anzahl der Patienten auf Intensivstation, ersatzweise sind hier die beatmeten Patienten genannt. 4,8 % der Patienten wurde bis zum Abschluss noch stationär behandelt oder es lagen keine abschließenden Daten vor
***Die Studie enthält Daten von 3066 Patienten, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch stationär behandelt wurden. Die Letalität ist daher nur auf Fälle mit bekanntem Ausgang berechnet. Zudem wurden 2,2 % der Patienten erneut aufgenommen.
****Die Metaanalyse enthält stationäre sowie ambulante Patienten und bildet mehrere Subgruppen, je nach berichteten Daten, aus 148 Studien

Risikofaktoren

Metaanalysen mit über 26 000 Patienten bestätigen bekannte Risikofaktoren für einen schweren Verlauf und eine erhöhte Mortalität wie höheres Alter (≤ 65 a vs. > 65 a) und männliches Geschlecht; es zeigt sich hierfür eine 4,5-fach bzw. 1,5-fach erhöhte Mortalität [17].

Dies lässt sich anhand unserer Kohorte nur teilweise bestätigen. Der Anteil männlicher Patienten war zwar höher und das mediane Alter vergleichbar mit nationalen und internationalen Kohorten, die erhöhte Mortalität gegenüber weiblichen Patienten jedoch nicht signifikant. Verstorbene Patienten waren im Median 15 Jahre älter; berechnet man die Mortalität analog zur Metaanalyse, zeigt sich diese in der älteren Gruppe 2,8-fach erhöht.

Weitere Risikofaktoren sind vor allem Adipositas [20], körperliche Inaktivität und Rauchen [8], sowie Vorerkrankungen wie Hypertonus, kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus, COPD und Malignome [2][17]. Die zunehmende Inzidenz solcher Vorerkrankungen im Alter ist ein möglicher Erklärungsansatz für die Korrelation von Alter und Mortalität. Da in dieser Studie keine Vorerkrankungen erfasst wurden, kann hierzu keine Aussage getroffen werden. Auch experimentelle Therapien im Sinne individueller Heilversuche wurden nicht erfasst, ihr Einfluss auf das Outcome kann somit ebenfalls nicht beurteilt werden.

Therapieintensität und Letalität

An den Bw(Z)Krhs zeigte sich eine im deutschen Vergleich niedrigere Rate an intensivstationären Patienten oder Patienten mit ECMO. In der einzig bisher publizierten Kohorte aus Aachen wurden allerdings gezielt beatmungspflichtige Patienten aus den umliegenden Häusern aufgenommen [4]. International ist die Rate an intensivstationären Patienten insgesamt niedriger. Die Daten schwanken allerdings regional, laut RKI finden sich Zahlen zwischen 2-26 % [19]. Ursächlich ist möglicherweise die hohe Anzahl von Intensivbetten in Deutschland; denkbar als Erklärung ist auch eine Überlastung der Intensivkapazitäten in Hot Spots wie Bergamo, Madrid oder New York. Die Therapie mittels ECMO ist nur eingeschränkt vergleichbar, da die beschriebenen Kohorten entweder sehr klein sind oder die Bezugsgruppe zu sehr differiert. In der Literatur finden sich zum Einsatz von ECMO im Krankenhaus Zahlen von 2-16 % [4][7][19].

Die Letalität von COVID-19 ist wesentlicher Bestandteil der aktuellen wissenschaftlichen Forschung und des gesellschaftspolitischen Diskurses. Zur Schätzung wird die Rate an Todesfällen pro Fall (Case-Fatality-Rate, CFR) herangezogen. Nach der ersten Phase mit steigenden Infektionszahlen kommt es jedoch erst im Verlauf zu Todesfällen, es entsteht eine Unterbewertung der Letalität. Alternativ kann daher die Rate an Todesfällen pro Fall mit bekanntem Ausgang (Ausheilung und Tod) berechnet werden, die zu einer Überbewertung führt. Beide Zahlen nähern sich im Verlauf an [19]. Die Zahlen für die CFR schwanken nach unterschiedlichen Studien zwischen 0,3 % und 5,8 % weltweit und zwischen 4,5 % und 10,5 % in Europa [6][12][16][19]. Mit Zahlen nach [3] ergibt sich

Ende Juli 2020 eine CFR von 3,96% weltweit (6,37% für Fälle mit bekanntem Ausgang) und 4,40 % (4,57 %) für Deutschland.

Die CFR berücksichtigt nicht die hohe Dunkelziffer an a- und oligosymptomatischen Fällen und führt somit auch im Verlauf zur Überschätzung der Letalität. Aktuelle Studien versuchen daher, auch Todesfälle pro Infektion und unter Einbezug der oligo- und asymptomatischen Verläufe die tatsächliche Letalität zu bestimmen. Diese liegt wahrscheinlich unterhalb der CFR (Daten teils nur vorveröffentlicht) [21][22].

Die Letalität von Patienten in Krankenhäusern ist verständlicherweise höher, da hier Fälle selektioniert werden, welche einer stationären oder intensivstationären Therapie bedürfen. Die Rate an hospitalisierten Patienten aus einer Gesamtpopulation von COVID-19-Fällen liegt je nach Quelle international zwischen 4-7 % [21] bzw. 17 %-22 % in Deutschland [19]. Die Letalität der Patienten mit COVID-19 ist dabei vergleichbar mit der anderer ausgewählter nationaler Studien. International sowie in der ersten deutschlandweiten Analyse von Krankenkassendaten zeigt sich zumindest bei Populationen innerhalb der westlich geprägten Staaten eine noch deutlich höhere Letalität [13].

Innerhalb der weiter selektionierten Gruppe auf Intensivstationen oder mit ECMO verstarben ein Drittel bzw. über die Hälfte der Patienten. Auch dies deckt sich in etwa mit der Auswertung größerer Kohorten [8]. Das schlechtere Outcome von nach Deutschland übernommenen Patienten aus dem Ausland ist ebenfalls hierin begründet. Es handelte sich durchweg um kritisch Erkrankte mit protrahiertem und kompliziertem Verlauf.

Fazit

Die Abbildung 1 zeigt die COVID-19-Welle, die im Frühjahr 2020 Deutschland erreichte. Die Bw(Z)Krhs haben individuell die Herausforderung dieser ersten Infektionswelle gemeistert und eine Überlebensrate erzielt, welche sich durchaus mit denen nationaler universitärer Zentren messen kann. Durch zentral koordinierte Maßnahmen des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr, aber auch durch großes Engagement der Einheiten, konnten die medizinische Versorgung dieser Patienten mit zum Teil komplexen Krankheitsbildern und gleichzeitig auch der reguläre Krankenhausbetrieb zu jeder Zeit sichergestellt werden. Insbesondere die Unterstützung durch die Einheiten der Regionalen Sanitätseinrichtungen und der Reservedienstleistenden hat das Reaktionspotenzial des Zentralen Sanitätsdienst in Krisensituationen deutlich gemacht. Gleichzeitig konnten diese Fähigkeiten in eine fruchtbare zivil-militärische Zusammenarbeit national und international eingebracht werden. Nicht zuletzt haben sich die Bw(Z)Krhs als zuverlässige Partner innerhalb der regionalen Gesundheitssystemstrukturen bewiesen.

Weitere Forschung ist nötig, um die Gefährlichkeit von SARS-CoV-2 exakter einzuordnen, die diagnostischen und therapeutischen Optionen zu optimieren und allgemein verfügbar zu machen. Auch hier haben die Krankenhäuser und forschenden Institute der Bundeswehr die Herausforderung angenommen, wie bereits mehrere international publizierte Arbeiten zeigen [15][22][25]. Die hier beschriebene Kohorte sollte deshalb unbedingt klinisch fokussiert und detailliert ausgewertet werden, wie dies für die Subgruppe im BwKrhs Ulm bereits geschieht 1 ; dies wäre eine in Deutschland aktuell einmalig große Kohorte.

Dennoch zeigt diese Pandemie auch die Notwendigkeit, infektiöse Erkrankungen als eine der größten Gefahren für die Weltgesundheit ernst zu nehmen. 2019 hat die WHO ihre zehn größten Bedrohungen für die globale Gesundheit benannt. Mehr als die Hälfte davon bezieht sich auf Infektionskrankheiten oder deren Vermeidung – eine globale (Influenza-)Pandemie wird explizit genannt [27].

Die Soldaten der Bundeswehr haben im Rahmen ihrer globalen Auftragserfüllung das Risiko eines Kontaktes zu pathogenen Erregern – verbunden mit der Gefahr, diese nach Deutschland einzuschleppen. Es wird notwendig sein, sich fachlich und strukturell darauf noch stärker einzustellen. Hierzu erscheint eine breite infektiologische, seuchenhygienische und mikrobiologische Grundausbildung aller kurativ tätigen Ärzte des Sanitätsdienstes, aber auch die Entwicklung von Spezialisten sinnvoll. Auch gesundheitspolitisch wird diesem Umstand durch die Forderung der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) nach der Etablierung eines Facharztes für Infektiologie Rechnung getragen [5]. Einhergehend muss eine entsprechende Infrastruktur für die regelhafte Versorgung kontagiöser Patienten geschaffen werden.

Literatur

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Manuskriptaten

Eingereicht: 7. Juli 2020

Nach Überarbeitung angenommen: 1. August 2020

Zitierweise

Mathies D, Döhla M, Vonderhecken J, Schreiner M, Hartmann K, Kleine B, Runge U, Mayer C, Schmidt-Franke N, Oltmanns K, Keidel F, Rauschning D: Im Schulterschluss – die Bundeswehrkrankenhäuser in der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie. WMM 2020; 64(9):
307-320.

Für die Verfasser

Oberfeldarzt Daniel Mathies

Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz

Klinik I – Innere Medizin

Rübenacher Str. 170, 56072 Koblenz

E-Mail: danielmathies@bundeswehr.org

Manuscript data

Submitted: 7 July 2020

Accepted after minor revison: 1 August 2020

Citation

Mathies D, Döhla M, Vonderhecken J, Schreiner M, Hartmann K, Kleine B, Runge U, Mayer C, Schmidt-Franke N, Oltmanns K, Keidel F, Rauschning D: The Bundeswehr hospitals fighting the COVID-19 pandemic. WMM 2020; 64(9): 307-320.

For the authors

Lieutenant Colonel (MC) Daniel Mathies

Bundeswehr Central Hospital Koblenz

Clinic Internal Medicine

Rübenacher Str. 170, D-56072 Koblenz

E-Mail: danielmathies@bundeswehr.org


1 Die Originalarbeit von Rother, Richter, Keilholz et al. (korrespondierender Autor Witte) wird im E-Paper dieser Ausgabe der Wehrmedizinischen Monatsschrift veröffentlicht)