Wehrmedizinische Monatsschrift

ORIGINALARBEIT

Die Rettungs-BOA als Hilfsmittel zur schnellen
Rettung von Piloten aus Luftfahrzeugen der Bundeswehr

The rescue BOA as an aid for rapid evacuation of pilots from aircraft of the Bundeswehr

Anna-Maria Falkera, Oliver Dauma, Anne-Christine Schenka

a Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin, Fachgruppe I 3 – Forschung und Erprobung, Manching

 

Zusammenfassung

Hintergrund: Die Rettungs-BOA ist ein Hilfsmittel zur schnellen Rettung von kritisch Verletzten aus Fahrzeugen unter Gewährleistung einer Teilimmobilisation der oberen Brustwirbelsäule und wird im Rahmen der PHTLS-Ausbildung der Bundeswehr gelehrt. Auf den Flugplätzen der Bundeswehr findet dieses Rettungshilfsmittel bisher keine flächendeckende Anwendung. Bei Flugunfällen kann es zu schweren Verletzungen der Luftfahrzeuginsassen kommen, wo genau diese Anforderungen an ein Hilfsmittel gestellt werden.

Methoden: In einer Studie mit der Feuerwehr am Flugplatz Manching im August 2020 wurde die Anwendung der Rettungs-BOA an sieben verschiedenen Luftfahrzeugen getestet und mit anderen Rettungsmethoden (Rautek-Griff und KED-System) im Hinblick auf Rettungszeiten und mit Fragebögen zu Bedienerfreundlichkeit, Rückenschmerzen der Bediener sowie Vor- und Nachteilen bewertet. Die statistische Auswertung erfolgte mit IBM SPSS Statistik 17.0. Die Teilnahme erfolgte freiwillig. Die Daten wurden anonymisiert gespeichert.

Ergebnisse: Die Rettung mittels Rautek-Griff geht erwartungsgemäß am schnellsten. Unwesentlich länger dauert die Rettung mittels BOA, gefolgt von der zeitaufwendigen Rettung mittels KED-System. In den Luftfahrzeugen Tornado, Eurofighter und A-400M erwies sich die BOA zeitlich nicht unterlegen. Insgesamt zeigte sich die Rettungs-BOA als einfaches, unkompliziertes und schnelles Rettungshilfsmittel, das sich auch bei Unerfahrenheit in der Anwendung universell in allen getesteten Luftfahrzeugen anwenden ließ.

Schlüsselwörter: Crash-Rettung, schnelle Rettung, schonende Rettung, BOA, KED-System.

Summary

Background: The rescue BOA is an aid for quick rescue of critically injured persons from vehicles while ensuring partial immobilization of the upper thoracic spine. The use of the BOA is part of the PHTLS training in the Bundeswehr. To date, this rescue aid has not been used on a widespread basis at Bundeswehr airfields. Aircraft accidents can result in severe injuries to aircrew, where exactly these requirements are necessary.

Methods: In a study conducted with the fire department at Manching airfield in August 2020, the use of the rescue BOA was tested on seven different aircraft and compared to other rescue methods (Rautek handle and KED system) with regard to rescue times as well as user friendliness, operator back pain, advantages and disadvantages. Statistical analysis was performed using IBM SPSS Statistics 17.0. Participation was voluntary. The data were stored anonymously.

Results: As expected, the median time for crash rescue using the Rautek handle is the shortest. The BOA rescue takes slightly longer, followed by the time-consuming KED rescue. In the aircrafts Tornado, Eurofighter and A-400M, BOA did not prove to be inferior in terms of time. Overall, the BOA proved to be a simple, uncomplicated, and fast rescue aid to be used universally in all tested aircraft, even by an unexperienced user.

Keywords: crash rescue, quick rescue, gentle rescue, rescue-BOA, KED system.

Hintergrund

In Deutschland ereignen sich jährlich etwa 200–300 Flugunfälle in der allgemeinen Luftfahrt („General Aviation“ (GA)), überwiegend im privaten bzw. Flugsportbetrieb [4][8]. In der aktuellen Statistik der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) wurden im Jahr 2018 insgesamt 218 Unfälle in Deutschland registriert [1]. Die Anzahl der Flugunfälle bei der Bundeswehr ist deutlich geringer. In der Gesamtübersicht von General Flugsicherheit wurden laut Jahresbericht 2019 im Zeitraum von 2010 bis 2019 insgesamt 15 Flugunfälle verzeichnet [3].

In der Literatur fanden sich bei etwa einem Drittel (25–28 %) der Flugunfälle in der allgemeinen Luftfahrt ­schwere Verletzungen. Hierbei handelt es sich überwiegend um Polytraumata. Neben Verletzungen von Thorax, Becken oder Extremitäten [6] kommt es bei 10–20 % der polytraumatisierten Patienten zu spinalen Verletzungen. Die Flugunfälle ereignen sich vorwiegend während des Startes oder der Landung (62 %) [4]. Aufgrund der einwirkenden Kräfte, Beschleunigung und Geschwin­digkeit kann es wie beim Verkehrsunfall zu lebensbedrohlichen Verletzungen kommen. In Deutschland werden zwar die Flugunfalldaten bei der BFU gesammelt, jedoch werden keine Angaben zu Verletzungen gemacht oder gar zentral registriert. Auch bei der Bundeswehr gibt es keine Erhebung der Verletzungsmuster. PIPPIG (Leiter der Fachgruppe Orthopädie am Zentrum für ­Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe (ZentrLuRMedLw)) fand 2014 heraus, dass Piloten und Waffensystemoffiziere beim überlebten Schleudersitzausstieg in ca. 52 % der Fälle Verletzungen der Wirbelsäule erleiden [10].

Bei der technisch-medizinischen Rettung wird der Verunglückte in Zusammenarbeit von Feuerwehr und Rettungskräften je nach Gefahrenlage und Zustand des Patienten aus dem Luftfahrzeug (Lfz) gerettet. Hierbei unterscheidet man sofortige (Crash-)Rettung, schnelle Rettung und schonende Rettung [4][12]. Die sofortige Rettung erfolgt bei akuter Lebensgefahr für Patient und/oder Retter so schnell wie möglich, ohne Beachtung der Wirbelsäulenimmobilisation [7]. Die schnelle Rettung erfolgt bei kritisch verletzten Patienten, bei denen eine minimale Zeitverzögerung zugunsten einer Teilimmobilisation (Halswirbelsäule, obere Brustwirbelsäule) in Kauf genommen werden kann [11]. Die schonende Rettung kommt bei allen stabilen Patienten mit Verdacht auf eine Wirbelsäulenverletzung in sicherer Umgebung, wo eine zeitliche Verzögerung für die bestmögliche Immobilisation der gesamten Wirbelsäule in Kauf genommen wird, zur Anwendung.

Gemäß S-3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) soll bei der schnellen und schonenden Rettung die Halswirbelsäule grundsätzlich vor der technischen Rettung immobilisiert werden. Die Sofort­rettung ist auf absolute Ausnahmen (Reanimation, Explosionsgefahr) beschränkt [2]. Die vollständige Immobilisation der Halswirbelsäule ist nur durch eine Ganzkörperimmobilisation gewährleistet [2][7]. Hierfür stehen die Vakuummatratze und das Spineboard mit Gurtspann und Headblocks zur Verfügung [5]. Die Entscheidung, ob die Immobilisation der Halswirbelsäule auch nach der Rettung aufrechterhalten bleiben soll, hängt von weiteren Kriterien (NEXUS-Kriterien, Canadian C-Spine Rule, Schädel-Hirn-Trauma, etc.) ab und obliegt dem Notarzt vor Ort.

Bei einem Flugunfall am Boden, bei dem der Pilot eingeklemmt ist oder nicht selbständig das Lfz verlassen kann, muss dieser mithilfe von Rettungshilfsmitteln seitlich (z. B. Hubschrauber) oder vertikal (z. B. Jet) aus dem Lfz gerettet werden. Hierfür gibt es je nach Situation und Zeitdruck verschiedene Hilfsmittel:

Beim Rautek-Griff wird von hinten unter die Arme des Verletzten gegriffen. Er dient zur sofortigen Rettung aus einem Gefahrenbereich und setzt ein gutes körperliches Training des Rettenden und eine normale Körperkonstitution des Verletzten voraus (Abbildung 4) .

Das KED-System stabilisiert die gesamte Wirbelsäule und ermöglicht die schonende Rettung auch aus schwer zugänglichen Situationen. Hierfür wird ein Rettungskorsett zwischen Sitz und Patient eingeschoben und mit mehreren Gurten fixiert (Abbildungen 1 und 3).

Abb. 1: KED-System der Firma Ferno GmbH, Troisdorf: ausgepackte Rettungsweste, nach dem Anlegen und in der Bergungssituation (von links)

Die „PAX“-Rettungs-BOA der Firma X-CEN-TEK GmbH & Co. KG ist ein 3,4 m langes gepolstertes Band, das in der frühen Phase der Rettung als Alternative zu Rautek-Griff bzw. KED-System Anwendung findet [5]. Die BOA wird von vorne um den Hals des Verletzten gelegt, am Hinterkopf gekreuzt und von vorne nach hinten unter den Armen durchgeführt (Abbildung 2).

Abb. 2: Rettungs-BOA der Firma X-CEN-TEK GmbH & Co. KG, Wardenburg: ausgepackte „BOA“, Vorder- und Rückansicht nach Anlegen (von links)

Die meisten veröffentlichten Verwendungen der o. g. Rettungshilfsmittel beziehen sich auf die Rettung von Verletzten bei Verkehrsunfällen; die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden auf Luftfahrzeuge übertragen. Für die Rettung von Verletzten aus Luftfahrzeugen an den Flugplätzen der Bundeswehr haben die Feuerwehren standardmäßig das KED-System zur Verfügung. Die BOA findet flächendeckend im militärischen Bereich bisher keine Anwendung.

In verschiedenen Übungen am Flugplatz Manching stellte sich heraus, dass aufgrund der räumlichen Enge im Cockpit, insbesondere beim Kampfhubschrauber Tiger (KHT), beim Transportluftfahrzeug A400M und bei Kampfjets die ordnungsgemäße Anlage des KED-Systems sehr schwierig ist und für den Rautek-Griff ein ­guter Greifpunkt für die Retter am Patienten fehlt. Darüber hinaus zeigte sich bei einem Unfall durch Vogelschlag mit einem kritisch Verletzten bzw. bei Übungsszenarien, dass keines der verfügbaren Rettungsmittel ideal war. Hieraus ergab sich die Frage nach einem alternativen Rettungshilfsmittel für die Rettung aus Luftfahrzeugen.

Gemäß PHTLS-Leitlinien (Präklinisches Trauma­management) [9], nach denen die Bundeswehr ihr Rettungspersonal schult und qualifizieren lässt, ist die ­Rettungs-BOA ein anerkanntes und qualifiziertes Rettungshilfsmittel. Darüber hinaus ermöglichen die patientennahe Greifvorrichtung und die günstigeren Hebelkräfte eine Minimierung der körperlichen Belastung der Rettungskräfte (Rückenschonung). Ob die Rettungs-BOA auch für die Rettung aus Lfz geeignet ist, sollte mit der vorliegenden Studie untersucht werden.

Abb. 3: Pilotenrettung mittels KED-System aus dem vorderen Tiger-Cockpit

Methoden

Versuchsdurchführung

Im August 2020 wurde während der Platzschließungstage der Wehrtechnischen Dienststelle (WTD 61) auf dem Flugplatz Manching an den zur Verfügung stehenden Lfz eine Vergleichsstudie der verschiedenen Rettungshilfsmittel durchgeführt. Die Feuerwehrleute der Platzfeuerwehr Manching und der Betriebsfeuerwehr AIRBUS nahmen freiwillig an dieser internen Studie teil, da diese gleichzeitig ebenso zu Übungs- und Trainingszwecken diente. Die Übungen wurden durch die zuständigen Stellen genehmigt, die Probanden wurden nach den einschlägigen Richtlinien informiert, erklärten ihre Einwilligung, an der Studie teilzunehmen und zur Verwendung der dabei angefertigten Foto- und Filmaufnahmen. Die jeweiligen diensthabenden Feuerwehrleute der wechselnden Schichten (dienstags Schicht B und mittwochs Schicht A) wurden durch den Einsatzleiter Feuerwehr in Teams (meist) zu drei Personen eingeteilt, da der Rettungstrupp in der Regel aus drei Feuerwehrleuten besteht. Die Einteilung erfolgt demnach nicht durch den Studienleiter (Fliegerarzt).

Zum standardisierten Ablauf und besseren Vergleichbarkeit wurden jeweils die gleichen Voraussetzungen (Ausgangssituation) hergestellt:

Auf das Kommando des Studienleiters (Fliegerarzt) beginnt die Zeitmessung (Dauer der Rettung des Lfz-Insassen). Zur Testung der verschiedenen Rettungsmethoden erfolgt der Vergleich in drei Durchgängen:

A) Rettung ohne Hilfsmittel,

B) Rettung mit Hilfe der Rettungs-BOA und

C) Rettung mit Hilfe des KED- Systems.

Zur besseren Vergleichbarkeit erfolgt die Rettung mit Beginn der Zeitmessung im standardisierten Ablauf bestehend aus:

Nach Überschreiten einer Rettungszeit von mehr als 20 min wurde die Zeitmessung abgebrochen.

Sofort nach Verladen des Lfz-Insassen auf das Spineboard ohne Fixierung und Ablegen auf der Hebebühne oder auf dem Boden im Innenraum (in CH-53, A400M) wurde die Zeitmessung gestoppt. Im Lfz A400M besteht die Besonderheit, dass der Patient eine schmale Treppe hinunter in den Laderaum transportiert werden muss. Hierfür ist eine Fixierung auf dem Spineboard notwendig, da der Abtransport über die Treppe und um die Ecke nur durch Vertikalstellung und Drehung möglich ist, um den Patienten in Blickrichtung die Treppe hinunter tragen zu können.

Befragung der Probanden 1

Die Teams führten die verschiedenen Methoden der Patientenrettung mit entsprechenden Pausenzeiten durch. Im Anschluss an einen Durchgang (Teil A, B oder C) füllte jeder Proband des Teams einen Fragebogen (Teil 1, 16 Items) aus, mit dem Angaben zum Probanden (z. B. Berufserfahrung, Rückenschmerzen) erfasst und in dem das gerade angewandte Rettungsmittel bewertet wurde. Anschließend erfolgte der Durchgang mit einer anderen Methode der Patientenrettung. Nach insgesamt drei Durchgängen war jede Rettungsmethode einmal absolviert worden.

Die Feuerwehrmänner erhielten im Anschluss einen weiteren Fragebogen (Teil 2, 6 Items), in welchem es schwerpunktmäßig um den Vergleich der Rettungsmethoden ging.

Datenauswertung

Die Daten aus den Fragebögen Teil 1 und 2 sowie die erhobenen Messzeiten wurden in einer Datenbank (MS® Excel 2010) anonymisiert zusammengefasst, aggregiert und deskriptiv-statistisch mit der Software SPSS (IBM®, Version 17.0) ausgewertet. Es wurden zunächst die Häufigkeiten einzelner Parameter, wie beispielsweise Anzahl der verschiedenen Rettungsmethoden, Alter oder Berufserfahrung der Feuerwehrmänner aufgezeigt. Für die weitere Auswertung wurden neue Variablen berechnet, wie die Zeit für Anlage des Rettungshilfsmittels bis zur Evakuierung, berechnet als Differenz aus „Gesamtzeit“ minus „Anlage Zeit Stiffneck“. Die Rettungsmethode wurde als kategorische Variable nominal kodiert (0 = ohne Rettungshilfsmittel; 1 = Rettungs-BOA; 2 = KED-System).

Zur Überprüfung möglicher Zusammenhänge wurde die Spearman-Korrelation verwendet, da es sich größtenteils um nicht normalverteilte Daten handelte (Zeitmessung, Geschlecht unter Feuerwehrpersonal usw.). Die hieraus erhaltenen Korrelationen (stark > 0,7 bzw. mäßig 0,5 ≤ x < 0,7) wurden auf Signifikanz geprüft und mittels Streudiagramm zur internen Plausibilitätsprüfung verwendet.

Zur explorativen Datenanalyse wurden die Zeiten für die Anlage Stiffneck, Anlage des Rettungsmittels und die Evakuierung sowie die Gesamtzeit in Abhängigkeit von den verschiedenen Rettungsmethoden aufgelistet. Hierbei wurden Median, Minimum und Maximum in einer Tabelle zusammengetragen und mithilfe des Kruskal-Wallis-Test miteinander verglichen. Der paarweise Vergleich auf signifikanten Lageunterschied, z. B. zwischen BOA und KED-System, erfolgte mithilfe des Mann-Whitney-U-Test. Für die Ergebnisse wurde ein Signifikanz-Niveau von p = 0.05 festgelegt. Zur grafischen Darstellung wurden Boxplots verwendet oder gruppierte Balkendiagramme der Kreuztabellen aufgelistet. Die Auswertung der Vor- und Nachteile im Freitext erfolgte unter Zusammenführung inhaltlich identischer Aussagen und Auflistung nach deren Häufigkeit.

Ergebnisse

Rettungspersonal (Feuerwehr)

Insgesamt nahmen 52 Feuerwehrleute, aufgeteilt in 34 Teams, an der Studie teil (26 x 3er-Team, 4 x 2er-Team und 4 x 4er-Team). Die jeweilige Zusammensetzung wurde durch den Einsatzleiter Feuerwehr bestimmt, sodass mehrfache Teilnahmen in anderen Teams möglich waren, jedoch nicht bei mehr als drei Durchgängen. Es gab keine weiblichen Teilnehmenden. So konnten insgesamt 99 Versuchsdurchläufe inklusive Ausfüllung der Fragebögen erfolgen, welche im Weiteren als Referenz genommen werden und als Anwender bezeichnet werden.

Insgesamt erfolgten N = 293 Durchgänge mit den verschiedenen Rettungshilfsmitteln (ohne Rettungsmittel n =101; BOA n = 101; KED-System n = 87; ohne Rettungsmittel mit Tragetuch n = 4).

Von den Feuerwehrmännern war der überwiegende Anteil zwischen 20 und 40 Jahre alt (60,4 %), etwas mehr als ein Drittel zwischen 41 und 60 Jahre (37,6 %).

Die Erfahrung im Beruf, gemessen anhand der Berufsjahre als Feuerwehrmann, verteilte sich innerhalb der Probanden relativ gleichmäßig: 27,7 % < 5 Jahre, 15,8 % zwischen 5 und 10 Jahren, 21,8 % zwischen 10 und 20 Jahren und 31,7 % > 21 Jahre.

Viele Feuerwehrmänner hatten wenig Berufserfahrung im Rettungsdienst (< 5 Jahre 49,5 %). Lediglich 5 % (n = 5) gaben an, mehr als 21 Jahre Berufserfahrung im Rettungsdienst zu haben.

Rettungszeiten

Im zeitlichen Gesamtvergleich der Rettung aus allen 7 getesteten Luftfahrzeugen, von Ansprache des Verletzten bis zum Abtransport auf dem Spineboard (Gesamtzeit), war die Rettungszeit ohne Rettungshilfsmittel mit im Median 3:31 min erwartungsgemäß am kürzesten, gefolgt von der Rettungs-BOA mit 4:58 min. Am längsten dauerte mit im Median 8:52 min die Rettung mittels KED-System. Die Tabelle 1 zeigt die gemessenen und errechneten Zeiten (Median, Minimum und Maximum) sowie die signifikanten Unterschiede.

Die Zeit der Stiffneck-Anlage variiert zwischen 1:34 min und 1:53 min ohne signifikanten Unterschied der verschiedenen Rettungsmethoden (p ≥ 0.5 im Kruskal-­Wallis-Test). Beim Vergleich der verschiedenen Rettungsmethoden im Anschluss an die Stiffneck-Anlage unterscheiden sich diese deutlich voneinander (p ≤ 0.001 im Kruskal-Wallis-Test). Auch beim paarweisen Vergleich finden sich signifikante Unterschiede zwischen den jeweiligen Rettungsmethoden (p < 0.05 im Mann-Whitney-U-Test). So zeigt sich ein signifikanter Zeitunterschied zwischen den Rettungshilfsmitteln BOA und KED-System in allen Luftfahrzeugen.

Da die Gesamtzeit die Summe aus den Zeiten für Stiffneck-Anlage, Anlage des Rettungsmittels und Evakuierung ist, wird im Folgenden wegen des nicht vorhandenen Einflusses der Zeit für die Stiffneck Anlage die Anlegezeit des Rettungshilfsmittels beachtet. Tabelle 2 gibt eine Übersicht der Rettungszeit aus den verschiedenen Luftfahrzeugmustern.

Insgesamt zeigt sich, dass die BOA ein deutlich schneller anzuwendendes Hilfsmittel als das KED-System ist; ihre Anwendung ist nur wenig langsamer als die Rettung ohne Hilfsmittel (Rautek-Griff).

Tab. 1: Gesamtzeiten der verschiedenen Rettungshilfsmittel bei allen Luftfahrzeugmustern
Zeitangaben in min:sek ­(Median, Minimum–Maximum), p im Kruskal-Wallis-Test; die roten Buchstaben a–f geben signifikante Zusammenhänge (p < 0,05) im Mann-Whitney-U-Test zwischen zwei Gruppen an (a < 0.001; b < 0.001; c < 0.001; d = 0.001; e < 0.001; f< 0.001).

 

Tab. 2: Übersicht der Rettungszeiten nach Anlage Stiffneck
Angaben in min:s (Median, Minimum–Maximum) in den verschiedenen Luftfahrzeugmustern in der Reihenfolge des Studienablaufs; n = Anzahl der Probanden; für die Gesamtrettungszeit muss noch die Zeit der Stiffneck-­Anlage inklusive Helmabnahme hinzugerechnet werden.

 

Betrachtung verschiedener Lfz-Muster

Im Folgenden werden die wichtigsten Aspekte, kategorisiert nach Luftfahrzeugmustern, hervorgehoben.

Drehflügler

Bei den Drehflüglern unterschieden sich die Rettungszeiten signifikant (p ≤ 0.05 im Kruskal-Wallis-Test) unter den Luftfahrzeugen (CH-53, KHT, H-145 und UH-1D). In den relativ „geräumigen“ Cockpits von H-145 und Bell-UH-1D bereitete die Rettung keine große Schwierigkeit, da man von beiden Seiten an den Patienten herankam und diesen durch Drehbewegungen auf dem Sitz auf das Spineboard ziehen konnte, was der Rettung aus einem Kfz nahekommt. Die Rettungszeiten der UH-1D erscheinen wahrscheinlich deshalb etwas verlängert, weil die UH-1D als erstes Lfz in der Studie getestet wurde.

Beim KHT und der CH-53 dauerten die Rettungen insgesamt etwas länger, wobei beim KHT sogar in 2 Durchgängen (2 Teams mit je 3 Feuerwehrmännern) die KED-Anlage nicht möglich war.

Beim KHT erschwerte den Rettern das Arbeiten nur von einer Seite aus die Anlage des KED-Systems deutlich. Ein Zugang von beiden Seiten mit einer zweiten Hebebühne wäre vorteilhaft, entspricht aber nicht den Gegebenheiten im Falle eines Flugunfalles. Lediglich durch die Absprengung der Fensteranteile kann dann mehr Platz geschaffen werden. Darüber wurde in den Fragebögen sowohl die Anlage des KED-Systems als auch der Rautek-Griff durch die räumliche Enge im KHT als deutlich erschwert angesehen. Eine Differenzierung zwischen Rettung aus vorderem oder hinterem Cockpit im KHT zeigte in der Auswertung keinen Unterschied in den Rettungszeiten.

In der CH-53 zeigte sich statistisch kein Unterschied in den Rettungszeiten zwischen den Rettungswegen „Innenraum“ oder „Fenster“ (p ≥ 0.6 im Mann-Whitney-U-Test). Die Rettung durch den Innenraum dauerte jeweils unwesentlich länger. Im persönlichen Gespräch mit den Feuerwehrmännern am Tag der Datenerhebung, zeigte sich, dass die Rettung über das Fenster, wenn möglich, immer bevorzugt werden würde, da man von beiden Seiten näher an den Piloten komme.

Kampfjets

Bei der Rettung aus den Kampfjets (Tornado und Eurofighter) ist neben der räumlichen Enge im Cockpit, die tiefe Sitzposition der Piloten eine besondere Schwierigkeit; die Retter müssen immer in gebückter Haltung nach unten arbeiten.

Bemerkenswert ist neben der durchweg positiv bewerteten Anwenderfreundlichkeit der Rettungs-BOA, dass die Gesamtrettungszeit unter Zuhilfenahme der BOA im Tornado im Median kürzer ist (5:13 min) als die Rettung des Piloten mit Rautek-Griff (5:34 min). Auch dauert die Anlage der BOA mit Evakuierung im Median nicht signifikant länger als die Evakuierung ohne Rettungshilfsmittel (Tabelle 3). Hier zeigte der Mann-Whitney-U-Test auch im Direktvergleich zwischen Rettung ohne Rettungshilfsmittel und mit Rettungs-BOA keine signifikanten Zeitunterschiede (p= 0.313 für Anlage Rettungsmittel und Evakuierung; p= 0.342 für Gesamtzeit). Signifikante Unterschiede (p < 0.001) sieht man nur jeweils im Vergleich zum KED-System.

Tab. 3: Rettungszeiten mit verschiedenen Rettungshilfsmittel im Lfz Tornado
Zeitangaben min:s (Median, ­Minimum–Maximum, p im Kruskal-Wallis Test; die roten Buchstaben a–f geben die Signifikanz des Zusammenhangs (p < 0.05) im Mann-Whitney-U-Test zwischen zwei Gruppen an (a < 0.001; b < 0.001; c < 0.001; d < 0,001; e = 0.313; f = 0.342)

Beim Eurofighter dauerte die Gesamtzeit der Rettung ohne Hilfsmittel im Median 4:46 min, unter zu Hilfenahme der BOA 5:23 min. Ein signifikanter Unterschied zwischen diesen beiden zeigte sich nicht, er bestand nur jeweils gegenüber dem KED-System, bei dessen Anwendung die Rettung im Median 9:48 min dauerte. Dass der Rautek-Griff bei den Kampfjets keinen signifikanten Zeitvorteil liefert, mag an der tiefen Sitzposition der Piloten ­liegen. So müssen die Feuerwehrmänner, um den Rautek-Griff anwenden zu können, entweder in stark nach unten gebeugter Haltung an den Piloten greifen (siehe Abbildung 4) oder ihn zunächst an der Weste nach oben ziehen, um dann den Rettungsgriff anwenden zu können. Hierfür stehen verschiedene Greifpunkte an den Westen der Piloten zu Verfügung. Die Weste der Tornadobesatzung hat Rettungsschlaufen am Unterrand, die man herauslösen kann. Diese Bandschlaufen können beim senkrechten Hochziehen zum Vorschieben des Rumpfes führen. Die Weste des Eurofighter-Piloten hat ein breites Band zwischen den Schulterblättern, an welchem einfach und schnell Zug senkrecht nach oben ausgeübt werden kann.

Abb. 4: Pilotenrettung mittels Rautek-Griff aus dem Eurofighter-Cockpit: Die tiefe Sitzposition des Piloten erschwert die Rettung und belastet die Lendenwirbelsäule des Retters.

Abb. 5: Pilotenrettung mittels BOA aus dem Eurofighter-Cockpit: die günstige Griffposition verringert die Hebelkraft für den Retter.

A400M

Beim A400M konnte als Rettungszugang lediglich die schmale Treppe im Innenraum genutzt werden, da die Flugplatzfeuerwehr Manching noch keine große Hebebühne besitzt, um eine Fensterrettung durchzuführen. Die Rettung ohne Hilfsmittel dauerte im Median 9:10 min, mit Hilfe der BOA 10:38 min und mittels KED-Systems 13:53 min. Die langen Rettungszeiten resultieren folglich aus dem Problem, dass der Pilot noch die Treppe hinuntergetragen werden musste. Von dem Tragen ohne Spineboard oder Tragetuch wurde Abstand genommen, da es hier aufgrund der fehlenden Körperspannung des zu Rettenden zu Verletzungen der Lendenwirbelsäule und des Beckens beim Aufprall des Gesäßes auf die Treppenstufen gekommen wäre. Es bewährte sich die Methode, den Piloten zunächst mit oder ohne Rettungshilfsmittel auf den mittleren Sitz 3 zu ziehen und von hier auf das Spineboard umzulagern. Dieses wurde mit der Kopfposition in Richtung Flugzeugnase gelegt. Der Pilot wurde mit den Schnellfixierungsgurten festgeschnallt. Anschließend erfolgte das senkrechte Aufstellen des Spineboards mitsamt „Patient“ vor die Treppe und Drehung um 90°. An der Kopfposition des Spineboards wurde eine Bandschlaufe befestigt, um das Spineboard kontrolliert die Treppenstufen hinunter gleiten zu lassen. Die beiden anderen Feuerwehrmänner stabilisierten das Spineboard seitlich an der Treppe im Innenraum.

Abb. 6: Transport über die schmale Treppe im A400M auf dem Spineboard mit Fixierung zur Vertikalstellung des Piloten (Blick vom Frachtraum Richtung Cockpit-Tür; der Retter im Vordergrund steht auf der Treppe zum Cockpit.)

Die Rettungszeiten zwischen BOA und Rautek-Griff jeweils unter Zuhilfenahme des Spineboards zeigen keinen Unterschied (p = 0,073 im Mann-Whitney-U-Test). Die Verwendung des Tragetuchs erbrachte einen signifikanten Zeitvorteil mit im Median einer Gesamtzeit von 4:57 min und kann als geeignetes Hilfsmittel zum schnellen Transport im Falle einer Crash-Rettung genutzt werden. Für eine Immobilisation ist einzig das Spineboard mit Fixierungsschnallen und Headblocks geeignet, was einen erhöhten Zeitaufwand bedingt.

Bewertung der Rettungssysteme durch die ­Anwender

Neben dem bisher betrachteten zeitlichen Aspekt bei Anwendung der verschiedenen Rettungsmethoden ergab die Auswertung der Fragebögen folgende Aussagen zur Bedienerfreundlichkeit und Anwendbarkeit.

Rettungs-BOA

Die Rettungs-Boa wurde insgesamt 101 Mal von 34 verschiedenen Teams angewendet. Hiervon gaben 91 % der Anwender (n = 92) an, an diesem Rettungshilfsmittel ausgebildet worden zu sein. Bei 9 % der Anwender (n = 9) fand im Vorfeld keine Ausbildung an der Rettungs-BOA statt. Diese Unerfahrenheit spiegelt sich auch bei der Beantwortung der Fragen wider. 69,3 % (n = 70) gaben an, die BOA nicht häufiger als 10 Mal angewendet zu haben, lediglich 8 Anwender (7,9 %) gaben mit der Aussage „Trifft voll zu“ und 16 Anwender (15,8 ) mit der Aussage „Trifft zu“ an, die BOA bereits mehr als 10 Mal angewendet zu haben. Weiterhin gaben 78 % an, die Rettungs-BOA niemals in einem tatsächlichen Einsatz benutzt zu haben. Immerhin haben 20 % die Rettungs-BOA bereits 1 bis 5 Mal angewandt und lediglich ein Feuerwehrmann hat bereits 6 bis 10 Mal diese Rettungsmethode zur Personenrettung angewandt.

Bei der Anwendung der Rettungs-BOA hatten die meisten Anwender keinerlei Probleme.

Jeweils mehr als 70 % gaben zu Fragen nach unnötiger Zeitverzögerung und Schwierigkeiten beim ordnungsgemäßen Anlegen keine (n = 54; 55 %) bzw. überhaupt keine (n = 27; 28 %) Beeinträchtigungen an (Abbildung 8). Ergänzend wurde das Auftreten von Rückenschmerzen im Fragebogen Teil 2 analysiert. Hier wurde nach der Übung kein Neuauftreten von Rückenschmerzen angezeigt, jedoch in 3 % (n = 3) eine unerhebliche Verschlimmerung der Rückenschmerzen auf im Median 4 von zuvor 3 Punkten auf der numerischen Schmerzskala (1–10).

Abb. 7: Rettung eines Piloten aus dem KHT mit der Rettungs-BOA; die Retter stehen auf der Rettungsbühne.

Abb. 8: Auswertung der Antworten zu Frage 15 im Fragebogen Teil 1 (Anwendung der Rettungs-BOA, N = 98)

KED-System

Das KED-System wurde insgesamt 87 Mal von 28 verschiedenen Teams angewandt. Hiervon gaben 95,4 % der Anwender (n = 83) an, an diesem Rettungshilfsmittel ausgebildet worden zu sein. In drei Fällen fand im Vorfeld keine Ausbildung am KED-System statt; es bestand insgesamt nur wenig Routine in der Anwendung. Ein Drittel der Anwender geben mit der Antwortmöglichkeit „Trifft voll zu“ (n = 16) und „Trifft zu“ (n = 16) an, das KED-System mehr als 10 Mal angewandt zu haben. Im tatsächlichen Einsatz wurde das KED-System ebenfalls wenig angewandt: von 60,9 % (n = 53) überhaupt nicht, von 35,6 % (n = 31) 1–5 Mal; einmal wurde die Anwendungshäufigkeit mit 6–10 Mal angegeben und noch häufiger (11–15 Mal) von ebenfalls nur einem Anwender. Die hieraus zu erwartende Unsicherheit im Umgang mit dem KED-System spiegelt sich in den Antworten auf Fragen, bei denen es um unnötigen Zeitaufwand und Schwierigkeiten bei der ordnungsgemäßen Anlage ging, wider. 51 Anwender gaben an, dass das KED-System unnötig viel Zeit in der Anlage brauchte (n = 21 „Trifft voll zu“; n = 30 „Trifft zu“). Lediglich 13 Anwender (n = 10 „Trifft nicht zu“; n = 3 „Trifft überhaupt nicht zu“) empfanden kein Problem mit der zeitlichen Verzögerung. Die Mehrheit der Anwender gab an, Schwierigkeiten in der Anlage des KED-Systems gehabt zu haben (n = 18 „Trifft voll zu“; n = 30 „Trifft zu“). Ein Drittel verneinte Schwierigkeiten (n = 25 „Trifft nicht zu“; n = 1 „Trifft überhaupt nicht zu“; n = 10 „Trifft weder zu noch nicht zu“). Die Ergebnisse sind in Abbildung 9 dargestellt.

Abb. 9: Auswertung der Antwortmöglichkeiten von Frage 15 im Fragebogen Teil 1 in Bezug auf das KED-System (N = 87)

Nach Anwendung des KED-Systems kam es bei einem Probanden zum Neuauftreten von Rückenschmerzen und bei 5 Anwendern zu einer Verschlimmerung der ­Rückenschmerzen mit einer im Median angegebenen Schmerzstärke von zuvor 2 Punkten auf 3 Punkte auf der numerischen Schmerzskala (1–10).

Vergleich der Rettungshilfsmittel

Im Gesamtvergleich aller sieben Luftfahrzeuge wurde 68 Mal (von 99 Anwendungen) die Rettungs-BOA bevorzugt. Ein kleiner Teil der Teilnehmer (n = 10) bevorzugte das KED-System und 7 Feuerwehrmänner sahen beide Systeme als gleich gut an; 14 Feuerwehrmänner machten keine Angaben. In den Auswertungen der Fragebögen wurde hier teilweise die Möglichkeit „ohne ­Hilfsmittel“ als bevorzugte Rettungsmethode hand­schriftlich ergänzt, wobei diese im Studiensetting als kein Hilfsmittel bezeichnet wurde. Die absolute Mehrheit fand die Rettungs-BOA einfacher und schneller in der Anlage (97,6 %; n = 82) und komfortabler und kraftsparender in der Anwendung (73,8 %; n = 62) als das KED-System. Die Vor- und Nachteile von Rettungs-BOA und KED-­System wurden mit der in Tabelle 4 genannten Häufigkeit im Freitext genannt.

Tab. 4: Vor- und Nachteile der BOA und des KED-Systems im Freitext; Antworten sinngemäß zusammengefasst, Mehrfachantworten möglich, Auflistung nach Häufigkeit der Nennung

Diskussion

Diese Studie sollte einen Überblick über die Anwendbarkeit der verschiedenen Rettungssysteme zur Pilotenrettung geben. Fliegerärzten und Rettungskräften können die erhobenen Daten als Handlungshilfe dienen, um in der Entscheidungsfindung unterstützt zu werden, wie sich die Wahl des Rettungsmittels auf die Rettungszeit auswirkt. Des Weiteren sollen die Daten eine Grundlage für eine Einführung der Rettungs-BOA als Rettungsmittel auf Flugplätzen der Bundeswehr liefern.

In der Literatur finden sich bei bereitgestellter Trage und bereits angelegter Zervikalstütze Vergleichszeiten bei der Rettung von Verletzten aus dem Kfz. Hier dauert die Rettung mittels Rautek-Griff ca. 30 s, mit BOA ca. 60 s und mit KED-System über 4 min [5]. Im Vergleich hierzu dauert in der internen Studie die Rettung mittels Rautek-Griff im Median 1:49 min, mit der BOA 2:26 min und mit dem KED-System 6:41 min (siehe Tabelle 1). Beachtet werden muss die räumliche Enge der verschiedenen Lfz-Muster im Vergleich zum Kfz. Demnach ist eine Vergleichbarkeit der Zeiten in der Studie nicht unmittelbar gegeben und dient nur zur Orientierung. Vergleichsdaten zur Anwendung von Rettungshilfsmitteln an Lfz konnten in der Literatur nicht gefunden werden.

Nicht beeinflussbare Faktoren mit Auswirkung auf die Rettungszeit waren die Motivation der Feuerwehrleute, Umgebungsbedingungen (Hitze), Körperkonstitution der Lfz-Insassen, Trainingseffekte bei der Anwendung der Rettungsmethoden und Luftfahrzeugmuster. Langjährig eingeführte Luftfahrzeugmuster standen bisher für zahlreiche Übungen zur Verfügung, wohingegen neuere Muster aus Angst vor Beschädigungen oder mangelndem Klarstand eher selten bis gar nicht zu Übungen genutzt werden konnten. Auch die Erfahrung im Umgang mit den Rettungsmitteln differiert, da die Einführung der BOA am Flugplatz Manching erst im Juli 2020 erfolgte, während das KED-System bereits seit vielen Jahren vorgehalten wird. Weitere Studien sollten folgen, um die erhobenen Daten zu verifizieren.

Schlussfolgerung

Die Rettungs-BOA erweise sich bei der Pilotenrettung aus allen 7 getesteten Lfz als ein schnelles, anwenderfreundliches Rettungsmittel, das auch ohne große Vorausbildung und Erfahrung von den Feuerwehrmännern ausnahmslos in allen Luftfahrzeugen angewandt werden kann und einen hohen Komfort für die Retter bietet. Die Rettungs-BOA bietet einen klaren zeitlichen Vorteil gegenüber dem KED-System und ist bei geschulter Anwendung nicht wesentlich langsamer als der Rautek-Griff.

Unter Berücksichtigung des Unfallmechanismus kann es bei Flugunfällen zu schweren (Wirbelsäulen)-Verletzungen der Lfz-Insassen kommen, bei denen ein Hilfsmittel wie dieses durch Zeitersparnis und zumindest Teilimmobilisation der Wirbelsäule für den kritisch verletzten Patienten einen erheblichen Vorteil bietet.

Weiterhin sind aus betriebsmedizinischer Sicht bei zukünftig längerer Lebensarbeitszeit sowie zunehmend höherem Anteil an weiblichen Beschäftigten im Feuerwehrdienst Hilfsmittel, die ein rückenschonenderes Arbeiten mit günstigeren Hebelwirkungen ermöglichen, unbedingt in Betracht zu ziehen.

Wir sehen daher in der Rettungs-BOA für die Flugplatzfeuerwehren uneingeschränkt ein sinnvolles Hilfsmittel zur schnellen Rettung und eine wertvolle Ergänzung der Ausstattung auf militärisch genutzten Flugplätzen.

Kernaussagen

Literatur

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  2. Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e. V. (Hrsg): Leitlinie "Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung". DGU 2017; , letzter Aufruf 7. Februar 2021. mehr lesen
  3. General Flugsicherheit der Bundeswehr. Jahresbericht 2019; Stand: 15.12.2020
  4. Hinkelbein J, Schwalbe M, Neuhaus C: Flugunfälle in der allgemeinen Luftfahrt – Verletzungen und Verletzungsmuster. Flug u Reisemed 2010; 17: 11–14.
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  7. Leibinger S, Höfner J: Schnell und schonend – Rettungstechniken nach Autounfällen. retten! 2016; 4: 334–338.
  8. NAEMT (Hrsg.): Präklinisches Traumamanagement. Prehospital trauma life support (PHTLS). 3. Aufl. München: Elsevier 2016.
  9. Neuhaus C, Dambier M, Glaser E et al.: Unfallhäufigkeiten und Verletzungswahrscheinlichkeiten – Eine Analyse von Unfällen in der Allgemeinen Luftfahrt in Deutschland. FTR 2009; 16(1) : 10–13. mehr lesen
  10. Pippig T: Verletzungen der Wirbelsäule bei nicht tödlichen Rettungsausstiegen mit dem Schleudersitz – Analyse von Verletzungen in der Luftwaffe im Zeitraum von 1974 bis 2014. FTR 2015; 22(1): 20–25. mehr lesen
  11. Wehling J, Herren C, Nolte PC et al.: Die präklinische Behandlung von Patienten mit Wirbelsäulentrauma. Notfallmedizin up2date 2020; 15(01): 79–92. mehr lesen
  12. Weißleder A, Hossfeld B, Treffer D: Indikationen und essenzielle Techniken zur prähospitalen Immobilisation der Wirbelsäule. Notarzt 2018; 34(06): 326–334. mehr lesen

 

Erklärung zum Interessenkonflikt:

Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte im Sinne der Anforderungen des International Committee of Medical Journal Editors bestehen.

Manuskriptdaten

Eingereicht: 8. Januar 2021

Nach Überarbeitung angenommen: 10. Februar 2021

Zitierweise

Falker AM, Daum O, Schenk AC: Die Rettungs-BOA als Hilfsmittel zur schnellen Rettung von Piloten aus Luftfahrzeugen der Bundeswehr. WMM 2021; 65(6): 214-224.

Für die Verfasser

Oberstabsarzt Dr. Anna-Maria Falker

Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe

Dezernat I 3 c – Fliegerärztliche Versorgung Manching

Flugplatz, 85077 Manching

E-Mail: annamariafalker@bundeswehr.org

Manuscript data

Submitted: 8 January 2021

After revision accepted: 10 February 2021

Citation

Falker AM, Daum O, Schenk AC: The rescue BOA as an aid for rapid evacuation of pilots from aircraft of the Bundeswehr. WMM 2021; 65(6): 214-224.

For the authors

Major (MC) Dr. Anna-Maria Falker

Air Force Center of Aerospace Medicine

Section I 3 c – Flight Surgeon Manching

Airfield, D–85077 Manching

E-Mail: annamariafalker@bundeswehr.org


1 Die kompletten Fragebögen stehen in der E-Paper-Version dieses Beitrags zur Verfügung.