Wehrmedizinische Monatsschrift

Wehrmedizinische Kooperation zwischen dem Institut für ­Radiobiologie der Bundeswehr und dem National Defense Medical College der Japanischen Selbstverteidigungskräfte auf dem Gebiet des Medizinischen A-Schutzes

Alexis Rumpa, Stefan Edera, Cornelius Hermanna, Andreas Lamkowskia, Manabu Kinoshitab, Tetsuo Yamamotoc, Junya Taked, Michael Abenda, Nariyoshi Shinomiyae, Matthias Porta

a Institut für Radiobiologie der Bundeswehr, München

b Department of Immunology and Microbiology, National Defense Medical College, Tokorozawa, Japan

c NBC Countermeasure Medical Unit, Japan Ground Self Defense Force, Tokyo, Japan

d Department of Pediatrics, National Defense Medical College, Tokorozawa, Japan

e President, National Defense Medical College, Tokorozawa, Japan

Hintergrund

Japan war Opfer von zwei Nukleardetonationen (Hiroshima und Nagasaki, 1945) und eines schweren Kernkraftwerkunglücks in der Präfektur Fukushima (2011). Japanische Katastrophenschutzbehörden verfügen auch über große Erfahrung in der Bewältigung von Naturkatastrophen (z. B. Erdbeben), die in Japan verhältnismäßig häufig sind. Zu den subsidiären Aufgaben der Selbstverteidigungskräfte (Japan besitzt gem. § 9 seiner Verfassung formal kein Militär) gehört die Amtshilfe im Katastrophenfall und Einheiten der Selbstverteidigungskräfte waren auch bei der Bewältigung des nuklearen Unglücks in Fuku­shima beteiligt. Sowohl im zivilen Bereich als auch im Sanitätsdienst der Selbstverteidigungskräfte finden intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Entwicklung von medizinischen Gegenmaßnahmen für den Fall radiologischer oder nuklearer Unfälle statt.

Deutsch-Japanische Zusammenarbeit

Seit 2017 findet eine kontinuierliche intensive Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Radiobiologie der Bundeswehr (InstRadBioBw) und dem National Defense Medical College (NDMC, Medical School der Selbstverteidigungskräfte) in Tokorozawa statt.

Radioiod

Ein Schwerpunkt liegt in der Optimierung des Schilddrüsenschutzes durch stabiles Iod oder andere pharmakologische Agentien bei Exposition mit radioaktivem Iod, das bei Fissionsreaktionen freigesetzt wird. Auch wenn die freigesetzten Mengen gering waren, haben die Vorkommnisse in Fukushima gezeigt, dass bei Kernkraftwerksunglücken länger andauernde unregelmäßige ­Radioiodfreisetzungen zu erwarten sind. Auf der Grundlage der japanischen Erfahrungen werden gemeinsam von InstRadBioBw und dem NDMC Modelle und Soft­waretools entwickelt, die es erlauben, höchst unterschiedliche Szenarien mit Radioiod-Exposition zu simulieren und die am besten geeigneten medizinischen Gegenmaßnahmen zu identifizieren.

Vitamin C zur Strahlenprotektion

Ein zweiter wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt in der Untersuchung der strahlenprotektiven Wirkung von ­hohen Dosen von Vitamin C, das chemisch hochreaktive (Sauerstoff)-Radikale binden kann und damit den Schaden durch ionisierende Strahlung reduziert. Vitamin C-Zubereitungen wurden zum Zweck der Radioprotektion vorsichtshalber auch Rettungskräften in Fukushima 2011 zur Verfügung gestellt. In Ergänzung zu den praktischen Erfahrungen der japanischen Seite verfügt InstRadBioBw über spezifische labortechnische Expertise, die zum weiteren Erkenntnisgewinn bei der Entwicklung von radioprotektiven Wirkstoffen eingesetzt werden kann.

Fazit

Nach den bisher gemachten Erfahrungen wird die Fortführung der Kooperation oder sogar ein Ausbau der Beziehungen mit Japan auf dem Gebiet der „radiation preparedness“ als eine für die Bundeswehr fruchtbare und erfolgsversprechende Aktivität bewertet.

Für die Verfasser
Flottillenarzt Priv.-Doz. Dr. Alexis Rump
Institut für Radiobiologie der Bundeswehr
Neuherbergstr. 11 , 80937 München
E-Mail: alexisrump@bundeswehr.org