Wehrmedizinische Monatsschrift

Erfahrungen mit alternativen Methoden zur Reduzierung der Schwarzwildpopulation im Tierseuchenfall (Vortrags-Abstract)

Verena Steudela

a Überwachungsstelle für öffentlich-rechtliche Aufgaben des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Ost, Potsdam

 

Hintergrund

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine Allgemeinerkrankung der Haus- und Wildschweine, welche in 90 % der Fälle tödlich verläuft. Infizierte Schweine entwickeln in der Regel innerhalb von 7 bis 10 Tagen hohes Fieber, einhergehend mit gastrointestinalen und/oder respiratorischen Symptomen. In den Sektionsbefunden finden sich sowohl in den Organen als auch der Haut vermehrt petechiale Blutungen. Ein Impfstoff gegen das ASP-Virus ist bisher nicht verfügbar, bzw. sind Impfungen auch verboten.

Infektionswege

Eine Übertragung der ASP erfolgt durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren (Sekrete, Blut, Sperma) oder deren Überresten, die Aufnahme von Speiseabfällen oder Schweinefleischerzeugnissen bzw. -zubereitungen sowie andere indirekte Übertragungswege (Fahrzeuge, kontaminierte Ausrüstungsgegenstände einschließlich Jagdausrüstung, landwirtschaftlich genutzte Geräte und Maschinen oder Kleidung). Aufgrund der hohen Tenazität des Virus bleibt es auch während des Verwesungsprozesses eines Schweinekadavers im Gewebe mehrere Wochen bis Monate infektiös. In Schlachtkörpern und Blut, in Dauerwaren wie Schinken und Salami ist das Virus ebenfalls monatelang, in Gefrierfleisch unter Umständen sogar jahrelang vermehrungsfähig.

Tierseuchenhygienische Maßnahmen

Wird der Ausbruch der anzeigepflichtigen Tierseuche in einem Gebiet erstmals amtlich festgestellt, zieht dies die sofortige Anordnung von Bekämpfungsmaßnahmen nach sich. Hierzu zählen die Festlegung von Restriktionszonen, ggf. Zäunungen innerhalb der festgelegten Zonen, und eine möglichst weitgehende Reduktion des infizierten und infektionsgefährdeten Schwarzwildbestandes. Darüber hinaus werden systematische Fallwildsuchen durchgeführt.

Die Maßnahmen zielen darauf ab, Infektionswege abzuschneiden, um die Verbreitung der Infektionskrankheit in weitere Landesteile zu verhindern, da andernfalls die Gefahr großer wirtschaftlicher Schäden in betroffenen Regionen mit Schweinezucht- und -mastbetrieben droht. Die strengen Handelsbeschränkungen, die auf Grund des Auftretens der ASP zu erwarten sind, können auch für nicht von der Krankheit betroffene Betriebe und sogar für ganze Wirtschaftsbereiche zu enormen Einbußen führen.

Zur ASP-Lage in Brandenburg und Sachsen

Mit Stand Oktober 2021 waren 6 Landkreise und ein kreisfreies Stadtgebiet in Brandenburg sowie 2 Landkreise in Sachsen von der ASP betroffen. In Brandenburg befanden sich damit 7 Bundeswehrliegenschaften innerhalb der Restriktionszonen, darunter der Standortübungsplatz (StOÜbPl) STORKOW mit einer Fläche von etwa 2 500 ha. In Sachsen befindet sich der Truppenübungsplatz (TrÜbPl) OBERLAUSITZ – mit 17 400 ha fünfgrößter Übungsplatz in Deutschland – innerhalb der ausgewiesenen Restriktionszonen. Beide Flächen beherbergten vor Ausbruch der ASP eine vitale Schwarzwildpopulation.

Öffentlich-Rechtliche Zuständigkeit

Gemäß § 28 Abs. 1 des Tiergesundheitsgesetzes in Verbindung mit der Allgemeinen Regelung (AR) A-843/1 und AR A1–843/6–4000, Nr. 204, obliegt im Bereich der Bundeswehr die Durchführung dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften den zuständigen Stellen der Bundeswehr. Für den Wehrbereich Ost ist aufgrund der Bestimmungen über die Durchführung des Tiergesundheitsgesetzes im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung die Überwachungsstelle für öffentlich-rechtliche Aufgaben des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Ost (ÜbwSt ÖRA Ost) Abt III Veterinärwesen die örtlich und fachlich zuständige Stelle.

Die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest auf den Übungsplätzen erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der fachvorgesetzten Dienststelle (Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr Unterabteilung IV – Veterinärwesen), dem Labor des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes der Bundeswehr KIEL (ZInstSanBw), den örtlich zuständigen Bundesforstbetrieben, sowie den örtlich und fachlich zuständigen militärischen und zivilen Stellen (Veterinärämtern).

ASP-Bekämpfungsmaßnahmen

Vom 18. Februar bis zum 6. Oktober 2021 wurden insgesamt 54 auf dem Gebiet des TrÜbPl OBERLAUSITZ entnommene Proben im ZInstSanBw Kiel positiv auf das ASP-Virus getestet und durch das Nationale Referenzlabor (Friedrich-Loeffler-Institut) bestätigt. Durch Fälle in räumlicher Nähe des TrÜbPl und die daraus resultierende Einbindung der östlichen Anteile TrÜbPl in Restriktionszonen war der Übungsbetrieb bereits seit November 2020 untersagt worden, bevor die ersten Fälle auf dem Platz aufgetreten waren.

Zum 31. August des Jahres 2021 konnte der Übungsbetrieb schrittweise wieder aufgenommen werden.

Abb. 1: An ASP erkrankte Schweine: (A) Hausschwein mit großflächigen petechialen Blutungen an Kopf, Beinen und Bauch, (B) an ASP verendete Bache mit Frischling

Reduzierung der Population

Neben der Zäunung, der verstärkten Fallwildsuche und der großflächigen Untersuchung jedes erlegten Wildschweines, ist eine größtmögliche Reduzierung der Wildschweinbestände (Entnahme) ein probates Mittel, um die direkte Verbreitung des Virus zu stoppen.

Im Gegensatz zur konventionellen Jagd stellt die Entnahme einer großen Anzahl Schwarzwild sowohl die Durchführenden als auch die anweisende/kontrollierende Stelle und das untersuchende Labor vor logistische, technische und nicht zuletzt körperliche Herausforderungen.

Drohneneinsatz

Sowohl auf dem TrÜbPl OBERLAUSITZ als auch auf dem StOÜbPl STORKOW wurde sowohl zur Fallwildsuche als auch zur Unterstützung der Entnahme zivile Drohnentechnik verwendet. Diese wurde zunächst zur Taxierung der Wildschweinpopulation sowie zur Bestimmung der Tages- und Nachteinstände eingesetzt. Daran anknüpfend konnte auf dem StOÜbPl STORKOW die drohnengestützte Entnahme einer Schwarzwild-Rotte erfolgreich abgeschlossen werden.

Stationärer Fallenfang

Der klassische Saufang besteht aus (Stahl-)Gittermatten und wird fest montiert. In der Regel ist eine Verankerung im Boden nötig. Nach dem Errichten der Falle folgt ­zunächst eine Zeit der Gewöhnung, in der der Fang offen steht (gesicherte Falltür) und die Zieltierart mit Präferenzfutter angelockt wird. Nach der Fanggewöhnung wird die Falltür aktiviert und unter Sichtkontakt oder Video­kontrolle ausgelöst, wenn sich Tiere in der Falle befinden. Trotz aller Vorsicht, kann es hier zu Verletzungen der Tiere durch die Falltür kommen. Größere Tiere können zudem versuchen, die Falle auszuheben. Nach dem Fang werden die Tiere unmittelbar in der Falle getötet.

Mobile Netzfangtechnik

Auf dem TrÜbPl OBERLAUSITZ wird seit mehreren ­Wochen ein mobiler Netzfang (Pig Brig Trap) zur Entnahme eingesetzt. Die Technik ähnelt der eines klassischen Saufangs. Nach mehrwöchigem Betrieb konnten allerdings deutliche Vorteile in Bezug auf Bedienerfreundlichkeit, Arbeitssicherheit und Tierschutzaspekte beobachtet werden.

Der Netzfang wird grundsätzlich in gleicher Art und Weise wie der klassische Saufang verwendet, bietet aber aufgrund seiner Bauart viele Vorteile gegenüber dem klassischen Saufang. Er ist erstens deutlich leichter zu montieren und vor allem zu versetzen. Stellt sich ein Fallenstandort als ungünstig dar, kann prompt und mit deutlich weniger Personaleinsatz reagiert werden.

Zweitens ist die Verletzungsgefahr für die Tiere deutlich geringer, auch können selbst bei scharf geschalteter Falle noch Tiere der Rotte von außen nachrücken, ein Verlassen ist allerdings nicht mehr möglich.

Nicht zuletzt besteht aufgrund des Netzes ebenfalls ein vermindertes Verletzungsrisiko für die Jäger, da das ­Risiko von Geschoßabprallern bei Fehlschüssen durch die geringe Anzahl an starren Teilen minimiert wird.

Abb. 2: Aktivierter Netzfang: Die Tiere können von außen durch das Netz zum Präferenzfutter gelangen, die Falle aus dem Inneren aufgrund des nach innen umgeschlagenen Netzes aber nicht mehr verlassen.

Fazit

Die präventive tierseuchenhygienische Überwachung innerhalb von Bundeswehrliegenschaften und die Anordnung geeigneter Maßnahmen zur Bekämpfung im Tierseuchenfall sind eine wesentliche Aufgabe der Veterinärmedizin in der Bundeswehr. Die Amtliche Bekanntmachung der ÜbwStÖffRechtlAufgSanDstBw Ost zur Bekämpfung der ASP vom 1. November 2021 (hier zum Download) gibt dafür ein Beispiel.

Es liegt dabei auch in der veterinärmedizinischen Verantwortung, durch Erprobung und Empfehlung geeigneter Methoden zur Bestandsreduzierung Tierschutzaspekten entsprechendes Gewicht zu verleihen.

Verfasserin

Oberfeldveterinär Verena Steudel

Überwachungsstelle für öffentlich-rechtliche Aufgaben des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Ost, Potsdam

E-Mail: verenasteudel@bundeswehr.org

Vortrag im Arbeitskreis Veterinärmedizin beim 52 Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. am 15. Oktober 2021 in Koblenz.