Wehrmedizinische Monatsschrift

Together into the Future

Wissenschaftliche Vorträge der 64. Fliegerarzttagung der Bundeswehr


Heidi Borscha

a Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Köln


Die Inhalte der beim Wissenschaftlichen Symposium anlässlich der 54. Fliegerarzttagung (24.-27. Juni 2019) gehaltenen Vorträge werden in diesem Beitrag zusammengefasst vorgestellt.

Dieser Beitrag steht nur in der E-Paper-Version der Ausgabe 10&11/2019 zur Verfügung.

Session 1 – Aeromedical Cardiology

Keynote: Military and Civilian Aerospace Medicine: What can we learn from each other?

Dr. Antony S. Wagstaff, amtierender Präsident der European Society of Aerospace Medicine (ESAM), eröffnete mit seiner Keynote Lecture das internationale Symposium. Er zeigte facettenreich auf, in welchen Bereichen zivile und militärische Flugmedizin voneinander lernen können und warum dies zwar eigentlich offensichtlich, aber dennoch nicht so einfach umzusetzen sei. So wären unter dem Dach der ESAM insgesamt 50 Nationen mit 32 Lizenzbehörden und tausenden von flugmedizinischen Sachverständigen tätig, die „nicht immer auf eine gemeinsame Linie zu bringen sind“.

Allerdings sollten aus seiner Sicht bestehende Besonderheiten in Teilbereichen nicht dazu führen, Unterschiede in den zivilen zw. militärischen Herangehensweisen zu sehr zu betonen. Es gebe wichtige Bereiche, wie z. B. das Fatigue Management und den Peer Support, die in der zivilen wie auch militärischen Flugmedizin von gleicher Relevanz seien.

Zivile und militärische Luftfahrt hätten mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen: technologischer Fortschritt, Raumfahrt, Veränderungen in der Organisationsstruktur und Pilotenmangel. Die Flugmedizin müsse sich daher kontinuierlich dem Prozess der Reevaluation und Veränderung unterziehen, um weiterhin relevant zu bleiben und Einfluss auf das aktuelle Geschehen in der Luftfahrt zu haben.

Prof. Dr. Anthony S. Wagstaff (GBR), amtierender Präsident der ESAM, hielt den Eröffnungsvortrag des internationalen Flugmedizinischen Symposiums und fokussierte dabei auf die Frage, wie zivile und militärische Flugmedizin voneinander lernen können.

Prof. Wagstaff sieht insbesondere den Mangel an eindeutig evidenzbasierter Medizin im Vergleich zu reiner Erfahrungsmedizin als kritischen Faktor an. Die Flugmedizin müsse daher – basierend auf klar abgeleiteten wissenschaftlichen Erkenntnissen – individuelle Risiken konkret unter Berücksichtigung der Person, des Luftfahrzeugmusters und der Funktion an Bord erheben, beurteilen und eine individualisierte Handlungsempfehlung geben. Eine generische Risikoanalyse, die lediglich eine für das Kollektiv statistisch abgeleitete Bewertung abgibt, werde nach Ansicht von Prof. Wagstaff den heutigen Anforderungen an eine qualitativ hochwertige Flugmedizin nicht mehr gerecht. Für ihn sei es auch wichtig, die Piloten mit in den Prozess einzubeziehen, denn auch von ihnen könnten die Flugmediziner lernen und so wirklich gemeinsam auf die Zukunft hinarbeiten.

Emerging Therapies and Lessons Learned from Aircrew with Heart Disease


Der Leitende Kardiologe der US Air Force, Lieutenant Colonel Dr. Eddie Davenport, stellte Strategien zur individuellen Stratifizierung des koronaren Risikos vor.

Lieutenant Colonel Dr. Eddie Davenport, MD, Leitender Kardiologe der US Air Force, berichtete über seine Erkenntnisse im Umgang mit kardial erkrankten Besatzungsmitgliedern. Da kardiovaskuläre Erkrankungen mit mehr als 60 % den größten Anteil an den Todesursachen in der westlichen Welt haben, seien sie, unabhängig von ihrer flugmedizinischen Relevanz, von erheblicher Bedeutung. Auf Basis von „Big Data“-Langzeitbeobachtungen würden sich im Konsens durchaus Wege eröffnen, die einerseits Piloten trotz Erkrankung einen möglichst langen Verbleib in einer fliegerischen Verwendung ermöglichen würden, ohne andererseits negative Auswirkungen auf das individuelle Risiko und die Flugsicherheit im Allgemeinen zu haben.

Eine wichtige Entscheidungsgrundlage bilde hier die von der Research Task Group (RTG) „Cardiology“ der NATO STO erarbeitete 3D-Risikomatrix, auf deren Basis eine wesentlich dezidiertere individuelle Risikostratifizierung als bisher möglich sei und die ein erster Schritt auf dem Weg zu umfassenden internationalen Guidelines für Personen in Hochrisikoberufen sei. Dieses umfasse für ihn selbstverständlich das gesamte im Bereich der militärischen und zivilen Luftfahrt tätige Personal wie auch beispielsweise Feuerwehrleute, Spitzensportler und Spezialkräfte der Polizei. All diese Personen könnten nach Ansicht von Davenport von einer sorgfältigen individualisierten Risikoanalyse, die auch die sich abzeichnenden Entwicklungen im Bereich der diagnostischen und interventionellen Kardiologie wie beispielsweise Fractional Flow Reserve Messungen und Transkatheter-Aortenklappenersatz berücksichtigt, profitieren.

Die Flugmedizin müsse sich von der reinen Behandlung über die Prävention hin zu einer Leistungsoptimierung der fliegenden Besatzungen weiterentwickeln. Dies sei aber nur im Zusammenwirken internationaler ziviler und militärischer Flugmediziner möglich, weshalb auch er die Kooperation als wichtigsten Faktor zum Erreichen der gesteckten Ziele hervorhob.

Common Cardiovascular Conditions Encountered by the Treating flight surgeon

Oberstarzt Dr. Norbert Güttler hatte für seinen Vortrag in erster Linie die jüngeren Fliegerärztinnen und -ärzte als Zielgruppe gewählt und vermittelte diesen nach dem Motto „back to basics“ wertvolle Grundlagen der flugmedizinischen Diagnostik und Risikoabschätzung kardiovaskulärer Erkrankungen. Auch er stellte die Notwendigkeit der individuellen Beurteilung des Probanden in den Vordergrund, eine Beurteilung nur auf Basis eines statistischen Risikoscores greife zu kurz. Dr. Güttler nutzte einige Fallbeispiele (koronare Herzerkrankung, ventrikuläre Extrasystolie und AV-Block), um aufzuzeigen, wie der flugmedizinische Sachverständige unter Berücksichtigung der grundlegenden Scores bei individueller ­Betrachtung und Risikobewertung zu einem flugmedizinischen Urteil kommen kann, dass sowohl dem Verwendungswunsch und Gesundheitsinteresse des Probanden als auch der Flugsicherheit gerecht wird.

Cardiovascular Risk Assessment in Aircrew Using Advanced Cardiac Imaging

Wing Commander Dr. Joanna d’Arcy vom Centre of Aviation Medicine (UK) komplettierte mit ihrem Vortrag den ersten Themenblock und berichtete darüber, wie bildgebende Verfahren das kardiovaskuläre Risikoassessment nicht nur in der Royal Air Force, sondern generell verbessern können. Sie stellte dar, wie gut Cardio-CT und Cardio-MR in der Lage sind, Funktion, Anatomie, Gewebeveränderungen und angeborene Anomalien von Herz und großen Gefäßen darzustellen. So sei vor allem die Differenzierung von Myokardinfarkt und Myokarditis, aber auch die Identifikation einer hypertrophen Kardiomyopathie mittels dieser Bildgebung zuverlässig möglich. Dr. d’Arcy stellte weiterhin eine Studie der Royal Air Force vor, die zeigt, dass mittels der dargestellten bildgebenden Verfahren in Ergänzung zu den bislang durchgeführten kardiologischen Untersuchungen im untersuchten Piloten-Kollektiv mehr als 80 % derjenigen, die zuvor als fluguntauglich eingestuft worden waren, wieder als flugtauglich eingestuft werden konnten; wenn auch zum Teil mit Einschränkungen. Sie appellierte daher daran, die flugmedizinische Begutachtung unter Nutzung der vorhandenen technischen Möglichkeiten und wissenschaft­lichen Erkenntnisse so individuell wie möglich zu gestalten und die richtigen Fragen zu stellen, um am Ende die bestmögliche Balance zwischen Einsatzbereitschaft und Flugsicherheit zu erreichen.

Session 2 – Aeromedical Evacuation

Future Challenges in Military Aeromedical Evacuation

Multinationale und multimodale Leistungen auf dem Gebiet ­AirMedEvac wurden in der zweiten Session des Symposiums diskutiert. Brigadier General Dr. Patrick Derain (Frankreich) führte in die Vorträge ein.

Oberstarzt Dr. Tillmann Moll, der gemeinsam mit Brigadier General Dr. Patrick Derain (Frankreich) durch die 2. Session führte, stellte das European Air Transport Command (EATC) in Eindhoven vor. Er zeigte auf, dass dem EATC mehr als 60 % aller europäischen Lufttransportfahrzeuge operationell unterstellt sind, aber trotz dieses „Poolings & Sharings“ von mehr als 200 Luftfahrzeugen und mehr als 60 durchgeführten Missionen pro Tag die Zusammenarbeit noch deutlich ausbaufähig sei. So gäbe es bei den neuen Luftfahrzeugmustern A400M und A330 MRTT eine noch nicht ausreichende Harmonisierung von Ausstattung und Einsatzoptionen; auch würde man Beschaffungsvorhaben nicht gemeinsam verfolgen. Dies sei aus seiner Sicht eine vergebene Chance, könne auf lange Sicht die Interoperabilität und Einsatzbereitschaft behindern und die Position der militärischen Luftfahrt gegenüber den Luftfahrt-Großkonzernen schwächen. Gerade unter Berücksichtigung der veränderten Sicherheitslage seien aber gemeinsame Standards und Verfahren wichtig, denn ohne gemeinsame SOPs und die gegenseitige Anerkennung von Ausbildungsinhalten und Gerätezulassungen sowie eine gemeinsame Verwundetenleitstelle seien multinationale und multimodale Missionen im Kontext der Landes- und Bündnisverteidigung nur schwer möglich.

Oberstarzt Dr. Moll plädierte dafür, die aus der bisherigen Arbeit des EATC und der European Air Group (EAG) gewonnenen Erkenntnisse umzusetzen, die Kooperation und Harmonisierung zu intensivieren und so über eine verbesserte Interoperabilität gemeinsam eine höhere Einsatzbereitschaft und Leistungsfähigkeit zu erreichen. Auch für ihn gelte „TOGETHER INTO THE FUTURE“ als Richtschnur für künftiges Handeln.

Aeromedical Evacuation of Patients with Highly ­Infectious Diseases

Der Gedankengang von Dr. Moll wurde von Colonnello Alberto Autore aus Italien aufgegriffen, der mit dem Vortrag zum Lufttransport hochinfektiöser Patienten zwar einen sehr speziellen Aspekt der Flugmedizin thematisierte, der aber „... wie kaum ein anderer von der Teamarbeit beeinflusst wird“. So stellte er anhand eines ­Fallbeispiels aus Sierra Leone dar, dass nur das regelmäßige intensive Training der verschiedenen hochspezialisierten Teams, die genaue Kenntnis der Rolle des jeweils anderen und die Nutzung spezieller Geräte sicherstellen konnte, dass ein Patient mit einem virushämorrhagischen Fieber erfolgreich nach Italien verbracht und dort behandelt werden konnte.

Er zeigte zudem die Herausforderungen auf, die sich bei solchen Transporten stellen, um sowohl eine Verbreitung der Erkrankung als auch eine „in-flight transmission“ zu verhindern. Hierzu stellte er allgemein die Systeme der offenen und geschlossenen Isolation vor und präsentierte die von der italienischen Luftwaffe genutzten Modelle. Abschließend berichtete er von einer im Rahmen der Übung „Vigorous Warrior 2019“ durchgeführten Verlegeübung und betonte, wie wichtig auch hier die internationale Zusammenarbeit mit britischen und rumänischen Kameraden gewesen sei, um den Erfolg der Mission sicherzustellen.

Das Themenspektrum der Vorträge hielt für jeden Teilnehmenden hochaktuelle Informationen auch zu seinem jeweiligen engeren Fachgebiet bereit.

The German A400M Air Transport Wing – Challenges for the Flight Medical Service and AirMedEvac

Die Fliegerärztin des mit dem Airbus A400M ausgestatteten Lufttransportgeschwaders 62 in Wunstorf, Oberfeldarzt Astrid Berg, stellte die Herausforderungen vor, die sie in Grundbetrieb und Einsatz zu bewältigen hat. Nach einem Überblick über die Aufgaben wie auch die personelle und materielle Ausstattung ihrer Fliegerarztgruppe ging sie näher auf das neue Transportluftfahrzeug ein.

Der A400M als „MedEvac-Luftfahrzeug“ biete in der gegenwärtig betriebenen Interimslösung ausreichenden Platz zur Betreuung von zwei Intensiv- und vier Intermediate Care-Patienten. Reichweite und Platzangebot des Luftfahrzeuges wären eine deutliche Verbesserung und erweitern der Handlungsoptionen gegenüber dem Vorgängermodell C-160 Transall, die sich bereits jetzt positiv in der Missionsgestaltung auswirkten.

Ein Problem für ihren Bereich sei, dass sie für die Erfüllung aller Aufgaben (Begutachtung und Behandlung des fliegenden Personals und Durchführung des qualifizierten strategischen und taktischen Patientenlufttransports, etc.) zwar über eine insgesamt ausreichende Personalstärke verfüge, sie aber immer wieder mit kaum kompensierbaren Vakanzen zu kämpfen habe.

Aerospace Medicine in France

Zum Abschluss der 2. Session trug Lieutenant Colonel Matthieu Chaufer (Frankreich) zur Flugmedizin in Frankreich im Allgemeinen und zur beginnenden Kooperation am Standort Evreux nahe Paris im Besonderen vor. Während es zwischen einer deutschen und einer französischen Fliegerarztdienststelle zwar kaum Unterschiede beim Aufgabenportfolio gebe, seien doch Unterschiede hinsichtlich der Aufgabenzuordnung und der Ausbildungsgänge der einzelnen Teammitglieder zu verzeichnen. So könnten im Gegensatz zu den französischen Fliegerarztgruppen die deutschen Bereiche regelhaft auf eine zahnmedizinische Versorgung am Standort zurückgreifen und auch die sportmedizinische Komponente sei umfangreicher aufgestellt. Eine französische Fliegerarztgruppe hingegen verfüge über mehr Assistenzpersonal auf der Ebene der Mannschaftsdienstgrade und sei im Gegensatz zum deutschen Pendant für alle Angehörigen des zugeordneten Geschwaders zuständig.

In der konkreten Ausgestaltung des gemeinsam in ­Evreux zu betreibenden Verbandes mit dem Luftfahrzeug C-130J sei dies ebenso zu berücksichtigen gewesen, wie der Umstand, dass es im Bereich der Tauglichkeitsbegutachtung und der Flugfreigaben nach Erkrankung trotz der zugrundeliegenden STANAG doch Unterschiede zwischen den deutschen und französischen Vorschriften gäbe. Insgesamt halte er das Projekt für sehr vielversprechend und eine gute Gelegenheit, die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Flugmedizin voranzubringen. Es könne trotz der noch zu leistenden Arbeit bereits jetzt als Modell für weitergehende Kooperation dienen.

Session 3: Human Performance und Limitations

Keynote: Human Performance and Limitations


Prof. Dr. Michael Bagshaw vom Kings College London leitete mit seine Keynote Lecture zum Thema „Human Performance and Limitations“ eine hochinteressante Vortragsreihe zu dieser Thematik ein.

Als Keynote Lecturer zu diesem Thema konnte mit Prof. Dr. Michael Bagshaw vom King’s College London (UK) ein weiterer international renommierter Luftfahrtmediziner als Referent gewonnen werden. Er machte gleich zu Beginn deutlich, dass Fehler trotz aller Vorsorge stets passieren werden und dass diese Fehler überwiegend menschliche Ursachen haben. Ausgehend von dieser These zeigte er anhand von Beispielen die Grenzen des menschlichen Organismus sowie mögliche Fehlerquellen und deren Ursachen auf. Dabei es sei fast immer eine Kette vieler kleiner Nachlässigkeiten und Fehleinschätzungen, die am Ende in ein bedrohliches und potenziell lebensbeendendes Ereignis münden. Die grundlegende Einstellung der Beteiligten habe dabei mehr Einfluss auf Erfolg oder Katastrophe als das konkrete Verhalten, denn während man das Verhalten zumindest kurzfristig durch Schulung und Kontrollen beeinflussen kann, lässt sich die grundsätzliche Einstellung nur über einen sehr langwierigen Prozess ändern.

Aufgabe der flugmedizinischen Sachverständigen wie auch der fliegerischen Vorgesetzten sei es, durch konsequentes Training Wissen und Fertigkeiten zu vermitteln, die über eine positive Beeinflussung des Verhaltens und Erfahrungszugewinn letztlich zu einer verbesserten Urteilsfähigkeit führen und schließlich in dem münden, was gerne als „airmanship“ bezeichnet wird. Prof. Dr. Bagshaw hob am Ende noch einmal hervor, dass dieser Prozess nur gemeinsam gelingen kann und Fliegerärzte nicht nur voneinander, sondern auch von den Besatzungsmitgliedern lernen könnten, die sie betreuen – denn nur die gemeinschaftliche Anstrengung führe langfristig zum Erfolg.

Unexplained Physiologic Events in High Performance Aircraft

Ryan S. Mayes (USA) stellte mögliche Ursachen für unerklärte physiologische Ereignisse (UPE) vor, die in den amerikanischen Luftstreitkräften in der Vergangenheit zur mehreren (Beinahe-)Abstürzen geführt hatten; er präsentierte auch entsprechende Lösungsansätze.

Die Aufarbeitung von Ereignissen werde dadurch erschwert, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Luftfahrzeugmuster betroffen sei, es viele verschiedene mögliche Ursachen gebe und die einzelnen Untersuchungen häufig isoliert und ohne systematische Vernetzung zu ähnlich gelagerten Fällen erfolgten. Die Research Task Group HFM-312 „Real-Time Physiological and Psycho-­Physiological Status Monitoring“ der NATO STO biete laut Dr. Mayes einen vielversprechenden Lösungsansatz; hierbei handelt es sich um eine internationale Version des US-amerikanischen COPE Fighter Programms zur multidisziplinären Untersuchung solcher UPE. Durch systematische Untersuchung, wissenschaftliche Aufarbeitung und den Rückgriff auf Daten der internationalen flugmedizinischen Community könne es gelingen, die vielfältigen Stressoren und Gefahrenquellen zu analy­sieren, ihren Einfluss auf die Flugsicherheit zu minimieren und gleichzeitig die Human Performance zu optimieren.

Impact of Hypergravity on Pulmonary

Lieutenant Colonel Dr. Stephanie Montmerle-­Borgdorffaus Frankreich legte den Themenschwerpunkt ihres Vortrags auf das Phänomen des Einflusses von Schwerkraftveränderungen auf die Lungenfunktion. Sie verblüffte zunächst mit der Feststellung, dass der Mensch mit dem Lungenfisch einen gemeinsamen genetischen Vorfahren habe und sich dieses Verwandtschaftsverhältnis auch konkret auf flugphysiologische Phänomene auswirke. Verständlich legte sie dar, welche negativen Auswirkungen Gz-Belastungen und Inhalation reinen Sauerstoffs auf die Lungenfunktion und somit die Leistungsfähigkeit der Piloten haben. Sowohl Compliance als auch Vitalkapazität verschlechtern sich und Piloten selbst wiesen bereits nach einmaliger Gz-Belastung >5 G Veränderungen der Lungenstruktur auf. Dr. Montmerle-Borgdorff konnte allerdings ebenfalls einen Trend aufzeigen, der dem „Positive Pressure Breathing“ einen protektiven ­Effekt gegenüber der Kollapsneigung von Lungenalveolen zuschreibt. Sie lud diesbezüglich Experten anderer Institute zu gemeinsamen Studien ein.

Detection of the Human Stress Level by Evaluation of Voice

Dr. Bernd Johannes vom DLR stellte das Verfahren der Analyse der Stimmmodulation als Möglichkeit zur Stresserkennung vor. Grundlage seiner Forschungen waren die Ergebnisse sowjetischer Versuchsreihen aus der Zeit der MIR-Raumstation, die er nun mit eigenen Forschungsreihen in Kooperation, unter anderem mit dem österreichischen Bundesheer, fortführt.

Nach ersten Ergebnissen ist die Stimmanalyse unter bestimmten Umständen eine sehr vielversprechende Methode, um im Vergleich zu anderen Methoden wie Herzfrequenzvarianz- oder Blutdruckanalyse hochvalide Daten zur aktuellen Stressbelastung des Probanden zu ermitteln. Auch sei diese Methode insbesondere für kommende Langzeitmissionen fernab der Erde geeignet, da sie ohne umfangreiche Ausrüstung und primär unter Nutzung der obligat vorhandenen Kommunikationskanäle Ergebnisse liefern könne.

Ophthalmological Requiremets for Military Pilots Across Europe and the US


Flugophthalmologie im Fokus (von links nach rechts): Oberstarzt Dr. Jörg Frischmuth (ZentrLuRMedLw), Oberstarzt Dr. Bernhard Schober (Österreich), Oberstarzt Dr. Frank Jacobs und Oberfeldarzt Dr. Diana Hering (beide ZentrLuRMedLw)

Major Dr. ­Veronica Poláčková (Tschechische Republik), Dr. ­Ioannis Magounakis (Schweden) und Oberstarzt Dr. Frank Jakobs vom Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe (ZentrLuRMedLw) gaben in einem gemeinsamen Vortrag eine Übersicht zu den unterschiedlichen ophthalmologischen Anforderungen für fliegendes Personal in Europa und den USA. Sie zeigten auf, dass die jeweiligen Standards teilweise sehr unterschiedlich sind und selbst bei grundsätzlich analogen Anforderungen häufig unterschiedliche Testverfahren zum Einsatz kommen. Auch die Grenzwerte und Sondergenehmigungsverfahren unterschieden sich bisweilen deutlich. Deshalb sei angesichts der durch Nutzung von Multifunktionscockpits, Helmdisplays und anderer ­zukunftsweisender Verfahren die Notwendigkeit harmonisierter europäischer Begutachtungs- und Lizen­­sie­rungs­standards deutlich gestiegen. Auch sei multi­nationale ­Kooperation im Bereich der Forschung erforderlich, um diese Standards auch auf valide wissenschaftliche Evidenz zu gründen. Nationale, auf Eminenz basierende ­Alleingänge seien heute keine Option mehr, denn weiterentwickelte Technik und Verfahren erforderten auch weiterentwickelte flugmedizinische Methoden.

Session 4: Flight Physiological and Medical Aspects

Air Crew Neck Pain: Introduction to the Topic


Mit einem lebendigen Vortrag, der praktische Lösungsansätze für den Umgang mit dem Problem „Aircrew Neck Pain“ der kanadischen Streitkräfte vorstellte, leitete Dr. Philip Farrell (Kanada) die Vortragsserie zu flugphysiologischen und -medizinischen Aspekten ein.

Das Problem des Nackenschmerzes bei Piloten von High-Performance-Aircraft der kanadischen Luftstreitkräfte war Thema des Vortrags von Dr. Philip Farrell (Kanada). Er stellte ein entsprechendes Programm zur Mitigation vor. Sein Leitsatz war: „We’ve got aircrew neck pain solutions!“

Nach einer kurzen Darlegung der Ursachen und flugmedizinischen Relevanz von Nackenschmerzen stellte er konkrete Lösungsansätze aus den Bereichen Ausbildung, Training, Ergonomie, Organisation des Flugbetriebs sowie flugmedizinischer und physiotherapeutischer Behandlung vor. Bereits einfache Veränderungen wie die Nutzung spezieller Sitze, sorgfältig angepasste Helme und eine gleichmäßigere Aufgabenverteilung innerhalb der Crew könnten relevante Verbesserung in Bezug auf Nackenschmerzen bewirken, so Dr. Farrell. Er plädierte dafür, auf Basis des „Professional Athlete Modell’s“ eine Intervention so früh wie möglich zu beginnen und optimaler Weise bereits in der Ausbildung angehender Piloten präventive Impulse zu setzen.

Air Crew Neck Pain – Results of the NATO Research Task Group HFM – 252

Ebenfalls zum Thema Neck Pain trugen Captain ­Nathalie Duvigneaud (Frankreich) und Oberfeldarzt Dr. Helmut Dr. Fleischer vor. Sie stellten die Arbeitsergebnisse der NATO STO Research Task Group HFM-252 vor, die die wesentlichen Ursachen für Neck Pain in Air Crew analysiert und Strategien zur Belastungsreduktion, für entsprechende Trainingsprogramme und den besseren Umgang mit Nackenschmerzen entwickelt hatte.

Aeolus – Seeking for Synergies in Time of Economic Scarcity

Lieutenant Colonel Dr. Ted Meeuwsen (Niederlande) zeigte, wie trotz finanzieller Einschränkungen in Zeiten begrenzter Haushaltsmittel durch Einschlagen alternativer Wege Innovationen möglich sind. Er stellte das Projekt „Aeolus“ vor, das als Joint Venture der niederländischen Streitkräfte und mehreren Partnern sowohl etablierter Luftfahrt- und Technologieunternehmen als auch Startups neue Wege geht, um über optimale Nutzung von Synergieeffekten Innovation zu bewirken.

Durch optimale Nutzung der bei allen Partnern verfügbaren Kapazitäten könne man die Innovationsgeschwindigkeit erhöhen und mit der sprunghaften Technologieentwicklung auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrt mithalten. Die sogenannte „Warfighter Readiness“, also die Einsatzbereitschaft und Leistungsfähigkeit des fliegenden Personals, könne dauerhaft nur durch multidisziplinäre und vernetzte Forschung und Entwicklung sichergestellt werden. Er warb dafür, dass weitere Nationen sich dem Projekt anschließen oder aber vergleichbare Wege gehen, um Innovationspotential zu erschließen und die Streitkräfte zukunftssicher und unabhängiger von etablierten Großkonzernen ausrichten zu können.

Swiss/German Experience in Flight Physiological Training (Bron)

The new Centro de Instruccion de Medicina Aeroe­spacial: The Human Performance Challenge (Puente)


Lieutenant Colonel Dr. Beatriz Puente stellte den flugmedizinischen Dienst in Spanien vor.

Oberstarzt Dr. Bernd Brix (ZentrLuRMedLw) dankte Lieutenant Colonel Dr. Denis Bron (Schweiz) für seine Präsentation und die jahrelange gute Zusammenarbeit des Fliegerärztlichen Instituts der Schweiz in Dübendorf mit dem ZentrLuRMedLw und dem Fliegerärztlichen Dienst der Bundeswehr.

Lieutenant Colonel Dr. Denis Bron (Schweiz) und Lieutenant Colonel Dr. Beatriz Puente (Spanien) stellten den flugmedizinischen Dienst ihrer Nationen vor. Vor allem wiesen sie dabei auf die exzellente Zusammenarbeit ihrer Institute mit dem ZentrLuRMedLw hin und bedankten sich explizit für diese Kooperation. Beide waren sich darin einig, dass die wissenschaftliche, technische und operative Kooperation beispielsweise unter Nutzung der Humanzentrifuge in Königsbrück ein wichtiger Grundpfeiler der erfolgreichen Arbeit auf dem Gebiet der Flugmedizin sei, der dazu beitrage, ein besseres gegenseitiges Verständnis für Einsatzgrundsätze und Begutachtungsgrundlagen zu erlangen. Getreu dem ­Motto von Dr. Bron: „Together we can go forward, ­together we can change things!“ fanden beide Referenten neben Worten des Dankes auch Zeit für eine Einladung an das Plenum, sich durch einen Besuch der jeweiligen Einrichtungen in der Schweiz bzw. in Spanien ein eigenes Bild der dortigen flugmedizinischen und flugphysiologischen Fähigkeiten und Kompetenzen zu machen und den internationalen Austausch zum Wohle der Flugmedizin zu vertiefen.

Nationale Fliegerarzttagung der Bundeswehr

Am Nachmittag des 26. Juni 2019 und am Vormittag des 27. Juni 2019 fand die nationale Arbeitstagung der Fliegerärzte der Bundeswehr statt. Unter Leitung von Oberstarzt Priv.-Doz. Dr. Weber (ZentrLuRMedLw) wurden zunächst in Kurzvorträgen aktuelle flugmedizinische Erkenntnisse aus Vorträgen, die in diesem Jahr auf den großen internationalen Tagungen (NATO STO Course in Ramstein, März 2019, und Jahrestagung der Aerospace Medical Association in Las Vegas, Mai 2019) gehalten wurden, vorgestellt. Hierzu wählten die an den jeweiligen Tagungen teilnehmenden Angehörigen des ZentrLuRMedlw jeweils einen Fachvortrag eines internationalen Referenten aus und erörterten den Auditorium dann in Kurzform die Kerninhalte.

Die sich anschließende Reihe der Fachvorträge eröffneten Oberstabsarzt Dr. Sven Kühn (Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz) und Oberstarzt Dr. Hans-Jürgen Noblé (ZentrLuRMedLw) mit einer Vorstellung der ersten Ergebnisse des zerebralen Aneurysma-Screening bei Bewerbern für den Fliegerischen Dienst. Sie zeigten, wie unter Nutzung spezieller Sequenzen mit dem MRT des ZentrLuRMedLw auffällige Veränderungen der zerebralen Gefäße auch ohne Einsatz von Kontrastmittel darstellbar sind. Auch wenn im Mittel lediglich einer von 100 Probanden ein solches Aneurysma aufweist und bislang sämtliche entdeckten Aneurysmata nicht interventionsbedürftig waren, so sei dieses Screening angesichts des Risikos einer „sudden incapacitation in flight“ dennoch sinnvoll und trüge zur Verbesserung der Flugsicherheit bei.

Oberfeldarzt Priv.-Doz. Dr. Stefan Sammito (ZentrLuRMedLw) brachte den Tagungsteilnehmern die NATO STO1 näher. Diese Organisation sei vielen bislang kaum bekannt, ihre Arbeit steuere aber essenzielle Beiträge für die Durchführung von Forschungsvorhaben auch auf dem Gebiet der Flugmedizin. Er erläuterte, wie sich interessierte Fliegerärzte mit eigenen Fragestellungen einbringen können, um diese durch internationale Research Task Groups näher untersuchen zu lassen. Er warb in diesem Kontext für aktive Beteiligung und rief das Auditorium dazu auf, sich entweder durch „activity proposals“ oder Mitarbeit bei Workshops, Symposien oder Research Task Groups einzubringen, um so gemeinsam die Qualität der Flugmedizin innerhalb der NATO zu fördern.

Oberfeldarzt Dr. Michael Nehring (ZentrLuRMedLw) ließ die letzten 10 Jahre des High-G-Zentrifugen-Trainings in Königsbrück Revue passieren und ging dezidiert auf Sinn und Zweck der verschiedenen Inhalte der flugphysiologischen Ausbildung in der Humanzentrifuge ein. Mit Blick auf die Luftfahrzeuge der 4. und 5. Generation und die immensen Anforderungen an den Piloten machte er deutlich, dass diese Anteile auch künftig integraler Bestandteil der Ausbildung bleiben und in Inhalt und Ausrichtung jeweils analog zur Entwicklung der Luftfahrzeuge angepasst werden müssen, um auch weiterhin qualifiziert zur Erhaltung der Einsatzbereitschaft und Flugsicherheit beizutragen.

Die traditionelle Gesprächsrunde des Generalarztes der Luftwaffe mit den Fliegerärztinnen und -ärzten der fliegenden Verbände beschloss den dritten Tag der 64. Fliegerarzttagung.

Forschung und Weiterentwicklung im Fliegerärztlichen Dienst standen im Mittelpunkt des nationalen Anteils der 64. Fliegerarzttagung der Bundeswehr.

Brigadegeneral Hoppe, Luftwaffentruppenkommando, bedankte sich als „Kunde“ des Fliegerärztlichen Dienstes für die gute Betreuung und forderte dazu auf, durch neue Technologien und Verfahren bedingte Veränderungen in der Fliegerei zu antizipieren und am besten bereits vor deren Eintreten zu agieren.

Mit einem Grußwort des Bereichsleiters Luft im Luftwaffentruppenkommando, Brigadegeneral Andreas ­Hoppe, begann am 27. Juni 2019 der letzte Tag der Fliegerarzttagung. Dieser gratulierte dem Fliegerärztlichen Dienst zunächst zum Jubiläum und bedankte sich als „Kunde“ für die gute Betreuung. Aus eigener Erfahrung könne er bestätigen, dass der Wahlspruch „volanti subvenimus“ auch gelebt werde. Dies sei aus „Kundensicht“ auch zwingend erforderlich, denn die mentalen und physischen Anforderungen an die fliegenden Besatzungen, die sich aus den luftfahrzeugtechnischen Entwicklungen der 5. Generation ergäben, würden dazu führen, dass alsbald der Mensch und nicht mehr das Luftfahrzeug die Schwachstelle des Mensch-Maschine-Systems darstellen werde. „Aus Sicht eines ehemaligen Kommodores ist meine Forderung an den Fliegerärztlichen Dienst daher, diese Entwicklung nicht nur zu begleiten, sondern Veränderungen zu antizipieren und auf Augenhöhe mit diesen, besser noch davor zu agieren!“

Die Erarbeitung von Konzepten wie Human Performance Optimization (HPO) seien essenzielle Bestandteile dieser Weiterentwicklung, die aber bislang in den Verbänden noch nicht ausreichend und gewinnbringend umgesetzt würden. Er forderte eine noch intensivere Zusammenarbeit der fachlichen und truppendienstlichen Verantwortungsträger, um gemeinsam die flugmedizinische Betreuung weiter zu entwickeln und die Einsatzbereitschaft und Leistungsfähigkeit des fliegenden Personals zu optimieren.

Generalarzt Prof. Dr. Schick bedankte sich seinerseits für die Wertschätzung durch die Luftwaffenführung und führte an, dass die Aussagen von Brigadegeneral Hoppe ihm aus dem Herzen sprächen. Genau dies sei der Anspruch des Fliegerärztlichen Dienstes, der zur optimalen Aufgabenerfüllung aber auf Input seitens der Verbände wie auch der internationalen Flugmedizinischen Community angewiesen sei. Daher seien internationale Symposien wie die 64. Fliegerarzttagung auch von so großer Bedeutung.

Oberstarzt Dr. Oliver Erley (ZentrLuRMedLw) trug zum aktuellen Stand der Forschung im Fliegerärztlichen Dienst vor. Das ZentrLuRMedLw sei die einzige Ressortforschungseinrichtung der Luftwaffe und bilde in ihrer Forschungstätigkeit ein wichtiges Bindeglied zwischen Luftwaffe und Sanitätsdienst. Um die Forschung konsequent auf die zukünftigen Herausforderungen auszu­richten, wurden dazu gemeinsam mit dem Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr vier Forschungsschwerpunkte in der Luft- und Raumfahrtmedizin erarbeitet:

Zur effektiven Gestaltung und Koordinierung der Forschungstätigkeit wurde zudem am ZentrLuRMedLw eine zentrale Ansprechstelle „Forschungsmanagement“ eingerichtet. Oberstarzt Dr. Erley betonte zum Abschluss, dass bereits zum jetzigen Zeitpunkt vielfältige Forschungsvorhaben und Aktivitäten innerhalb des FlgÄrztlDstBw unternommen werden, es aber unabdingbar sei, diese besser zu koordinieren und dabei das gemeinsame Ziel, nämlich bedarfsgerechte, praxisrelevante Fragestellungen zu identifizieren, wissenschaftlich zu analysieren und die anschließende konkrete Umsetzung von Erkenntnissen im Auge zu behalten.

In einer weiteren Präsentation trug Oberstarzt Dr. Erley ausführlich zum Konzept Human Performance Optimization (HPO) vor. Nach Vorstellung von Grundidee und Zweck von HPO legte er dar, welche Herausforderungen es bei der Umsetzung des Konzepts bislang gegeben habe und wie viele Dienststellen und Entscheidungs­träger an dem Prozess beteiligt sind. Neben kon­zeptionellen und fachlichen Vorgaben, die primär im ­ZentrLuRMedLw bearbeitet werden, sind für Infrastrukturmaßnahmen und materielle Ausstattung in erster Linie die truppendienstlichen Vorgesetzten gefordert, so dass hier nur ein abgestimmtes Vorgehen erfolgversprechend ist, um das Konzept zukunftssicher umzusetzen. Die einzelnen Prozessschritte müssten mit der erforderlichen Sorgfalt und Stringenz abgearbeitet werden, um letztendlich die Umsetzung zu ermöglichen. Er rief in diesem Zusammenhang das Plenum dazu auf, aktiv mitzuarbeiten und dem ZentrLuRMedLw Kritik und Anregungen aus den Verbänden zugänglich zu machen, damit man mit diesem Input gemeinsam ein qualitativ hochwertiges Produkt für die fliegenden Besatzungen bereitstellen kann.

Oberstabsarzt Dr. Markus Andersen aus Wittmund stellte einen Fallbericht aus dem Bereich der fliegerärztlichen Versorgung bei der Verstärkung Air Policing Baltikum vor. Er zeigte auf, welche mannigfaltigen Herausforderungen sich aus der Dislozierung und dem Aufgabenspektrum für den Fliegerarzt in Estland ergeben können und wie wichtig flugmedizinische Expertise und Flexibilität im konkreten Fall sein können, um die bestmögliche Versorgung des anvertrauten Personals zu gewährleisten.

Oberstarzt Dr. Bernd Brix, Leitender Fliegerarzt der Luftwaffe, erörterte die Entwicklung und aktuellen Voraussetzungen für die regelmäßige Relizenzierung als Flugmedizinischer Sachverständiger der Bundeswehr (FlMedSachvBw). Er betonte, dass analog zur Wehrfliegerverwendungsfähigkeit auch der FlMedSachvBw einer Relizenzierungspflicht unterliegt und diese für viele Fliegerärzte noch in diesem Jahr ansteht. Er zeigte auf, dass über die Teilnahme an der Fliegerarzttagung oder auch internationalen Tagungen wie RAMS oder AsMA, an flugmedizinischen Trainings sowie weiteren ausgewählten Veranstaltungen die erforderlichen 30 Fortbildungspunkte zur Relizenzierung erworben werden können. Zusätzlich stellte er einen E-Lehrgang zum Erwerb weiterer Punkte in Aussicht, der sich in einer fortgeschrittenen Entwicklungsstufe befinde. Oberstarzt Dr. Brix wies auch darauf hin, dass das ZentrLuRMedLw zwar in den Prozess der Lizenzierung eingebunden sei, die Zuständigkeit aber beim Luftfahrtamt der Bundeswehr liege, so dass entsprechende Anfragen letztinstanzlich an diese Stelle zu richten sind.

Zum Abschluss des wissenschaftlichen Programms wurden unter Leitung von Oberstarzt Dr. Jörg Frischmuth (ZentrLuRMedLw) die aktuellen Entwicklungen und Empfehlungen zu den flugmedizinischen „Policy-Letter“ für die jeweiligen Fachgebiete vorgestellt.

Bilder: © Bundeswehr/Stephan Ink

Verfasser
Oberfeldarzt Dr. Heidi-Sabrina Borsch
Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe
E-Mail: heidisabrinaborsch@bundeswehr.org

1 In der Ausgabe 6/2019 der Wehrmedizinischen Monatsschrift werden das Human Factors and Medicine Panel und die Arbeit der NATO STO ausführlich vorgestellt.