Wehrmedizinische Monatsschrift


TOGETHER INTO THE FUTURE

64. Fliegerarzttagung der Bundeswehr – Tagungsbericht

Fürstenfeldbruck, 24.-27. Juni 2019


Heidi Borscha

a Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Köln


„60 Jahre institutionalisierte Flugmedizin in der Bundeswehr!“ – mehr als 250 Teilnehmende waren zur 64. Fliege­rarzttagung der Bundeswehr nach Fürstenfeldbruck angereist, um dieses Jubiläum würdig zu begehen. Neben den Angehörigen des „Teams Flugmedizin“ aus den militärischen Organisationsbereichen der Bundeswehr hatten auch zahlreiche internationale Expertinnen und Experten1 auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrtmedizin den Weg nach Bayern gefunden, um passend zum Tagungsmotto „Aerospace Medicine – ­TOGETHER INTO THE FUTURE“ die Fliegerärzte der Bundeswehr an ihren Erfahrungen aus flugmedizinischer Versorgung und Forschung teilhaben zu lassen.

Zur 64. Fliegerarzttagung hatten auch zahlreiche Ehemalige – wie die Oberstärzte a. D. Dr. Heiko Welsch, Prof. Dr. Hans Pongratz, Dr. Franz Grell und Dr. Wolfgang Schardt (erste Reihe von rechts) – den Weg nach „Fürsty“ gefunden.


Den zentralen Teil der 64. Fliegerarzttagung bildeten ein eineinhalbtägiges internationales Symposium und eine akademische Stunde anlässlich des Jubiläums „60 Jahre Flugmedizin in der Bundeswehr“. Mehr als 20 internationale militärische und zivile Experten aus der luft- und raumfahrtmedizinischen Forschung stellten die Ergebnisse ihrer wissenschaftlichen Arbeit vor und diskutierten diese mit den Teilnehmenden. Das Symposium war in die nationale Fliegerarzttagung der Bundeswehr eingebettet.

Leider wurde die Veranstaltung durch den unmittelbar zu Tagungsbeginn bekanntgewordenen Absturz von zwei Eurofightern in Norddeutschland überschattet, bei dem ein Luftfahrzeugführer sein Leben verlor. Die Nachricht von diesem schrecklichen Ereignis löste bei den Anwesenden tiefe Betroffenheit aus.

Eröffnung

„Die in der Luftfahrt traditionell gelebte internationale ­Zusammenarbeit wird bei dieser Tagung eindrucksvoll sicht- und greifbar!“ betonte der Generalarzt der Luftwaffe, Generalarzt Prof. Dr. Rafael Schick, bei seiner Eröffnungsrede. Er wies nachdrücklich darauf hin, dass sich auch im fliegerärztlichen Bereich nur durch multinationale Zusammenarbeit die aus der veränderten Sicherheitslandschaft resultierenden neuen Aufgaben und ­Herausforderungen meistern lassen.

Prof. Dr. Schick konnte neben den Mitgliedern seines „Teams Flugmedizin“ auch Vertreter der Kassenärzt­lichen Bundesvereinigung, der Bayerischen Landesärztekammer, des Wissenschaftlichen Beirats sowie eine große Zahl nationaler und internationaler Gäste aus Politik, Wissenschaften und Streitkräften begrüßen, ­bevor er das Wort an den „Hausherrn“ des Fliegerhorstes Fürstenfeldbruck übergab.

Brigadegeneral Michael Traut, Kommandeur der Offizierschule der Luftwaffe und Standortältester, gratulierte in seinem Grußwort dem Fliegerärztlichen Dienst der Bundeswehr zu seinem 60. Jubiläum und erinnerte ­daran, dass der Standort Fürstenfeldbruck nicht nur die Wiege der Flugmedizin der Bundeswehr, sondern auch die Geburtsstätte der bundesdeutschen Luftwaffe sei. Hier seien bereits im Jahr 1956 die ersten Luftfahrzeugführer der noch jungen Bundeswehr von amerikanischen Kameraden ausgebildet und der Standort 1957 von den US-Streitkräften als erster Fliegerhorst an die Bundeswehr übergeben worden. Er betonte im Weiteren die stets enge Zusammenarbeit zwischen den Verantwortungsträgern der Verbände und dem Fliegerärztlichen Dienst der Bundeswehr – für ihn ein wesentlicher Grund für die kontinuierliche Leistungserbringung der Luftwaffe und das gesundheitliche Wohlergehen ihrer Angehörigen.

Aktuelles aus dem Fliegerärztlichen Dienst der Bundeswehr und der Luft – und Raumfahrtmedizin

Zu Beginn seines Überblicks über die aktuellen Schwerpunkte im Fliegerärztlichen Dienst der Bundeswehr stellte Generalarzt Prof. Dr. Schick zunächst fest, dass das Team Flugmedizin auf das bisher Erreichte stolz zurückblicken könne. Er forderte alle dazu auf, bei der Lösung der anstehenden Probleme konstruktiv mitzuarbeiten und den Blick in die Zukunft zu richten. Bei der Bewältigung der mannigfaltigen Herausforderungen käme der multinationalen Kooperation in den Bereichen Forschung und Wissenschaft sowie bei Ausbildung und Einsatz eine herausragende Bedeutung zu. Beispiele seien die intensivierte Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die umfängliche Beteiligung an Arbeitsgruppen und Panels in der NATO Science and Technology Organization (STO) sowie die Projekte der European Air Group (EAG) und des European Air Transport Command (EATC).

Eingehend auf aktuelle Herausforderungen nannte er als Beispiele die Steigerung der Prüfkapazitäten im Bereich der Eignungsfeststellung und Begutachtung, den gemeinsamen Betrieb einer deutsch-französischen Lufttransportstaffel im französischen Evreux sowie die Einführung neuer Luftfahrzeugmuster wie den A330 MRTT. Er wies auf die Neuregelungen der Flugunfallbereitschaft an den Standorten der Luftwaffenverbände sowie der flugmedizinischen Ausbildung hin und stellte bereits in Realisierung bzw. Planung Befindliches vor. Seine Botschaft lautete: „Gemeinsam können und werden wir es schaffen!“

Nach Vorstellung aller neuen Mitglieder des Teams Flugmedizin richtete er im Namen aller Anwesenden eine Grußbotschaft an die sich aktuell im Einsatz befindlichen Kameradinnen und Kameraden.

Standortbestimmung des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr

Der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Generaloberstabsarzt Dr. Ulrich Baumgärtner, drückte zunächst seine Betroffenheit und tiefe Anteilnahme angesichts des Flugunfalls aus. Diese ohnehin schlimme Nachricht treffe ihn ob seiner in diversen Lehrgängen und Praktika gewachsenen Verbundenheit zur Luftwaffe ganz besonders.

In einer von klaren Worten geprägten Tour d’horizon gab Generaloberstabsarzt Dr. Baumgärtner einen Überblick über die politische Großwetterlage und zog die nach seiner Bewertung daraus resultierenden Schlussfolgerungen für den Sanitätsdienst der Bundeswehr. Als dessen Inspekteur fühle er sich auch für die sanitätsdienstlichen Anteile in den übrigen Organisationsbereichen verantwortlich, die er als untrennbare Bestandteile des sanitätsdienstlichen Gesamtsystems mit wertvoller Expertise in ihrem jeweiligem Fachgebiet ansehe. Das „Gesundheitssystem Bundeswehr“ sei auf zukunftsgewandtes Denken und kreative Ideen aus allen Bereichen angewiesen. Und er sei gerne bereit auch emotional zu streiten, um auf diesem Wege besser in der Sache zu werden.

Der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Generaloberstabsarzt Dr. Baumgärtner, nahm viele Gelegenheiten zur Diskussion und zum Gedankenaustausch mit „seinen“ Fliegerärzten wahr – hier im Gespräch mit Oberstarzt Dr. Thilo Zweigner, Stellvertreter des Generalarztes der Luftwaffe (Mitte), und Oberstarzt Dr. Bernd Brix, Leitender Fliegerarzt der Luftwaffe (rechts).

Generaloberstabsarzt Dr. Baumgärtner forderte abschließend dazu auf, die mit Akademisierung einzelner Assistenz­berufe und Aufwertung der Facharzt-Dienstposten begonnene Attraktivitätssteigerung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr konsequent weiter zu verfolgen. Er ­erwarte, dass sich alle aktiv in diesen Prozess einbringen, mitarbeiten, mitreden und über den Tellerrand blicken. Dies gelte auch für die internationale ­Zusammenarbeit, denn man könne auch international viel voneinander lernen und sich so gemeinsam auf den Weg zu einem synchronisierten, leistungsfähigen europäischen Sanitätsdienst innerhalb der NATO machen.

Auszeichnungen und Ehrungen

Der Abschluss des ersten Tages stand traditionell im ­Zeichen der Würdigung herausragender Leistungen im Fliegerärztlichen Dienst.

Generalarzt Prof. Dr. Schick zeichnete Oberstabsfeldwebel Thomas Kandert in Anerkennung seines „langjährig geleisteten Dienstes für das Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe (ZentrLuRMedLw) ­sowie den Fliegerärztlichen Dienst der Bundeswehr“ mit einem Bestpreis aus.

Verleihung der Awards 2019 durch den Generalarzt der Luftwaffe: Oberstarzt Dr. Güttler (linkes Bild) erhielt den Scientific Award, Hauptmann Ballack (rechtes Bild) den Special Achievement Award: Die Teams der Fliegerarztbereiche der Marinefliegergeschwader 3 und 5 (mittleres Bild) wurden mit dem Award Team Flugmedizin 2019 ausgezeichnet (von links nach rechts: Flottillenarzt Oliver Traue, Flottillenarzt Dr. Dietmar Anders, Flottillenarzt d. R. Alf Röpke, Hauptbootsmann Normann Rentz, Flottillenarzt Sebastian Löhberg).

Vier Sanitätsstabsoffiziere konnten das Tätigkeitsabzeichen „Fliegerarzt“ aus der Hand des Generalarztes der Luftwaffe entgegennehmen.

Stufe III „Gold“:

• Oberfeldarzt Dr. Thomas Meier (Ausbildungs- und Übungszentrum Luftbeweglichkeit, Celle)

• Oberfeldarzt d. R. Dr. Stefan Gurske (Taktisches Luftwaffengeschwader 73 „Steinhoff“, Laage)

Stufe I „Bronze“:

• Oberstabsarzt Dr. Johannes Wenning (Taktisches Luftwaffengeschwader 31 „Boelcke“, Nörvenich)

• Oberstabsarzt Bastian Schön (Bundesamt für des Personalmanagement der Bundeswehr, Köln)

In Anerkennung und Würdigung der vorbildlichen Zusammenarbeit und des herausragenden Engagements aller Teammitglieder wurden die Angehörigen der Fliegerarztbereiche der Marinefliegergeschwader 3 und 5 in Nordholz mit dem „Award Team Flugmedizin 2019“ ausgezeichnet.

Oberstarzt Dr. Norbert Güttler, Leiter des Dezernates II 3 b „Innere Medizin“ am ZentrLuRMedLw erhielt in Würdigung seiner herausragenden wissenschaftlichen Arbeiten im Rahmen der Research Task Group HFM-251 „Occupational Cardiology in Military Aircrew“ der NATO STO den „Scientific Award 2019“. Dr. Güttler ist ein ­national wie international gefragter kardiologischer ­Experte und hat durch zahlreiche Veröffentlichungen die Impact-Punkte nach der Habilitationsordnung der Universität Gießen mehr als erfüllt.

Mit dem „Special Achievement Award 2019“ wurde Hauptmann Stefan Ballak für sein langjähriges herausragendes Engagement im und für das ZentrLuRMedLw und den gesamten Fliegerärztlichen Dienst der Bundeswehr geehrt. Das gesamte Team Flugmedizin gratulierte und dankte ihrer „grauen Eminenz der Fliegerarzttagung“ mit stehendem Applaus.

Akademische Stunde „60 Jahre Flugmedizin“

Das Jubiläum „60 Jahre Flugmedizin“ wurde aus gegebenem Anlass in Form einer Akademischen Stunde in einem zurückhaltenden Rahmen ohne musikalische Begleitung begangen. Generalarzt Prof. Dr. Schick sprach zu Beginn den Angehörigen und Kameraden des verstorbenen Luftfahrzeugführers sein Mitgefühl aus.

Der Generalarzt der Luftwaffe machte einleitend noch einmal deutlich, dass der Wesensinhalt der Flugmedizin der Dienst am fliegenden Personal sei, der im Motto des Fliegerärztlichen Dienstes „volanti subvenimus“ so treffend zum Ausdruck kommt. Fürsorge, Betreuung, Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit sowie optimale Förderung von Leistung und Einsatzbereitschaft seien die Ziele für das fliegende Personal, die die ­Angehörigen des Fliegerärztlichen Dienstes tagtäglich verfolgten. „Aus diesem Grunde danke ich an dieser Stelle auch meinen Frauen und Männern hier und jetzt ausdrücklich für die stets herausragende Arbeit!“, sagte er. Er sei sich sicher, dass alle Angehörigen des „Team Flugmedizin“ auch künftig motiviert und professionell ihren Auftrag erfüllen werden.

Die Teilnehmenden des Internationalen Symposiums verfolgten aufmerksam auch die Vorträge der akademischen Stunde.

Grußwort des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr

Generaloberstabsarzt Dr. Baumgärtner gratulierte dem Fliegerärztlichen Dienst der Bundeswehr anlässlich des 60-jährigen Jubiläums. Mit seiner Teilnahme an der akademischen Stunde wolle er ein sichtbares Zeichen dafür setzen, dass er den Fliegerärztlichen Dienst der Bundeswehr als Teil seiner Gesamtverantwortung erachte. Er habe die feste Absicht, an einem intensiven und synergistischen Zusammenwirken aller Beteiligten innerhalb des Systems Sanitätsdienst der Bundeswehr festzuhalten und dieses zu intensivieren. Für die zukünftige Entwicklung sei dieses Zusammenwirken ebenso wichtig wie die Kooperation und Nutzung von Synergieeffekten mit ­Experten aus dem zivilen Bereich, weshalb er sehr an einer Intensivierung der bereits bestehenden Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) interessiert sei. Am Standort Köln werde sich so ein flugmedizinisches Exzellenzzentrum mit nationaler und internationaler Reputation entwickeln.

Der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr rief abschließend dazu auf, die bestehenden Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Er erwarte, dass die Flugmedizin in den Bereichen Mensch-Maschine-Interaktion, Robotik und Human Performance Optimization mit den technischen Entwicklungen Schritt halte, um auch in den kommenden 60 Jahren die Leistungsfähigkeit des fliegenden Personals zu erhalten und zu fördern.

Das Internationale Symposium bot eine für viele möglicherweise einmalige Chance, flugmedizinische Fragen über nationale Grenzen hinweg zu diskutieren: Hauptmann Khalid Hashimi, ZentrLuRMedLw, im Gespräch mit Dr. Phillip Farrell, Senior Defence Scientist der Kanadischen Streitkräfte.

Grußwort aus dem DLR

Als Vertreter des DLR hob Prof. Dr. Rolf Henke die schon heute enge Zusammenarbeit in Köln hervor. Köln sei ein international anerkannter Standort auf dem Gebiet der luft- und raumfahrtbezogenen Forschung mit exzellenter Kooperation, die es zu intensivieren gelte. Der ­gemeinsame Neubau des ZentrLuRMedLw und des DLR in Köln-Wahn sei ein Schritt in die richtige Richtung. Auch die gemeinsame Nutzung von Großgeräten wie Kurzarmzentrifuge, Klimakammer und Hochleistungs-MRT sowie die Zusammenarbeit bei der Beantwortung wissenschaftlicher Fragestellungen könne die in beiden Bereichen vorhandene Expertise bündeln, um auch künftig auf international hohem Niveau zu agieren. Er entwickelte die Vision eines gemeinsamen Forschungscampus in Köln, auf dem Forschung, angewandte Wissenschaft und Lehre auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrttechnologie und -medizin gemeinsam gelebt werden. In diesem ­Zusam­menhang appellierte er an alle Beteiligten, die zivile und militärische Zusammenarbeit nachhaltig und in enger Abstimmung zu gestalten.

60 Jahre Flugmedizin in der Bundeswehr – ein Blick zurück

Oberstarzt Dr. Lothar Bressem vom ZentrLuRMedLw in Fürstenfeldbruck gab einen Rückblick auf 60 Jahre Flugmedizin in der Bundeswehr. Mit zahlreichen Fotos und Bilddokumenten aus der jeweiligen Zeit gab sein Vortrag einen ebenso unterhaltsamen wie informativen Überblick über die Entwicklung des Fliegerärztlichen Dienstes von seinen Kindertagen in den späten 1950er Jahren, über den Kalten Krieg und die Wiedervereinigung Deutschlands bis hin zum heutigen „Team Flugmedizin“. Meilensteine wie die Aufstellung der Fachabteilung Flugpsychologie wurden genauso erwähnt wie die Indienststellung neuer Großgeräte zur flugphysiologischen Ausbildung und simulatorgestützten Eignungsfeststellung. Der eine oder andere Anwesende hatte bei Dr. Bressems Vortrag die Gelegenheit, seinem Alter Ego aus früheren Zeiten auf der Leinwand zu begegnen, was nicht selten zur Erheiterung des Plenums führte.

Prof. Dr. Dr. Oliver Ulrich, Schweiz, nahm das Auditorium bei seinem Jubiläumsvortrag mit auf eine virtuelle Reise von den Anfängen der Menschheit bis an die Grenzen unseres Sonnensystems.

Eine Frage des Horizontes: Von der Flugmedizin zur Weltraummedizin

Höhepunkt der akademischen Stunde war der Jubiläumsvortrag, für den Prof. Dr. Dr. Oliver Ullrich aus ­Zürich gewonnen werden konnte. Er begann seine virtuelle Reise vor mehr als 200 000 Jahren mit dem Beginn der Menschheit. Diese sei in ihrer gesamten Entwicklung und Besiedlung des Planeten Erde stets durch Mobilität geprägt gewesen. Das habe dazu geführt, dass der Mensch als hochmobiles Wesen überlebt und zur dominierenden Spezies herangewachsen sei, die nun den Planeten beherrsche. Dieser Entdeckergeist sei selten durch ein konkretes Ziel motiviert gewesen, sondern Forschung sei damals wie heute um ihrer selbst willen betrieben worden – getragen von der Bereitschaft, trotz hoher Risiken und ungewissen Ausgangs in das Unbekannte vorzustoßen.

Die Flugmedizin sei von jeher auch eine Medizin der Mobilität gewesen, die nunmehr vor einer weiteren großen Herausforderung stehe – der Eroberung des Weltalls,was angesichts einer verbleibenden Lebensspanne der Erde von gut 1,5 Milliarden Jahren, wachsender Weltbevölkerung und steigenden Rohstoffbedarfs eine logische Konsequenz sei. Diese Entwicklung sei medizinisch zu begleiten, wobei man sich Herausforderungen wie Schwerelosigkeit, kosmischer Strahlung und unvorstellbar großen Distanzen stellen müsse.

Bemannte Raumfahrt sei wie die Entdeckungsreisen früherer Zeiten mit Risiken verbunden. Es gelte, diese zu akzeptieren, zu minimieren und die grundsätzlich vorhandene Anpassungsfähigkeit des menschlichen Organismus optimal zu unterstützen. Mit einem langen Atem und Geduld in der Forschung – und nicht mit Fokus auf kurzfristige Erfolge oder „return on investment“ – sei das langfristige Ziel im Blick zu behalten, nämlich die schrittweise Exploration des Sonnensystems und der Weiten des Alls. Dabei käme es mehr denn je auf Teamarbeit an – auch beim Apollo-Programm hätten mehr als 400 000 Menschen gemeinsam auf ein Ziel hingearbeitet und ob der Relevanz dieses Ziels Selbstverwirklichung und eigenes Profil hintangestellt.

Ein Mitschnitt des Vortrags von Prof. Dr. Dr. Ullrich steht als Stream in der E-Paper-Version dieser Ausgabe der Wehrmedizinischen Monatsschrift zur Verfügung. zum Video

„Together into the Future“ – gemeinsame Interessen in der Flugmedizin bringen Angehörige vieler Nationen zusammen – Generalarzt Prof. Dr. Schick im Gespräch mit Experten aus Litauen.

Schlusswort

Generalarzt Prof. Dr. Schick bedankte sich bei allen Vortragenden, den geladenen Gästen sowie den Angehörigen des Teams Flugmedizin. Er hob noch einmal hervor, dass das ihm gegenübersitzende Plenum sinnbildlich für die multidisziplinäre und vielfältige zivil-militärische ­Kooperation auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrtmedizin stehe und lud nachfolgend zum freien Gedankenaustausch ein.

Wissenschaftliches Programm

Mit 18 Fachvorträgen (englisch) im internationalen Symposium sowie 13 Präsentation, zwei Workshops und 2 Diskussionsveranstaltungen im nationalen Teil der Fliegerarzttagung wurde den Teilnehmenden ein breitge­fächertes Programm auf hohem fachlichen Niveau geboten. Die Themen streiften nahezu alle Fachgebiete der Luft- und Raumfahrtmedizin und Flugpsychologie. Auch hier standen mit Vorträgen zu „Aircrew Neck Pain“, „Avia­tion Cardiology“ oder „Human Performance“ die Ergebnisse internationaler Studien und Arbeitsgruppen im Fokus. Auf Grund des Umfangs stehen Inhaltsangaben der Vorträge nur im E-Paper dieser Ausgabe der Wehrmedizinischen Monatsschrift zur Verfügung.

Abschied und Ausblick

Zum Ende der Tagung verabschiedete Generalarzt Prof. Dr. Schick diejenigen, die dem Team Flugmedizin aus unterschiedlichen Gründen im kommenden Jahr nicht mehr angehören – sei es, da sie in den Ruhestand treten oder sich künftig einer neuen Herausforderung im Sanitätsdienst der Bundeswehr stellen. Auch er selbst wird zum Ende des 1. Quartals 2020 aus dem aktiven Dienst ausscheiden.

Einen besonderen Dank richtete er an die Organisiatoren, die unter der Leitung von Oberfeldarzt Dr. Mirjam Spengler, Hauptmann Sascha Haude und Hauptmann Stefan Ballak die 64. Fliegerarzttagung und das internationale Symposium geplant und betreut hatten. Er betonte, dass das Engagement aller Beteiligten maßgeblich zum Gelingen der Gesamtveranstaltung beigetragen habe. „Fürsty 2019“ werde insbesondere bei den internationalen Gästen in guter Erinnerung bleiben.

Generalarzt Prof. Dr. Schick zeigte sich zuversichtlich, dass auch die Ausrichtung der 65. Fliegerarzttagung der Bundeswehr – geplant für den 10.-12. November 2020 in Dresden – bei diesem Team in besten Händen sei.

Impressionen zur 64. Fliegerarzttagung der Bundeswehr

Bilder: © Bundeswehr/Stephan Ink

Verfasser
Oberfeldarzt Dr. Heidi-Sabrina Borsch
Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe
E-Mail: heidisabrinaborsch@bundeswehr.org

1 In diesem Beitrag wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit teilweise auf eine geschlechtsbezogene Formulierung verzichtet. Gemeint sind jedoch stets alle Geschlechter.