Wehrmedizinische Monatsschrift

TEAMWORK UND FITNESS

„Damage Control Surgery“ – Contest
auf anspruchsvollem Parcours in Ostfriesland

Michael Klaus a

a Bundeswehrkrankenhaus Westerstede

 

Am 29. Januar 2020 traten 20 Sanitätsstabsoffiziere aus 5 Bundeswehrkrankenhäusern an, um sich beim „DCS“-Contest – diesmal im ostfriesischen Hesel – zu messen. Bei diesem seit 2014 nun zum siebten Mal im zeitlichen Zusammenhang mit der ARCHIS-Tagung stattfindenden Wettbewerb sind sportliche, militärische und fachliche Fähigkeiten in gleicher Weise gefragt.

Ausrichter war in diesem Jahr das Bundeswehrkrankenhaus (BwKrhs) Westerstede, das gemeinsam mit dem Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst „Ostfriesland“ ­(KdoSES) aus Leer und unterstützt von Kameraden des Objektschutzregiments der Luftwaffe „Friesland“ (ObjSRgtLw) aus Schortens „den Contest 2020“ vorbereitet hatte. Auf dem Standortübungsplatz Hesel bei Leer wartete ein anspruchsvoller Parcours auf die ­Teilnehmenden, der von mehr als 70 Angehörigen der 2./KdoSES, des ObjSRegLw und des BwKrhs Westerstede betreut wurde.

Spannender und fordernder Wettkampf

Beim DCS-Contest stellt jedes Bundeswehrkrankenhaus eine Mannschaft mit 4 Sanitätsoffizieren. Von diesen muss mindestes eine(r) Jung-Fachärztin/Facharzt für ­Chirurgie und eine(r) Assistent(in) bzw. Fachärztin/Facharzt aus der ­Anästhesie sein.

Abb. 1: Noch regnete es nicht, als die Teams aus 5 Bundeswehrkrankenhäusern zum DCS-Contest 2020 auf dem Standortübungsplatz Hesel am Morgen des 29. Januar 2020 antraten.

Die 5 Teams mussten diesmal ihre Fähigkeiten in einem Kreisparcours auf 5 Stationen unter Beweis stellen, wobei ihnen die zu erfüllenden Aufgaben vorher nicht bekannt waren. Um eventuell mögliche Vorteile als „Heimmannschaft“ auszuschließen, nahm das Team aus dem Bundeswehrkrankenhaus Westerstede außer Konkurrenz teil. Die Wertung erfolgte gleichgewichtet in den Kategorien Geschwindigkeit, fachliche Qualität/Präzision und Teamwork. Die Schiedsrichteraufgaben hatten Ausbilder des KdoSES, des ObjSRegLw sowie für den fachlichen Teil erfahrene Sanitätsstabsoffiziere der Kliniken X (Anästhesie, Intensiv-, Notfall- und Schmerz­medizin) und XIV (Unfallchirurgie und Orthopädie, Plastische, Rekonstruk­tions- und Handchirurgie) des BwKrhs Westerstede übernommen.

EFMB-Lane – eine etwas andere Hindernisbahn

Der in Anlehnung an den Wettbewerb um das US-Sanitätsabzeichen „Expert Field Medical Badge“ benannte und dort zu findenden Prüfungen inspirierte Hindernisparcours wurde von jedem einzelnen Teilnehmer „auf Zeit“ absolviert. Um zu einem verletzten Kameraden zu gelangen, mussten Geländehindernisse überwunden, eine Waffe unter erschwerten Bedingungen zusammengesetzt, ein Feuerkampf geführt und ein Täuschkörper (Nebeltopf) gezielt eingesetzt werden.

Schlussendlich wurde der Verletzte erstversorgt („care under fire“), aus der Gefahrenzone geborgen, einer ersten Untersuchung/Behandlung unterzogen („tactical field care“) und fiktiv zur weiteren Behandlung übergeben.

Abb. 2: Bergen und Abtransportieren eines Verletzten gehörten zu den Aufgaben auf der „EFBM-Lane“

Handicap-Parcour – nur im Team zu bewältigen

Die Angehörigen der Teams wurden bei dieser Aufgabe mit „Handicaps versehen“ (blind, taub, rechte bzw. linke Hand unbrauchbar). Hierdurch waren alle gezwungen, in den folgenden Aufgaben koordiniert miteinander zusammen zu arbeiten. Erschwerend kam hinzu, dass ein nicht gehfähiger Verletzter mitgeführt und die ganze Zeit betreut werden musste.

Die „Feindlage“ erforderte ein Zurücklegen der Distanz zwischen den Stationen in einem Waldstück im Sprung und ein weitgehendes Bewegen in Deckung während aller Aufgaben. So wurden auch an sich „einfache“ Aufgaben, wie z. B. Waffendrill, für „Einhändige“ bzw. ­„Blinde“ zu einer Herausforderung – besonders mit der kontinuierlich weiterlaufenden Zeitmessung im Nacken.

Abb. 3: Der Verletzte konnte auf dem „Handicap-Parcours“ nur dann erfolgreich versorgt werden, wenn sich die Team-Mitglieder im ­wahrsten Sinne des Wortes „blind“ aufeinander verlassen konnten.

Fachliche Herausforderung: DCSU

Diese Station, eine komplette erweiterte DCSU (Damage Controll Surgery Unit), war der in fachlicher Hinsicht anspruchvollste Teil des Contest. Hier mussten die Teams zwei Schwerverletzte behandeln und einen Damage ­Control Eingriff an einem Phantom (Cut Suit) durchführen – und währenddessen natürlich die anderen Patienten ­weiterbetreuen. Zusätzlicher „Druck“ entstand durch „eingespielte“ intraoperative Komplikationen, den terminierten Abtransport, bis zu dem die Behandlung abzu­schließen war, und die teilweise nicht bis ins Detail vertrauten Geräte.

Abb. 4: „Train as you fight“ – die DCSU als „fachliches Herzstück“ des Contest bot ein realitätsnahes Szenar mit der Behandlung von zwei Schwerverletzten und der Durchführung eines Notfalleingriffs unter erheblichem Zeitdruck.

Abb. 5: Eigensicherung und „tactical fieldcare“ nach Angriff auf das Führungsfahrzeug eines Konvois waren die Aufgaben des Wettkampfteils „Patrouille“.

Patrouille – taktisches Verhalten gefordert

Aufgabe des Teams war hier die Begleitung einer ­Patrouille. Im Verlauf kam es zu Beschuss und Ausfall des Führungsfahrzeuges durch einen RPG-Treffer. Im Zusammenspiel mit durch das ObjSRgtLw gestellten ­Infanteriekräften musste erst ein nahegelegenes Waldstück gewonnen sowie ausreichende Feuerüberlegenheit erlangt werden, um die Verletzten aus den Fahr­­zeugen bergen und sie dann in Deckung im Sinne von „tactical fieldcare“ versorgen zu können. Parallel zur Herstellung der Transportfähigkeit musste per „9-liner“ geeigneter Transport angefordert werden. Diese Aufgabe erforderte neben dem Zusammenspiel im Team hier vor allem die Kooperation mit der Kampftruppe und richtiges taktisches Verhalten.

Eilmarsch – Fitness entscheidet

Auf einer Strecke von 3 km, die im Eilmarsch um den Standortübungsplatz zu bewältigen war, waren Fitness und Teamgeist in gleicher Weise gefragt. Erst war die benötigte Karte als Puzzle zusammenzusetzen und dann musste während des Marsches zusätzlich ein Verletzter geborgen, erstversorgt und aus dem unmittelbaren ­Gefahrenbereich unter Sicherung zu einem entfernt stehenden Transportmittel verbracht und dort übergeben werden.

Abb. 6: Beim Eilmarsch kam es nicht nur auf die benötigte Zeit, sondern auch auf die fachliche Qualität bei Versorgung und Abtransport eines Verletzten an.

Abb. 7: Das Kunstblut durchdringt die Handschuhe, ist aber – wenn man genügend Geduld hat – wieder abwaschbar. Auch das Siegerteam aus Berlin musste diese Erfahrung machen. Von links: Oberstabsarzt Dr. Daniel Köppen, Oberstabsarzt Thomas Hummel, Stabsarzt Ramon Roßnick und Stabsarzt Eric Liebhart

Auch der Rahmen stimmte

War das Wetter für die Jahreszeit am Vormittag noch relativ gut, wurden die Teilnehmenden bei den letzten beiden Durchgängen am Nachmittag durch bestes ostfriesisches „Schietwetter“ mit Regen, Wind und Graupel noch einmal zusätzlich gefordert. Dankbar wurden die vorbereiteten beiden beheizten Verpflegungszelte angenommen, wo die Mittagsverpflegung trotzdem „warm und trocken“ eingenommen werden konnte.

Knapper Sieg für Berlin

Unter den 4 zu wertenden Mannschaften konnte sich das Team aus Berlin durchsetzen. Die Siegerehrung erfolgte am Folgetag im Rahmen des Festabends der ARCHIS-Tagung. Der Wanderpokal wurde durch den Stellvertreter des Inspektuers des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Generalstabsarzt Dr. Stephan Schoeps, übergeben.

Fazit

Alle teilnehmenden Teams und genauso die durchführenden Kräfte zeigten ein hohes Maß an Professionalität und Motivation bis zum Ende des Wettbewerbs. Hiervon konnte sich auch der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Generaloberstabsarzt Dr. Ulrich ­Baumgärtner, der als aufmerksamer Beobachter vor Ort war, überzeugen. Er dankte allen Beteiligten für Engagement und Fairness im Wettbewerb; dieser sei ja letztlich auch ein „Wettbewerb“ um die bestmögliche Versorgung verletzter und verwundeter Kameradinnen und Kameraden.

Oberfeldarzt Dr. Walter Michael Klaus

E-Mail: michael.klaus@bwk-westerstede.de

Impressionen aus Ostfriesland