Wehrmedizinische Monatsschrift

JAHRESTAGUNG ARCHIS 2020

Chirurgische Behandlungskonzepte
in der Bundeswehr – aktuell und in Zukunft

27. Jahrestagung ARCHIS vom 29.-31. Januar 2020 in Papenburg

Mehr als 180 Teilnehmende hatten in den letzten Januartagen des Jahres 2020 den Weg nach Ostfriesland gefunden, wo die Deutsche Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. (DGWMP e. V.), ausgerichtet durch das Bundeswehrkrankenhaus (BwKrhs) Westerstede, die „27. ARCHIS“ ausrichtete. ARCHIS 1 steht für „Arbeitskreis chirurgisch tätiger Sanitätsoffiziere“; sie wurde 1993 auf Initiative von Oberstarzt Prof. Dr. Heinz Gerngroß (1947-1995) gegründet und als „Arbeitskreis Einsatzmedizin“ seit 1998 in der DGWMP e. V. etabliert.

Die wissenschaftliche Leitung der diesjährigen „ARCHIS“ lag in den Händen von Oberstarzt Andrè Gutcke, ­Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des BwKrhs Westerstede. Für die Organisation zeichneten Flottillenarzt Dr. Doris Müller-Meinhard und Oberfeldarzt Dr. Michael Klaus verantwortlich.

Eröffnung und Festvortrag

Am Abend des 29. Januar (Mittwoch) hatte nach der Anreise beim „Grünkohl nach Friesischer Art“ Gelegenheit zur Begrüßung und zu ersten Gesprächen bestanden, bevor die „ARCHIS 2020“ am Donnerstag pünktlich um 8:00 h durch den Präsidenten der DGWMP e. V., Generalstabsarzt Dr. Stephan Schoeps, eröffnet wurde. Nach ihm wandten sich der Bürgermeister der Stadt ­Papenburg, Jan Peter Bechtluft, und – per Videobotschaft – die Abgeordnete des Deutschen Bundestages ­Siemtje Möller mit Grußworten an das Auditorium. Diesen schloss sich Oberstarzt Dr. Matthias Grüne, der Kommandeur und Ärztlicher Direktor des BwKrhs Westerstede, an, bevor Oberstarzt Gutcke in das diesjährige wissenschaftliche Programm einführte.

Traditionell folgte die Standortbestimmung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, die in diesem Jahr Generalstabsarzt Dr. Schoeps, Stellvertreter des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, vornahm. Hierbei stellte er besonders die Herausforderungen für die Auftragserfüllung des Sanitätsdienstes in Szenarien der Landes- und Bündnisverteidigung heraus. Für die Anwesenden – da zu einem großen Teil klinisch tätig – waren darüber hinaus seine Aussagen zu den geplanten infrastrukturellen Maßnahmen im Bereich der Bundeswehrkrankenhäuser von besonderem Interesse.

Für den Festvortrag konnte der ehemalige Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Generaloberstabsarzt a. D. Dr. Ingo Patschke, gewonnen werden. Er hatte sich des Themas „Zukunft und Zukunftsangst“ angenommen und unternahm – so der Untertitel seines Vortrags, den „Versuch einer Orientierung“. Es gelang ihm, in Form eines „klassischen“ militärischen Lagevortrags faktenbasiert und sehr eindrücklich auf die Gefahren des stattfindenden Wertewandels hinzuweisen, ohne dabei jedoch in Panikmache zu verfallen. Nach Beurteilung der Lage lautete sein Entschluss:

Das Manuskript des Festvortrags kann hier heruntergeladen werden.

Generaloberstabsarzt a. D. Dr. Patschke, Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr von 2001 bis 2015, widmete sich bei seinem Festvortrag dem Thema „Zukunft und Zukunftsangst“.

Nach dem Festvortrag bestand Gelegenheit zum Besuch der die Tagung begleitenden Industrieausstellung. Hier präsentierten 29 Aussteller Innovationen für Klinik, Praxis und Einsatz, über die sich die Teilnehmenden informieren konnten und die zum Teil auch zum „Hands on“ einluden.

Wissenschaftliches Programm

Den Veranstaltenden war es auch bei der „27. ARCHIS“ gelungen, ein breitgefächertes wissenschaftliches Programm anzubieten. In 7 Sessions bedienten die Vortragenden ein Themenspektrum – von der „Chirurgie vor Ort“ bis hin zu „Neuen Aspekten in der Chirurgie“. Nicht fehlen durften auch in diesem Jahr Sitzungen mit freien Vorträgen, die insbesondere dem „Nachwuchs“ Gelegenheit boten, ihre eigene wissenschaftliche Arbeit den „Etablierten“ zu präsentieren.

Ebenfalls gut besucht waren die beiden Workshops: Die „Trepanationsplanung an patientenspezifischen per 3D-Druck hergestellten Schädelmodellen“ wurde gemeinsam von der Klinik für Neurochirurgie des BwKrhs Westerstede und dem Laboratorium Fertigungstechnik der Fakultät für Maschinenbau an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg vorgestellt. „Neue Therapieansätze für komplexe Infektionen“ präsentierte ein Expertenteam aus dem Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg.

Poster-Speed-Sitzung

Ein für ARCHIS typisches Veranstaltungsformat war die „Poster-Speed-Sitzung“, bei der 12 Kandidatinnen und Kandidaten ihr wissenschaftliches Poster in einem 4 Minuten dauernden Vortrag vorstellten. Eine Jury unter der Leitung von Oberstarzt Prof. Dr. Schwab, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral und Thoraxchirurgie des Bundeswehrzentralkrankenhauses (BwZKrhs) Koblenz, hatte es nicht leicht, die „Besten“ auszuwählen. Den ersten Platz belegte Oberstabsarzt Dr. Aliona Wöhler aus dem BwZKrhs Koblenz mit dem Thema „Pilotstudie zur Evaluierung der Rolle von zirkulierenden zellabstammenden extraartikulären Vesikeln im Rahmen des Polytraumas“. Die Plätze zwei und drei belegten Elena Kurrek von der Universitätsklinik Rostock und Oberstabsarzt Dr. Benjamin Harlass aus dem BwKrhs Westerstede. Die Siegerehrung fand im Rahmen des Festabends statt.

Ein ausführlicher Bericht über die Inhalte der Sitzungen und Workshops wird in der Ausgabe 6-2020 (Erscheinungsdatum 1. Juni) veröffentlicht werden. Hier werden auch Extended Abstracts ausgewählter Vorträge und Poster zu lesen sein. Mit diesem Heft soll dann zugleich an den 15. Todestag von Oberstarzt Prof. Dr. Heinz Gerngroß erinnert werden.

Festabend

Mit musikalischer Untermalung durch das Bläserquintett des Marinemusikkorps Wilhelmshaven und die Oldenburger Sängerin Emily Fröhling fand im Tagungshotel am 30. Januar der traditionelle Festabend statt, der den Teilnehmenden umfassende Gelegenheit zum Gedankenaustausch oder auch – nach anstrengendem Tagungsprogramm – zum zwanglosen Zusammensein bot. Höhepunkte waren die Verleihung der Posterpreise und die Pokalverleihung durch den Präsidenten der DGWMP e. V., Generalstabsarzt Dr. Schoeps, an das siegreiche Team des DCS-Contest aus dem BwKrhs Berlin.

Fazit und Ausblick

„ARCHIS 2020 hat sich gelohnt!“ lautete die einhellige Meinung der Teilnehmenden. Im Sinne ihres Gründers Heinz Gerngroß standen fachliche Innovation, Multidisziplinarität und wissenschaftlicher Disput im Fokus – ausgerichtet am Ringen um die bestmögliche Versorgung der Soldatinnen und Soldaten im Falle einer Verwundung oder Verletzung, womit sich die „ARCHIS 2020“ ganz besonders für diese gelohnt hat.

Nach der ARCHIS ist vor der ARCHIS! Beim Abschied lud das Team um Flottenarzt Dr. Wilm Rost (Klinik für Allgemein-, Viszeral und Thoraxchirurgie des BwKrhs Hamburg) zur 28. ARCHIS-Tagung vom 27.-29. Januar 2021 nach Hamburg ein.

Oberfeldarzt Dr. Michael Klaus

E-Mail: michael.klaus@bwk-westerstede.de

Generaloberstabsarzt a. D. Dr. Ingo Patschke Zukunft und Zukunftsangst: Der Versuch einer Orientierung


1 Obwohl Arbeitskreis Maskulinum ist, hat sich über viele Jahre mit „Die ARCHIS“ das Femininum durchgesetzt. Gemeint war damit ursprünglich die „Tagung des ARCHIS“, also des Arbeitskreises. Hieraus entstand das Akronym „Die Archis“, welches im folgenden Text auch so benutzt wird.