Wehrmedizinische Monatsschrift

WIRBELSÄULE IM FOKUS

Zwei Kliniken des Bundeswehrkrankenhauses Ulm als
Wirbelsäulenzentrum der Maximalversorgung zertifiziert 1

Die Kliniken für Neurochirurgie (Direktor: Oberstarzt Prof. Dr. Uwe Max Mauer, rechts) und Unfallchirurgie/Orthopädie (Direktor: Oberstarzt Prof. Dr. Benedikt Friemert, links) des Bundeswehrkrankenhauses Ulm (Kommandeur und Ärztlicher Direktor: Oberstarzt Dr. Jörg Ahrens, Mitte) wurden am 7. September 2020 als „Wirbelsäulenzentrum der Maximalversorgung“ nach den Richtlinien der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft (DWG) zertifiziert. Ein derartiges Zentrum bestand in Süddeutschland bisher lediglich an 2 Großkliniken. Deutschlandweit gibt es derzeit nur knapp 30 Zentren dieser höchsten Versorgungsstufe.

DWG-Ziel: Qualitätssteigerung

Die DWG ist die mitgliederstärkste Vereinigung von Wirbelsäulentherapeuten in Europa. Orthopäden, Unfall- und Neurochirurgen der Gesellschaft haben sich gemeinsam zum Ziel gesetzt, die Behandlungsqualität von Wirbelsäulenerkrankungen zu erhöhen. Die fachlichen Zertifizierungen von Personen und Kliniken sind dabei ein Weg zur Qualitätssteigerung. Besonderen Wert legt die DWG auf interdisziplinäre Aspekte in Forschung, Diagnostik und Therapie spinaler Erkrankungen. Dies betrifft aber nicht ausschließlich die operativen Fachabteilungen mit spinalem Schwerpunkt, sondern innerhalb eines zertifizierten Zentrums der höchsten Stufe auch viele zusätzliche Fähigkeiten. So müssen insbesondere Radiologie, Notfall- und Intensivmedizin, Schmerztherapie sowie Thorax- und Gefäßchirurgie obligatorisch innerhalb eines zu zertifizierenden Hauses verfügbar sein.

Multidisziplinarität gefragt

Am Bundeswehrkrankenhaus Ulm bestehen darüber hinaus auch enge fachliche Verbindungen des Wirbelsäulenzentrums zu allen anderen verfügbaren medizinischen Fachgebieten; speziell sind hier die Onkologie, Neurologie und die Nuklearmedizin zu nennen. Diese Multidisziplinarität versetzt das Zentrum in die „komfortable“ Lage, alles Notwendige an spinaler Diagnostik und Therapie „unter einem Dach“ anbieten zu können.

Lediglich zwei einzelne Aspekte der Wirbelsäulentherapie – Querschnitt-Rehabilitation und Strahlentherapie – können bisher nicht innerhalb des Bundeswehrkrankenhauses Ulm angeboten werden. Hier bestehen aber sehr gute Kooperationen zur Querschnitt-Sektion Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm (Sektionsleiter: Oberstarzt d. R. Dr. Yorck-Bernhard Kalke) sowie zur Klinik für Radioonkologie der Universität Ulm (Direktor: Prof. Dr. Thomas Wiegel), die jeweils in fußläufiger Entfernung zum Bundeswehrkrankenhaus Ulm gelegen sind.

Höchste fachliche Anforderungen

Ein Maximalversorgungszentrum ist die höchste Ebene im Rahmen des dreistufigen Zertifizierungskonzeptes der DWG 2 . An das Ausbildungsniveau der Mitarbeiter sowie an die Verfügbarkeit von Material und Geräten zur Diagnostik und Therapie spinaler Erkrankungen werden höchste Ansprüche gestellt. Maximalversorgungszentren müssen jährlich mindestens 600 Wirbelsäulen-Eingriffe mit einem bestimmten Schwierigkeitsniveau durchführen. Operationen höchster Komplexität müssen auch mit dem Einsatz aufwendiger Techniken durchgehend („24/7“) durchgeführt werden können. Aber auch ein breites Spektrum an minimal-invasiven und konservativen Wirbelsäulen-Therapien, wie Injektionstechniken und Physiotherapie, sind in ausreichender Zahl durchzuführen. Zudem ist ein Mindestumfang an Forschungs- und Lehrtätigkeiten sowie Publikationen vorzuweisen. Regelmäßige interdisziplinäre Konferenzen (u. a. zu Morbidität und Mortalität), zentrumsinterne Fortbildungen sowie die gemeinsame Erstellung und Einhaltung von Standing Operating Procedures (SOPs) sind zu dokumentieren. Im Rahmen der Zertifizierung vertritt das Wirbelsäulenzentrum des Bundeswehrkrankenhauses Ulm folgende vier Schwerpunkte: Verletzungen, Tumorerkrankungen, entzündliche und metabolische Erkrankungen sowie degenerative Erkrankungen der Wirbelsäule.

Ausblick

Die jetzige Zertifizierung hat eine Gültigkeitsdauer von vier Jahren. Mittelfristiges Ziel der DWG ist die Schaffung einer Zusatzbezeichnung „Spezielle Wirbelsäulenchirurgie“ 3 , womit die Erhöhung der Behandlungsqualität auch an ein verpflichtendes Curriculum geknüpft werden soll. Perspektivisch wird diese Zusatzweiterbildung nur an ausreichend qualifizierten und zertifizierten Zentren durch ausreichend qualifizierte und zertifizierte Weiterbilder stattfinden. Das Bundeswehrkrankenhaus Ulm ist mit der nun erfolgten Zentrums-Zertifizierung sowie den bereits vorhandenen Personen-Zertifizierungen 4 (Master-Zertifikat der DWG für Oberstarzt Prof. Dr. Mauer und Flottillenarzt Priv. Doz. Dr. Chris Schulz sowie dem Basis-Zertifikat „Konservative Wirbelsäulentherapie“ für Oberfeldarzt Dr. Christian Ernst, Klinik für Unfallchirurgie/Orthopädie) bestens auf diese zukünftigen Entwicklungen vorbereitet.

Verfasser

Flottillenarzt Priv.-Doz. Dr. Chris Schulz

Bundeswehrkrankenhaus Ulm

Klinik für Neurochirurgie

E-Mail: chrisschulz@bundeswehr.org