Wehrmedizinische Monatsschrift

CHANCEN VERBESSERT

Moderne Gliomchirurgie

Modern Surgical Treatment of Glioma

René Mathieua, Uwe Max Mauera , Chris Schulza

a Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Klinik XII – Neurochirurgie

 

Zusammenfassung

Diffus infiltrativ wachsende Gliome haben weiterhin eine geringe Überlebensrate (das Glioblastom, WHO Grad IV, beispielsweise von 5 % nach 5 Jahren). Bei diesen Tumoren konnte die mittlere Überlebensrate mit Erreichen einer gross total resection (GTR) von 12 auf 20 Monate angehoben werden.

Anhand zweier Fallbeispiele wird illustriert, wie moderne Gliomchirurgie mit Neuronavigation, fluoreszenz-gestützter Resektion, intraoperativem Neuromonitoring, intraoperativer Magnetresonanztomographie und anderen Verfahren am Bundeswehrkrankenhaus Ulm umgesetzt wird.

Stichworte: Maligne Gliome, intraoperatives Neuromonitoring (ioNM), intraoperative Magnetresonanztomographie (ioMRT), Neuronavigation, fluoreszenz-gestützte Resektion

Summary

Survival rates of diffus infiltrative growing glioma are still low. For example, just 5 % of patients with glioblastoma (WHO grade IV) survive after 5 years. In cases of those tumors the medium survival rate increased from 12 to 20 months in cases where a gross-total-resection could be achieved.

By means of two cases technologies utilized by modern surgery of glioma, such as neuronavigation, fluorescence-guided resection, intraoperative neuro-monitoring, and intraoperative MRT, which are in use at the Bundeswehr Hospital Ulm, are demonstrated and discussed.

Keywords: malignant glioma, intraoperative neuro-monitoring, intraoperative MRT, neuro-navigation, fluorescence-guided resection

Hintergrund

Gliome sind die häufigsten hirneigenen Tumore [13]. Sie werden nach WHO in Grad I bis IV eingeteilt und von benigne bis maligne graduiert [10]. Die WHO Grad I-Gliome, insbesondere das pilozytische Astrozytom, weisen eine gute Abgrenzbarkeit auf. Die Patienten haben bei vollständiger Resektion meist eine normale Lebenserwartung.

Die diffus infiltrativ wachsenden Gliome (WHO Grad II – IV) hingegen haben eine reduzierte Abgrenzbarkeit und resultieren in einer deutlich geringeren Lebenserwartung für die Patienten [12]. Das Glioblastom (WHO Grad IV) ist mit einem Anteil von 45 % aller Gliome das häufigste und hat eine mittlere Überlebensrate von 5 % nach fünf Jahren. In den letzten Jahren konnte durch die Erkenntnisse aus der Molekularbiologie die Radiochemotherapie für Patienten Glioblastomen spezifisch angepasst und durch technologische Fortschritte in der Gliomchirurgie die mediane Überlebensrate von 15 auf 20 Monate erhöht werden [6].

Bei diffus infiltrativ wachsenden Gliomen korreliert weiterhin die maximal mögliche Resektion mit einem besseren rezidivfreien Überleben und einer höheren Überlebensrate. Insbesondere die erwähnte Abgrenzbarkeit von gesundem Hirngewebe zu Tumorgewebe im Bereich des Resektionsrandes ist hierbei eine Herausforderung, um eloquente Areale zu schonen und eine maximale Resektion mit einer bestmöglichen Lebensqualität zu kombinieren [16].

Die technischen Möglichkeiten werden anhand zweier Fallbeispiele illustriert und erläutert.

Falldarstellung

Fall 1

Ein 29-jähriger Soldat erlitt innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten drei generalisierte Krampfanfälle. In der konsekutiv durchgeführten Bildgebung zeigte sich in der MRT des Schädels inklusive Kontrastmittel eine rechts temporomesial gelegene Raumforderung ohne Kontrastmittelaufnahme (Verdachtsdiagnose: diffuses Astrozytom).

Es erfolgte eine stereotaktische Biopsie in einer auswärtigen Klinik. Hier bestätigte sich histopathologisch die Verdachtsdiagnose „Diffuses Astrozytom WHO Grad II“.

Der Soldat wurde sodann in unserer Klinik mit der Fragestellung einer möglichen Resektion der Raumforderung vorstellig. Zuvor wurden bereits zwei neurochirurgische Kliniken konsultiert, die Empfehlungen waren Radiochemotherapie ohne Resektion und Teilresektion mit konsekutiver Radiochemotherapie.

Unsere Empfehlung lautete Resektion mit konsekutiver Radiochemotherapie. Die Lage der Raumforderung mit Nähe zu den Aa. cerebri anterior, media und communicans posterior rechts sowie zum Pons erforderte die Planung und Verwendung multipler technischer Hilfsmittel, um eine möglichst maximale Resektion ohne Verletzung eloquenter Areale und Gefäßstrukturen zu ermöglichen.

Abb. 1: (A) MRT (T2 Wichtung, axial):
Präoperative Darstellung der Raumforderung rechts temporomesial mit Lagebeziehung zu Aa. cerebri media, cerebri anterior und communicans posterior rechts sowie zum Hirnstamm
(B) MRT (T1 Wichtung mit Kontrastmittelgabe (KM), axial):
Präoperative Darstellung der Raumforderung rechts temporomesial ohne Hinweis für KM-Aufnahme

Präoperativ wurde erneut eine MRT Diagnostik mit Segmentierung der anatomischen Strukturen in der Operationsplanung angefertigt. Diese Bildgebung wurde intraoperativ für die Neuronavigation (Fa. Brainlab, Curve®) genutzt.

Abb. 2: Screenshot Neuronavigation (Brainlab):
(A) Präoperative Segmentierung der arteriellen Gefäße, des Hirnstamms und des Tumors in der Neuronavigations-Software
(B – D) 3D-Darstellung und Matching auf MRT (T1 MP-Rage inkl. KM) in axialer (B), sagittaler (C) und coronaler (D) Darstellung

Für die Überwachung motorischer Funktionen wurden intraoperativ mittels Neuromonitoring (ioNM) (Fa. Inomed, Isis®) Kennmuskeln elektrophysiologisch überwacht sowie evozierte Potenziale für die Hirnstammfunktion erhoben. Die Resektion erfolgte unter dem OP-Mikroskop (Fa. Zeiss, Kinevo®) und unter Ultraschallaspiration (Fa. Söring, Sonoca®).

Während der Operation wurde eine intraoperative ­Magnetresonanztomographie (ioMRT) (Fa. Siemens, 3-T Skyra® mit Flex Spulen und Fa. Promed instruments, Doro® kombiniert mit Fa. Brainlab, Curve®) angefertigt, um das Ausmaß der Resektion des Tumors unter Erhalt der o. g. Strukturen zu beurteilen.

Abb. 3: Intraoperative MRT (T2 Wichtung, axial) nach Subtotalresektion des Tumors

Unter Einsatz der genannten Techniken konnte eine ­Subtotalresektion der Raumforderung ohne post­operatives Auftreten von neurologischen Defiziten erreicht werden. Histopathologisch bestätigte sich der ­Biopsiebefund im Sinne eines diffusen Astrozytoms WHO Grad II, IDH-1 Wildtyp, MGMT-Promoter nicht methyliert. Es erfolgte nach Tumorboardbeschluss unter Ein­beziehung des Alters des Patienten eine Radiochemotherapie.

Fall 2

Ein 45-jähriger Patient wurde erstmalig mit einer passager aufgetretenen Schwäche der linken Körperhälfte und Sturzereignis auffällig. Der sportlich sehr aktive Patient bemerkte zudem ein Taubheitsgefühl in der linken Hand und eine Dysästhesie des gesamten linken Armes und der linken Gesichtshälfte.

Bei Verdacht auf Stroke erfolgte die Vorstellung in der interdisziplinären Notfallaufnahme des BwKrhs Ulm. In der CT-Diagnostik inklusive Perfusion konnte ein Apoplex ausgeschlossen werden; es zeigte sich jedoch eine rechts präzentral gelegene Raumforderung. In der im Anschluss durchgeführten MRT des Schädels einschließlich Kontrastmittelserien fand sich ein randständig KM-aufnehmender Tumor mit zentraler Nekrose (in der Diffusionswichtung) und ausgedehntem perifokalen Ödem (in der FLAIR) mit Verdachtsdiagnose „Höhergradiges Gliom“.

Abb. 4: MRT (T1 Wichtung inkl. KM), koronar (A) und axial (B):
Präoperative Darstellung der Raumforderung rechts präzentral mit Lagebeziehung zur Zentralregion, perifokalem Ödem und randständiger KM-Aufnahme

Mit dem Patienten wurden die Möglichkeiten einer Resektion und Biopsie der Raumforderung besprochen. Mit der Empfehlung einer möglichst maximalen Resektion unter Erhalt neurologischer Funktionen entschied sich der Patient für die operative Resektion.

Präoperativ wurde die bestehende MRT-Diagnostik um eine Darstellung der Pyramidenbahn (Diffusions-Tensor-Imaging (DTI) Fiber Tracking) ergänzt. Diese Bildgebung wurde mit der bestehenden Bildgebung gematcht und intraoperativ für die Neuronavigation genutzt.

Abb. 5: (A) Präoperatives Fiber-Tracking mittels DTI MRT (a) in der Neuronavigations-Software (Fa. Brainlab©) mit 3D-Dar­­stellung
(B – D) Matching auf MRT (T1 MP-Rage inkl. KM) in axialer (B), sagittaler (C) und coronaler (D) Darstellung

Für die Überwachung motorischer Funktionen wurden intraoperativ mittels Neuromonitoring (ioNM) Kennmuskeln elektrophysiologisch überwacht sowie ein direktes Stimulationsmonitoring mit Hilfe eines Mappingsaugers (nach Raabe) und Ableitung der Zentralregion mittels Plattenelektroden durchgeführt.

Die Resektion erfolgte mikroskopisch unter fluoreszenz-gestützter Mikroskopie (Fluorescein). Für die Beurteilung des Resektionsausmaßes wurde eine ioMRT durchgeführt.

Abb. 6: Intraoperatives Bild fluoreszenz-gestützter Mikroskopie (Fluorescein): Die Abbildung zeigt die Resektionshöhle mit nichtinfiltriertem Hirngewebe im Gegensatz zu dem fluoreszierenden Gliom.

Mit Hilfe der genannten Techniken konnte eine Resektion der Raumforderung im Sinne einer Gross Total Resection (GTR) erreicht werden. Die präoperativ bestandenen neurologischen Funktionseinschränkungen besserten sich postoperativ; es verblieb ein gelegentliches Auftreten von Dysästhesien im Bereich der linken Hand.

Abb. 7: MRT (T1 Wichtung inkl. KM), koronar (A) und axial (B): Intraoperative Darstellung nach Gross Total Resection (GTR) des Tumors

Histopathologisch zeigte sich ein Glioblastoma multiforme WHO Grad IV, IDH-1 Wildtyp, MGMT-Promotermethy­lierungsrate 42–46 %. Nach Tumorboardbeschluss erfolgte unter Einbeziehung des Alters des Patienten eine Radiochemotherapie sowie die Behandlung mit tumor treating fields (TTF, Fa. Novocure®).

Moderne Verfahren der Gliomchirurgie

Neuronavigation

Die Neuronavigation ist ein bei der Durchführung einer Hirntumor-OP etabliertes Tool. Hierbei ist sowohl der präoperative als auch der intraoperative Gebrauch bei Planung und Durchführung des Eingriffes hervorzuheben [21].

Die präoperative Planung ermöglicht die Kombination verschiedener bildgebender Verfahren wie MRT, CT und PET und visualisiert die Tumorbeschaffenheit, aktive Areale und nichtinfiltrierte Strukturen gleichermaßen [17]. Nach dem Matchen ist eine 3D-Visualisierung und Segmentierung wichtiger Strukturen (Tumorgewebe, Gefäße, Hirnnerven, Hirnstamm usw.) möglich und wird in der Routine für die Zugangs-Planung und Planung der zu verwendenden OP-Technik genutzt. Hinzu kommt die Möglichkeit der Visualisierung funktionaler respektive eloquenter Areale durch Darstellen von ­Pyramidenbahn, Hörbahn oder Sehbahn (DTI Fiber Tracking). Areale für Sprachproduktion und -verständnis wie Broca und ­Wernicke können anhand einer funktionellen MRT (fMRT) visualisiert und miteingebunden werden [9].

Intraoperativ können nach Registrierung des Patienten in Bezug auf Lage des Patientenkopfes im Operationsraum alle zuvor visualisierten Bereiche dargestellt und während der Operation entweder über sogenannte Pointer räumlich navigiert oder in das Okular des OP-Mikroskops durch Kopplung mittels Fokuserkennung und Mikroskopstandort eingeblendet werden.

Gleichwohl routiniert muss das Operationsteam den sogenannten brain shift“, die Verlagerung von Strukturen während der Resektion von Tumorgewebe oder durch Verlust von Liquor nach Eröffnung der Arachnoidea in Bezug auf die präoperativ gewonnene Bildgebung in die Beurteilung der navigierten Areale miteinbeziehen. Eine erneute Anfertigung einer ioMRT und erneutes Registrieren oder Matchen dieser Bildgebung kann die veränderte Lage abbilden und erneute Sicherheit für die Beurteilung erbringen [5].

Fluoreszenz-gestützte Resektion

Die Abgrenzung von Tumorgewebe zu gesundem Gewebe im Bereich des Tumorrandes ist weiterhin eine Herausforderung bei diffus infiltrativ wachsenden Gliomen. Die Darstellung von Tumorgewebe mittels fluoreszierender Agenzien wird in der Neurochirurgie im Wesentlichen über drei Fluorophore realisiert, die Licht sowohl im sichtbaren als auch im Nah-Infrarot-Bereich emittieren und eine real-time Darstellung ermöglichen.

5-Aminolävulinsäure (5-ALA)

Seit ca. 20 Jahren wird 5-ALA in der Gliomchirurgie eingesetzt. Es konnte gezeigt werden, dass eine maximale Resektion unter Verwendung von 5-ALA-Fluoroskopie erreicht werden kann.

Das Agens wird präoperativ per os appliziert. In der Häm-Biosynthese wird 5-ALA zu Protoprophyrin IX umgewandelt und akkumuliert intrazelluär in der Gliomzelle. Durch Umschalten des Mikroskoplichtes auf blaues Licht im 400 nm-Bereich kann somit der Tumor dargestellt und reseziert werden.

Limitierende Faktoren sind eine schwache Ausleuchtung und eine mögliche falsch-positive Fluoreszenz [20].

Abb. 8: 5-ALA fluoreszenz-gestützte Resektion: (A) Standard-Ausleuchtung, (B) Fluoreszenz nach Umschalten blaues Licht
(~ 400 nm)

Fluorescein

Fluorescein wird als Fluorophor bereits seit den 1940er Jahren in der Gewebemikroskopie eingesetzt.

Im Gegensatz zu 5-ALA wird Fluorescein zu Beginn der Tumorresektion intravenös verabreicht und überschreitet die Blut-Hirn-Schranke, die im Tumorgewebe gestört ist. Analog zu der Kontrastmitteldarstellung im MRT können somit die für die Resektion wichtigen KM-aufnehmenden Areale fluoroskopisch aufgezeigt werden. Hierzu wird das Mikroskoplicht auf gelb-grün über dem 500 nm-Bereich umgestellt. In diesem Lichtbereich ist eine suffiziente Ausleuchtung möglich.

In einer Multizenter Phase II-Studie konnte eine GTR in 82,6 % der Fälle durch Fluorescein erreicht werden. Die Darstellung von Strukturen mit gestörter Blut-Hirn-Schranke ist zeitgleich auch ein begrenzender Faktor der Methode; so können Areale durch Extravasate fluoreszieren, die keinen Tumoranteil beinhalten [1].

Indozyaningrün (ICG)

Bekannt aus der Augenheilkunde wird ICG im neurochirurgischen OP bevorzugt bei der Darstellung von Gefäßen während vaskulärer Eingriffe, wie Ausschaltung eines Aneurysmas oder Resektion einer arteriovenösen Raumforderung, routinemäßig als intraoperative Angiographie verwendet.

Ähnlich wie Fluorescein wird es während der Operation intravenös verabreicht und stellt Areale mit gestörter Blut-Hirn-Schranke im Nah-Infrarotfeld dar.

Neuere Untersuchungen zeigten, dass ICG im Bereich des Tumorrandes bei der Gliomchirurgie behilflich sein kann, gleichzeitig zeigt es eine hohe falsch-positive Fluoreszenz in Arealen mit ausgeprägtem perifokalem Ödem und im Bereich von Nekrosen [3].

Neuromonitoring

Multimodales intraoperatives Neuromonitoring (ioNM) und konsekutives Mapping ist weiterhin der Standard für die Identifizierung eloquenter Areale und deren Schonung. Dieses weitere real-time Verfahren ermöglicht die Ermittlung eines sicheren Operationszugangs und -korridors.

Die passive elektrophysiologische Ableitung wird hierbei um eine Stimulation ergänzt. Die Stimulation kann beispielsweise durch Plattenelektroden für die Identifizierung der Zentralregion oder auch durch direkte Stimulation von Hirnnerven und deren Funktionsableitung erfolgen. Eine weitere Stimulationsmöglichkeit ist die Nutzung eines Mappingsaugers nach Raabe [18]. Während der Resektion wird dieser Sauger um eine Stimulation ergänzt, die schrittweise reduziert wird, um die Annäherung an eloquente Areale zu visualisieren.

Der Funktionserhalt ist das Ziel des ioNM. Eine Limitation ist bei Patienten mit vorbestehenden neurologischen Defiziten gegeben [14].

Abb. 9: Anwendung einer Plattenelektrode für multimodales intraoperatives Neuromonitoring zur Ermittlung der Zentralregion

Endoskop-gestützte Mikroskopie und intraoperativer Ultraschall

Das OP-Mikroskop bietet eine optimale Ausleuchtung und Vergrößerung des sichtbaren Areals. Das Licht kann zudem in der Fluoreszenz eingesetzt werden.

In der Gliomchirurgie wird das OP-Mikroskop standardisiert eingesetzt. Eine Beleuchtung und Betrachtung intrakraniell ist durch Lageveränderung des Mikroskops möglich, allerdings durch eine direkte 0°-Beleuchtung limitiert. Abhilfe kann hierbei das Einsetzen von sogenannten Mikrospiegeln oder separaten Lichtquellen, wie Endoskopen mit gewinkelten Optiken, schaffen.

Hilfreich ist die direkte Verbindung des Endoskops und Einbindung des Endoskopbildes in das Okular des Mikroskops, um nicht direkt sichtbare Bereiche auszuleuchten und zu betrachten [15].

Der intraoperative Ultraschall (ioUS) ist ein weiteres real-time Verfahren für die Visualisierung von Tumorgewebe und auch zur funktionalen Beurteilung von Gefäßen durch die Doppler-Sonographie. Ein Matchen mit der bestehenden Neuronavigation ist möglich, womit eine indirekte Überprüfung des „brain shift“ möglich ist [4].

Intraoperative Magnetresonanztomographie (ioMRT)

Die während der Operation durchgeführte MRT ermöglicht die Darstellung des Resektionsausmaßes in Korrelation zu eloquenten Arealen respektive kritischen Strukturen. Durch die Integration multipler Sequenzen in einer 3 T-Hochfeld-ioMRT ist zudem eine suffiziente Beurteilung des Operationsfortschrittes und eine erneute Registrierung bzw. das Matchen mit der bereits bestehenden Neuronavigation möglich.

Der Transfer ist sicher und eine erhöhte Infektionsrate konnte selbst bei Zwei-Raum-Lösungen, bei denen das MRT auch für Routineuntersuchungen zur Verfügung steht, bisher nicht nachgewiesen werden [19].

Abb. 10: OP-Saal im BwKrhs Ulm mit intraoperativem MRT (links); das rechte Bild zeigt die typische Lagerung eines Patienten mit Fixierung in der MRT-tauglichen Kopfklemme (Fa. Promedics), Flexibler MRT-Spule (Fa. Siemens) und Verbindung mit MRT-tauglicher Navigationshalterung (Fa. Brainlab)
Die präferierte Kraniotomie inkl. Hautschnittführung wurde bereits mit Hilfe der Neuronavigation ermittelt und angezeichnet.

Die mittels ioMRT visualisierten Bereiche führen zu weiterer Sicherheit; das Ziel einer GTR kann so mit größerer Wahrscheinlichkeit erreicht werden [2].

KUHN et al. zeigten, dass bis zur Durchführung eines ioMRT bei 65 % der Patienten noch eine suboptimale Resektion bestand und eine ausgedehntere Resektion unter neurologischen Funktionserhalt durchgeführt werden konnte [8].

Die ioMRT ist allerdings mit einem hohen zeitlichen, personellen wie auch materiellen Aufwand verbunden, der im gesamten Team trainiert werden muss.

Fazit

Bisher konnte eine Verbesserung der Lebensqualität und eine erhöhte Überlebensrate für Patienten mit einem diffusen Gliom nur nach einer maximalen Tumorresektion nachgewiesen werden.

Hierbei konnten lediglich die fluoreszenz-gestützte Chirurgie und die ioMRT einen Erfolgsnachweis erbringen; insbesondere in der Kombination setzen sie einen neuen Standard in der Gliomchirurgie [7].

Die vorgestellten Techniken werden allesamt in der Klinik für Neurochirurgie des BwKrhs Ulm genutzt. Seit Juni 2013 wird von der Klinik für Neurochirurgie selbständig ein 3T-Hochfeld-ioMRT betrieben. Dessen Anwendung ist komplex und setzt ein kontinuierliches Teamtraining zwingend voraus [11].

Inwieweit eine Versorgung von Gliompatienten ohne fluoreszenz-gestützter Chirurgie und ohne ioMRT in Zukunft noch möglich sein wird, muss sich zeigen. Eine Weiterbildung zum Facharzt Neurochirurgie ohne Gliomchirurgie ist jedoch undenkbar.

Literatur

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Manuskriptdaten

Zitierweise

Mathieu R, Mauer UM, Schulz C: Moderne Gliomchirurgie. WMM 2021; 65(5): 184-190.

Für die Verfasser

Oberfeldarzt Dr. René Mathieu, M.A.

Bundeswehrkrankenhaus Ulm

Klinik XII – Neurochirurgie

Oberer Eselsberg 40, 89081 Ulm

E-Mail: renemathieu@bundeswehr.org

Manuscript data

Citation

Mathieu R, Mauer UM, Schulz C: Modern Surgical Treatment of Glioma. WMM 2021; 65(5): 184-190.

For the Authors

Lieutenant Colonel (MC) Dr. René Mathieu, M.A.

Bundeswehr Hospital Ulm

Department XII – Neurosurgery

Oberer Eselsberg 40, D-89081 Ulm

E-Mail: renemathieu@bundeswehr.org