Wehrmedizinische Monatsschrift

Valide und effiziente wehrmedizinische Begutachtung der ­körperlichen Leistungsfähigkeit im Kontext militärischer ­Anforderungen: Das neue „KI-KLF-Verfahren“ (Poster-Abstract)

Ulrich Rohdea, Dieter Hackfortb, Thomas Rütherb, Dieter Leykab

a Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr, Koblenz

b Deutsche Sporthochschule Köln – Forschungsgruppe Leistungsepidemiologie

 

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Hintergrund

Körperliche Inaktivität und ungünstige Lebensgewohnheiten, wie z. B. Rauchen, zu viel Fast-Food oder Soft-Drinks, gehören heute für weite Teile der Bevölkerung zum Alltag. Die damit verbundenen negativen Leistungs- und Gesundheitstrends wirken sich zunehmend auch auf die Bundeswehr aus, da mehr und mehr Soldatinnen und Soldaten davon betroffen werden. Diesen allgemeinen Entwicklungen stehen die weiterhin hohen physischen Anforderungen militärischer Tätigkeiten in Ausbildung und Einsatz entgegen. Dabei ist eine adäquate körperliche Leistungsfähigkeit (KLF) sowohl Voraussetzung (Leistungsaspekt) als auch wichtiger präventiver Faktor (Präventionsaspekt) für den langfristigen Erhalt von Einsatzfähigkeit und Gesundheit. Die Beurteilung der individuellen KLF wird daher ein zunehmend wichtiger Informationsfaktor für die Personal- und Einsatzplanung werden.

Derzeit stehen allerdings im Rahmen der wehrmedizinischen Begutachtung keine geeigneten Verfahren zur Verfügung, um die KLF im Kontext militärischer Anforderungen beurteilen zu können. Vor diesem Hintergrund wurde in einem zivil-militärischen Verbundforschungsprojekt das Kategorisierungsinstrument „KI-KLF“ ent­wickelt.

Methode

Auf Basis einer systematischen Literaturrecherche und eigener Forschungsergebnisse wurde eine Vorauswahl an Prädiktoren für die Leistungsbeurteilung der konditionellen Fähigkeiten Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit getroffen:

Nach umfangreichen Untersuchungen (n = 130) wurden die Prädiktoren über multiple lineare Regressionen gegen ein allgemeinmilitärisches Anforderungsprofil (Soldaten-Grundfitness-Tool SGT 1 ) als Bezugskriterium getestet.

Die endgültige Prädiktorenauswahl erfolgte

Ergebnisse

Die selektierten Prädiktoren des Kategorisierungsinstruments „KI-KLF“ (Abbildung 1)

ermöglichen eine reliable und valide Kategorisierung der KLF in einem Ampelsystem „Grün“ - „Gelb“ - „Rot“ (Varianzaufklärung: korrigiertes R2 = 0,714).

Abb. 1: Wenige leicht zu erhebende Messparameter ermöglichen, ergänzt durch die Angabe des Geschlechts, eine valide Kategorisierung der körperlichen Leistungsfähigkeit.

Die Leistungskategorisierung erfolgt computergestützt mittels des spezifisch entwickelten Kategorisierungs-Tools „LeiKat“ (Abbildung 2). Die zur Verfügung stehende umfassende Handlungsanleitung ermöglicht die einfache Anwendung des „KI-KLF“.

Abb. 2: Das Kategorisierungstool „LeiKat“ liefert nach Eingabe der Messwerte die Leistungs-­Kategorie.

Fazit

Das KI-KLF ist ein valides und effizientes Verfahren zur Kategorisierung der KLF hinsichtlich eines allgemeinmilitärischen Anforderungsprofils. Der geringe Ressourcenbedarf (Zeit, Personal, Material und Infrastruktur) prädestiniert das KI-KLF nicht nur für die Nutzung im Rahmen der wehrmedizinischen Begutachtung, sondern auch für die Personalgewinnung.

Darüber hinaus könnte die Zusammenführung der KI-KLF Leistungsdaten mit Gesundheitsdaten in einer zentralen IT-Struktur vielfältige Optionen für Personalsteuerung, Prävention, Ausbildung oder Einsatzvorbereitung eröffnen.

Für die Verfasser

Oberstarzt Dr. Ulrich Rohde

Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr, Koblenz

E-Mail: ulrichrohde@bundeswehr.org

Das Poster wurde beim 52. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. am 16. Oktober 2021 mit dem 3. Preis im Posterwettbewerb der forschenden Institute ausgezeichnet.


1 Das SGT simuliert typische militärische Anforderungen wie Bewegen im Gelände, Ziehen von Lasten, Tragen von Lasten sowie Heben und Absetzen von Lasten. Eine detaillierte Beschreibung steht unter zur Verfügung