Wehrmedizinische Monatsschrift

REHABILITATION – MEHR ALS NUR MEDIZIN

52. Jahreskongress der DGWMP e. V. vom 14.–16. Oktober 2021 in Koblenz – neue Ideen nicht nur für den Sanitätsdienst

Vom 14.–16. Oktober 2021 fand in der Koblenzer Rhein-Mosel-Halle der 52. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. (DGWMP e. V.) statt – mit einem der Pandemielage angepassten Hygienekonzept unter strenger Beachtung der „2G-Regeln“. Mit Oberstleutnant Stephan Wüsthoff, dem Vorsitzenden der Bereichsgruppe Mitte-West,hatte zum ersten Mal ein Truppenoffizier die Aufgabe des Kongresspräsidenten übernommen. Für die fachliche Gestaltung des wissenschaftlichen Programms war Generalarzt Dr. Bernhard Groß als wissenschaftlicher Leiterverantwortlich. Ein neues Kongressformat, bei dem Wettbewerbe, Workshops und Arbeitsgruppen am Freitagnachmittag ohne gleichzeitige Plenarsitzung stattfanden, und eine erstmals zur Verfügung gestellte Kongress-App fanden große Zustimmung bei den Teilnehmenden.

Mehr als 450 Kongressteilnehmende erlebten hochkarätige Vorträge, Posterpräsentationen, Workshops und Wettbewerbe und konnten sich auf der begleitenden Industrieausstellung mit den Innovationen von 57 Ausstellern aus Medizin und Technik vertraut machen.

Oberstleutnant Stephan Wüsthoff eröffnet den Kongress.

Das Kongressthema „Medizinisch-dienstlich orientierte Rehabilitation“ fand ein breites Interesse auch bei zahlreichen Teilnehmenden aus dem Ausland, die mit einer eigenen Session vertreten waren. Gelegenheit zum Gedankenaustausch und zum Networking bot ebenfalls das gesellschaftliche Rahmenprogramm, und last but not least konnten durch einen Sponsorenlauf und eine Tombola Gelder für einen guten Zweck zur Verfügung gestellt werden.

Feierliche Kongresseröffnung

Nach einer musikalischen Einleitung durch das Klarinetten-Ensemble des Heeresmusikorps Kassel unter Leitung von Stabsfeldwebel Christian Schmidt begrüßte der Tagungspräsident am Donnerstag, den 14. Oktober 2021, pünktlich um 10:35 h die Teilnehmenden im Großen Saal der Rhein-Mosel-Halle.

Der Präsident der DGWMP e. V., Generalstabsarzt Dr. Stephan Schoeps, stellte in seinen einleitenden Worten heraus, wie wichtig Kooperationen mit in- und ausländischen Fachgesellschaften sind. Innerhalb der Gesellschaft werde die stärkere Einbindung des Nachwuchses angestrebt, die Leitung einer Session durch einen Sanitätsoffizieranwärter und eigene Veranstaltungen der „SanOA“ seien Ausdruck dafür. Das gewählte Kongressthema „Medizinisch-dienstlich Orientierte Rehabilitation“ sei aktueller denn je. Deshalb freue er sich besonders über die Teilnahme von Experten der klinischen Rehabilitation aus den BG-Kliniken als strategischem Partner des Sanitätsdienstes der Bundeswehr.

Begrüßung der Teilnehmenden durch den Präsidenten der DGWMP e. V., Generalstabsarzt Dr. Stephan Schoeps

Traditionell zeichnete der Präsident der DGWMP e. V. die Lehrgangsbesten der Offizierlehrgänge aus. Die Ehrenmedaille der Gesellschaft für die Gruppe der Sanitätsoffizieranwärter ging an Fahnenjunker (SanOA) Marcel Hack, der wegen einer Erkrankung nicht persönlich anwesend war. Leutnant Alexander Hommes wurde aus der Gruppe der Offizieranwärter der Militärfachlichen Dienstes ausgezeichnet.

Leutnant Alexander Hommes erhält die Ehrenmedaille der DGWMP e. V. als Lehrgangsbester der Offizieranwärter des Miltärfachlichen Dienstes.

Grußworte

Mit einer Videobotschaft wandte sich die Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, als Schirmherrin des Kongresses an die Anwesenden. Man merkte, dass es ihr eine Herzensangelegenheit war, den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und insbesondere des Sanitätsdienstes für die Hilfe bei der furchtbaren Flutkatastrophe im Ahrtal zu danken.

Staatssekretär Dr. Denis Alt aus dem Rheinland-Pfälzischen Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit nahm in seinem Grußwort ebenfalls auf die Flutkatastrophe im Ahrtal Bezug und betonte die Bedeutung des Sanitätsdienstes als zuverlässigem und flexiblem Partner in der Gesundheitsversorgung des Landes. „Soldatinnen und Soldaten sind Frauen und Männer mit einem höchst anspruchsvollen Beruf, die ein Anrecht auf Fürsorge haben!“, betonte Dr. Alt in seiner Ansprache.

Staatssekretär Dr. Alt betont die verlässliche Partnerschaft mit dem Sanitätsdienst bei der zivilen Gesundheitsversorgung.

In seinem Grußwort betonte der Koblenzer Oberbürgermeister David Langner: „Die Bundeswehr am Standort Koblenz ist mir lieb und teuer. Wir haben damals in der Nachkriegszeit zusammen die Stadt aufgebaut und gestalten diese auch heute noch in vielen Bereichen gemeinsam. Ich bin insbesondere dem Sanitätsdienst der Bundeswehr sehr dankbar und werde mich auch weiterhin dafür einsetzten, dass wir eine Garnisonsstadt bleiben“.

Als Vertreter der Wissenschaft und als Repräsentant der Berufsgenossenschaftlichen Klinken richtete Oberstarzt d. R.Prof. Dr. Axel Ekkernkamp, Direktor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie und Ärztlicher Direktor des BG-Klinikums „Unfallkrankenhaus Berlin“, das dritte Grußwort an das Plenum. Er leitete zum Kongressthema über und hob den besonderen Stellenwert eines umfassenden Verständnisses von Rehabilitation hervor – beginnend mit einer vorausschauenden klinischen Akutversorgung und idealerweise mit der erfolgreichen Wiedereingliederung in den Berufsalltag abschließend. Hierzu bestünden bereits intensive Kooperationsbeziehungen zwischen dem Sanitätsdienst der Bundeswehr und den BG-Kliniken, die sich neben der Akutversorgung explizit auch auf stationäre Rehabilitationsleistungen letzterer für Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr erstrecken. Prof. Dr. Ekkernkamp bot in seinem Grußwort eine weitere Intensivierung dieser Zusammenarbeit an und wünschte dem Kongress in Koblenz einen erfolgreichen Verlauf.

Oberstarzt d. R. Prof. Dr. Ekkernkamp betont die Bedeutung der ­Kooperation des Sanitätsdienstes mit den BG-Kliniken.

Festvortrag

Generalarzt Dr. Groß leitete den wissenschaftlichen Teil des Kongresses ein. Er machte deutlich, dass der Sanitätsdienst bei der Notfall- und Akutversorgung „Spitze“ sei, aber dass es bei Wiedereingliederung Erkrankter in den soldatischen Alltag noch hapert. Insbesondere wäre die Wiedereingliederung in den Dienst nach einer schweren Verletzung oder Erkrankung dann besonders erschwert, wenn nicht von Beginn an die Weichen dafür gestellt würden. Hier gelte es, deutlich besser zu werden und die Kooperation mit den BG-Kliniken zum gegenseitigen Vorteil zu nutzen. Damit leitete er zum Festvortrag über, für den in diesem Jahr Prof. Dr. Wolfram Mittelmeier, Direktor der Orthopädischen Klinik und Poliklinik der Universität Rostock, gewonnen werden konnte. Sein Festvortrag mit dem Thema „Herausforderung der Rehabilitation in einer technisierten Zeit“ führte dem Auditorium eindrucksvoll und sehr lebhaft vor Augen, dass Rehabilitation heute zahlreiche Facetten hat und eine „Standard-Reha“ nur wenig bis keinen Erfolg verspricht. Vielmehr läge der Schlüssel zur erfolgreichen Rehabilitation, also der weitestgehenden beruflichen Wiedereingliederung bzw. so wenig wie möglich eingeschränkten Teilhabe, in der richtigen Kombination von Algorithmen und Individualisierung. Hierzu müssten den Behandelnden sowohl die körperliche und mentale Ausgangsposition des Betroffenen sowie die funktionellen Aspekte des ausgeübten Berufes bekannt sein. Nur dann könnten mittels moderner Technik z. B. Bewegungsabläufe analysiert werden und in ein zielgerichtetes Training einfließen. Ebenso sei es von erheblicher Bedeutung, schon bei der Akutbehandlung eines Traumas die individuellen Reha-Ziele des Betroffenen vorauszudenken und bei der Therapiewahl zu berücksichtigen.

Als wissenschaftlicher Leiter des Kongresses leitet Generalarzt Dr. Groß zum Festvortrag über.

Prof. Dr. Mittelmeier forderte in seinem Festvortrag maximal mögliche Teilhabe als Rehabilitationsziel.

Prof. Dr. Mittelmeier betonte wiederholt, dass die Entwicklung moderner Reha-Strategien mit der Digitalisierung steht und fällt. So könne z. B. durch moderne Telemedizin eine Kommunikation mit Prothesen erfolgen und diese telemetrisch kontrolliert werden. Und die richtige Kombination bzw. Auswahl von stationärer und ambulanter Reha, Behandlung in der Häuslichkeit mit Physiotherapie und geeigneten Hilfsmitteln oder die Therapie in hochspezialisierten Einrichtungen setzten eine bruchfreie und lückenlose Dokumentation und Kommunikation voraus – auch zur Evaluation von Verfahren und Methoden im Netz. Das Zentrum für Sportmedizin der Bundeswehr böte fast einmalige Chancen für die Rehabilitation schwerverletzter Soldatinnen und Soldaten, es fehle die Digitalisierung: „Der Aufwand ist hoch in Warendorf, aber es fehlt für die Optimierung der Therapie die Digitalisierung, die einfach evaluierbare Daten zur Verfügung stellt.“

Ein weiteres wichtiges Element erfolgreicher Reha sei der Sport, betont Prof. Dr. Mittelmeier. „Reha fängt schon vor dem Unfallereignis an. Eine gute Fitness führt zu einer guten Reha!“ Sportliche Ziele könnten auch helfen, die Bereitschaft des Betroffenen zur aktiven Mitwirkung am Reha-Prozess und zum „Quälen“ das Erreichen der gesetzten Ziele stärken.

Ziel jeder Rehamaßnahme müsse es sein, durch individualisierte Zielsetzung und Therapie die körperlichen und mentalen Funktionen des betroffenen Menschen so wiederherzustellen, dass er mit geringstmöglichen Einschränkungen ins soziale Leben zurückkehren kann.

Wissenschaftliches Programm

Den Kongressteilnehmenden wurde ein umfassendes wissenschaftliches Programm geboten. Im Schwerpunkt der 4 Plenarsitzungen standen Fragestellungen zur Rehabilitation nach physischen und psychischen Traumata. So wurde u. a. die Bedeutung der optimalen Akutversorgung für die Rehabilitation nach Amputationsverletzungen herausgearbeitet, aber auch Therapieaspekte des häufigen Krankheitsbildes „Rückenschmerzen“ diskutiert. Das Post-COVID-19-Syndrom, Behandlungsansätze der Höhenkrankheit und der Einsatz tiergestützter Therapien waren Themen der Plenarsitzung 4, die mit Leutnant (SanOA) Bela Haraszti erstmals ein Sanitätsoffizieranwärter leitete.

Mit Leutnant (SanOA) Haraszti leitet erstmals ein Sanitätsoffizieranwärter eine Plenarsitzung, auf der hier Oberstarzt Prof. Dr. Max Mauer (rechts) aus der Neurochirugie in Ulm vorträgt.

Ein Highlight bot die Plenarsitzung 3, in der „Beyond the Borders“ zunächst das Rehabilitationskonzept der Niederländischen Streitkräfte vorgestellt wurde. Die Invictus-Games 2023 in Düsseldorf wurden von Brigadegeneral Alfred Marstaller, Projektleiter der Spiele, und Brigadier ret. Richard Smith, Operations Director Invictus Games Foundation London, präsentiert.

Brigadegenarl Marstaller und Brigadier ret. Smith (rechts) stellen die Invictus Games vor.

Erstmals gab es eine „Early Bird Session“, bei der Oberstveterinär Dr. Katalyn Rossmann eine Krisenbilanz zur COVID-19-Pandemie zog. Trotz des frühen Beginns um 7:45 h war der Plenarsaal gut besucht, was sicher sowohl dem Thema als auch der Expertise der Vortragenden geschuldet war.

Dieser und weitere ausgewählte Vorträge und Poster werden in der Wehrmedizinischen Monatsschrift in Kurzform vorgestellt.

Oberstveretinär Dr. Rossman konnte am Donnerstag zahlreiche Zuhörer bei der «Early-Bird-Session» begrüßen.

Workshops und Arbeitskreise

Der Nachmittag am Freitag, den 15. Oktober, bot Gelegenheit zu Workshops und Sitzungen der Arbeitskreise. Schon fast traditionell für den Jahreskongress fand der Workshop Militärpsychiatrie/Psychotraumatologie statt, erstmalig wurde in einem anderen Kreis das Thema Palliativmedizin in der Bundeswehr angesprochen. Neu war auch der Workshop „Junges wissenschaftliches Forum – Methodik erfolgreicher Wissenschaft“, den Leutnant (SanOA) Bela Haraszti und Oberstarzt Prof. Dr. ­Christian Willy leiteten. Aus den Arbeitskreisen und Workshops werden ebenfalls Berichte und ausgewählte Vorträge in der Wehrmedizinischen Monatsschrift veröffentlicht.

Wissenschaftliche Wettbewerbe

Im Nachwuchswettbewerb um den Heinz-Gerngroß-Förderpreis traten sieben Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in einem akademischen Vortragswettbewerb gegeneinander an. Den zweiten Preis errang Benedikt Masberg, Student der Chemie an der Universität Düsseldorf, den ersten Platz belegte Oberstabsarzt Dr. Hanns Leonhard Kaatsch vom Institut für Radiobiologie der Bundeswehr in München. Über diesen spannenden Wettstreit informiert ein Supplement zur Ausgabe 12–2021 der Wehrmedizinischen Monatsschrift.

Generalarzt Prof. Dr. Becker (rechts) stellt beim Posterwettbewerb kritische Fragen (links Oberstarzt Dr. Erley vom Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Köln)

Vor eine schwierige Aufgabe gestellt sahen sich die Juroren im Posterwettbewerb, Generalarzt Prof. Dr. Horst-Peter Becker und Oberstarzt Prof. Dr. Roman Wölfel. Aus 12 Postern aus der Institutsforschung der Bundeswehr und 14 Präsentationen aus den Gesundheitseinrichtungen mussten jeweils die besten drei ausgewählt werden. Die Sieger wurden zum Abschluss des Kongresses bekanntgegeben.

Oberstarzt Prof. Dr. Wölfel (rechts) begutachtet das Poster von Oberstarzt Dr. Jakobs zum neuen Laserschutz.

Posterpreis „Aus der Institutsforschung“

1. Preis
Oberregierungsrat Priv.-Doz. Dr. Markus Antwerpen
Innovation in der Krise: Ausbruchsaufklärung von SARS-CoV-2 – Molekulare Diagnostik und Epidemiologie im Team

2. Preis
Leutnant SanOA Stephanie-Quinta Wagner
DNA-Schadenverteilung nach Protonen-Minibeam Bestrahlung

3. Preis
Oberstarzt Dr. Ulrich Rohde
Valide und effiziente wehrmedizinische Begutachtung der körperlichen Leistungsfähigkeit im Kontext militärischer Anforderungen: Das neue „KI-KLF-Verfahren“

Posterpreis „Aus den Gesundheitseinrichtungen“

1. Preis
Oberfeldarzt Daniel Gagiannis
SARS-CoV2 - Trigger oder Auslöser einer klassischen Rheumaerkrankung?

2. Preis
Oberstarzt Dr. Frank Jakobs
Entwicklung einer zeitgemäßen Laserschutzbrille für das fliegende Personal der Bundeswehr: Testergebnisse trivalenter Beschichtungsverfahren

3. Preis
Stabsarzt Lisa-Maria Oberhuber
Reduktion der Narbenhernieninzidenz durch prophylaktische Netzimplantation nach offener Abdominalbehandlung (PROMOAT)

Die Gewinner des Posterpreises aus der Institutsforschung mit den beiden Juroren des Wettbewerbs. Oberstarzt Dr. Erley (links) hatte stellvertretend für Oberstarzt Dr. Rohde den Preis für den dritten Platz entgegengenommen.

Siegerehrung beim Posterpreis in der Gruppe «Aus den Gesundheitseinrichtungen». Oberstarzt a. D. Dr. Foyse nimmt stellvertretend für Oberfeldarzt Gagiannis den ersten Preis entgegen.

Standortbestimmung

Zum Anschluss des 52. Jahreskongresses gab der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Generaloberstabsarzt Dr. med. Ulrich Baumgärtner, seine Standortbestimmung. Er kam zunächst auf die letzten Einsätze in Deutschland und bei der Evakuierungsoperation in Afghanistan zu sprechen, wobei er mit einer Darstellung der Leistungen des Sanitätsdienstes im Rahmen der Corona-Pandemie einleitete, die erhebliche Kräfte gebunden hätten. Dieses sei nur im funktionierenden Systemverbund Gesundheitsversorgung der Bundeswehr möglich gewesen. Die Palette der Leistungen sei riesig gewesen und habe alle Bereiche des Sanitätsdienstes betroffen. Mehr als 500 fachlich qualifizierte Reservedienstleistende seien eingesetzt gewesen und das ohne großes Aufheben. Weitgehend unbemerkt sei auch geblieben, dass die nationale Distribution der Impfstoffe auf die Bundesländer ausschließlich über das Versorgungs- und Instandsetzungszentrum Quakenbrück erfolgt sei – schnell, zuverlässig, sicher und geräuschlos. Und alles sei geleistet worden, ohne den laufenden Grundbetrieb zu gefährden.

Standortbestimmung durch den Inspekteur des Sanitätsdienstes des Bundeswehr, Generaloberstabsarzt Dr. Baumgärtner.

International wurde mit zwei Einsatzkontingenten das kollabierende portugiesische Gesundheitssystem unterstützt, eine Sauerstofferzeugungsanlage und 120 Beatmungsgeräte sind in Indien immer noch in Betrieb. „Als Sanitätsdienst liegt es in unserer DNA dort zu helfen, wo wir gebraucht werden!“ – so das Credo von Generaloberstabsarzt Dr. Baumgärtner. Das gilt auch für den Einsatz des Sanitätsdienstes im Ahrtal, wo Menschen oft nur durch Einsatz geländegängiger Krankenkraftwagen oder des Eagle IV gerettet werden konnten. Aus dem Grundbetrieb waren Sanitätskräfte sofort startklar, um im August 2021 „Joint“ mit Heer und Luftwaffe die Evakuierung aus Kabul durchzuführen. Man dürfe aber auch nicht verkennen, dass die Kräfte des Sanitätsdienstes jetzt einen gewissen Regenerationsbedarf hätten.

Im zweiten Schwerpunkt seiner Standortbestimmung widmete sich der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr dem „Eckpunktepapier für die Bundeswehr der Zukunft“. Er machte klar, dass sich an den Stationierungen nichts verändern werde und der Umfang der Streitkräfte gleichbliebe. Das Ziel „Mehr Truppe und weniger Stäbe“ sei im Sanitätsdienst im Grunde bereits realisiert. Weniger als 6 % der Truppenstärke des Sanitätsdienstes sei in Stäben eingesetzt, und diese würden dort zu einem sehr großen Teil zusätzlich noch Fachaufgaben erfüllen. Das sei deutlich weniger Stabspersonal als in anderen Organisationsbereichen.

Im Ministerium werde es zur Einrichtung eines „Generalarztes der Bundeswehr“ kommen, in Koblenz werde ein Kommando Gesundheitsversorgung aufgestellt werden. Wie die Stärkung der sanitätsdienstlichen Unterstützung für die Dimensionen, die vor allem vom Heer gefordert wird, erfolgen soll, sei in der Diskussion. „Defizite entstehen nicht durch ein Nicht-Wollen, sondern durch ein Nicht-Können. Weil Personal und Material fehlen. Aber diese Ressourcen fehlen jedem, der diese Aufgabe zu organisieren hat!“, stellte Generaloberstabsarzt Dr. Baumgärtner fest.

Neben den laufenden Rüstungsvorhaben, insbesondere im Rahmen der Beschaffung geschützter Sanitätsfahrzeuge und anderer Transportmittel sowie der Luftlanderettungszentren, stellte der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr die neue Möglichkeit der Beschaffung handelsüblichen Sanitätsmaterials über den Einkauf Bundeswehr als „Leuchtturmmaßnahme“ heraus. Dieses verkürze die Beschaffungsdauer erheblich, da das Rüstungsverfahren CPM mit der oft langwierigen Erarbeitung von Phasenpapieren hierfür nicht erforderlich sei.

Generaloberstabsarzt Dr. Baumgärtner beendete seine Standortbestimmung mit der Bemerkung: „Wenn wir heute besonders über die Dimensionen Space, Cyber, Luft, Land und See sprechen, so muss ich dem entgegenhalten, dass die Dimension Mensch dabei immer intensiv mitbetrachtet werden muss. Diese beinhaltet den Menschen und alles was ihn ausmacht, wie er denkt und fühlt, wie er agiert und reagiert, und was er allein oder in gruppendynamischen Prozessen hervorbringt. Und da müssen wir im Sinne der Prävention seine physische und psychische Gesundheit schützen.“

Social Events und Gewinner

Der Förderverein zur Unterstützung der Arbeit mit Versehrten (FUAV) und das Soldatenhilfswerk der Bundeswehr gehörten zu den Gewinnern des Kongresses. Beim erstmals bei einem Kongress der DGWMP e. V. durchgeführten Spendenlauf, bei dem jeder von den gegen eine Anmeldespende Teilnehmenden gelaufene Kilometer von verschiedenen Firmen gesponsort wurde. Die Teilnehmenden erliefen einen Betrag von 1 000,- Euro. Bei der Tombola im Rahmen des Gesellschaftsabends am Freitag, 15. Oktober, bei der es u. a. einen straßentauglichen Elektroroller zu gewinnen gab, waren alle 3 000 Lose verkauft worden. FUAV und Soldatenhilfswerk freuten sich über je 1 500,- Euro für ihre soziale Arbeit.

Der gut besuchte Festabend bot Gelegenheit zu persönlichen Gesprächen und war ein würdiger Rahmen für die Verleihung des Heinz-Gerngroß-Förderpreises 2021.

Der Abend klang im der Rhein-Mosel-Halle benachbarten Weindorf aus, wo die anwesenden „Junggebliebenen“ von Oberstabsbootsmann Stefanie ­Hipler und ihrem Musikpartner Ralf mit rockiger Stimme und fetziger Musik begrüßt wurden. So mancher fand da, oft nach Jahren der Tanzabstinenz, den Weg zurück auf die Tanzfläche – ein gelungener Abschluss des Abends.

Die wirklichen Gewinner der Tombola waren das Soldatenhilfswerk der Bundeswehr und der FUAV.

Fazit und Ausblick

Die Organisatoren des 52. Jahreskongresses der DGWMP e. V. setzten Maßstäbe. Das neue Format ohne Parallelität von Plenarvorträgen und anderen Sitzungen, Workshops oder Wettbewerben wurde ganz überwiegend begrüßt. Dadurch war auch die Präsenz in allen Veranstaltungen deutlich besser als in der Vergangenheit. Die Kongress-App bot zeitgemäße digitale Unterstützung. Und kurz nach der Anfertigung standen auch die Tagungsfotos in der App zur Verfügung.

Ein erster Schritt zur stärkeren Einbindung des Nachwuchses im Sanitätsdienst in die Kongressgestaltung wurde gegangen. Das hat viel Potenzial für die Zukunft. Es lohnt sich, in der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie Mitglied zu sein oder zu werden und aktiv mitzuwirken.

Die enge themenbezogene Kooperation mit zivilen Partnern – wie den BG-Kliniken bei diesem Kongress – und die Einbindung befreundeter Sanitätsdienste anderer Nationen fördert den wissenschaftlichen Diskurs und ist von gegenseitigem Nutzen.

Und die Tatsache, dass das Organisationsteam von einer Gruppe Soldaten aus dem Sanitätsdienst unterstützt wurde, die dafür einen Teil ihres Jahresurlaubs genommen hatten, zeigt auch, dass aktives Mitwirken in der DGWMP e. V. auch viel Freude bereiten kann.

Nach dem Kongress ist vor dem Kongress. Mit dem mindestens genauso spannenden Titel „Wehrmedizin regional und global – Herausforderungen nach der Pandemie“ wird vom 27.–29. Oktober 2022 der 53. Jahreskongress im Hotel Alte Meyer Werft in Papenburg stattfinden, zu dem schon jetzt herzlich eingeladen wird.

Oberstarzt a. D. Dr. Peter Mees
Chefredakteur der Wehrmedizinischen Monatsschrift
E-Mail: wmm@p-mees.de