Wehrmedizinische Monatsschrift

Prävention bei
anstrengungsbedingtem Hitzestress

Karl Jochen Glitza, Ulrich Rohdea, Claus Piekarski b,Dieter Leyka, c

a Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr

b Institut und Poliklinik für Arbeitsmedizin, Umweltmedizin und Präventionsforschung der Universität zu Köln

c Deutsche Sporthochschule Köln, Forschungsgruppe Leistungsepidemiologie

 

Einleitung

Typische militärische Belastungen (z. B. Marschieren oder Bewegen im Gelände, oftmals mit großen Lasten) führen zu einer hohen metabolischen Wärmeproduktion in der arbeitenden Muskulatur. Gleichzeitig ist die Entwärmung des menschlichen Körpers durch die thermische Isolationswirkung militärischer Schutzbekleidung (z. B. ballistischer Körperschutz) erheblich eingeschränkt, so dass selbst bei moderaten Umgebungstemperaturen scheinbar unvermittelt anstrengungsbedingte Hitzeerkrankungen auftreten können. Dieser Beitrag stellt Präventionsmaßnahmen vor, die im Anschluss an das internationale Symposium „Gesundheit und Leistung bei Hitzestress“ durch das Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr (InstPrävMedBw) initiiert und durchgeführt wurden. Primäres Ziel war es, die Truppe für die latente Gefahr zu sensibilisieren und Hitzezwischenfälle zu vermeiden.

Abb. 1: Zielgruppen- bzw. ebenengerechte Information durch Experten des InstPrävMedBw bildet die Wirkungskette zur Sensibilisierung der Truppe für die Gefährdung durch anstrengungsbedingten Hitzestress

Methodik

Die Erkenntnisse aus dem internationalen Symposium 2018 hat InstPrävMedBw – unter Einbeziehung aktueller Leitlinien- und Fachempfehlungen – genutzt, um pragmatische Präventionsmaßnahmen zu identifizieren und diese zielgruppen-/ebenengerecht zu vermitteln.

Ergebnisse

Militärische Führungsebenen (z. B. Kommando Heer), aber auch der Arbeitsschutz in der Bw, wurden durch einen Wissenschaftler des Instituts in anwendungsnahen, wissenschaftsbasierten Vorträgen informiert. Diese enthielten u. a. Empfehlungen zum präventiven Hitzestressmanagement, darunter arbeitsorganisatorische Maßnahmen zur Expositionsreduzierung, Anpassen von Arbeitsschwere und Bekleidungsisolation an das Klima, Eckdaten zum Flüssigkeits-/Elektrolythaushalt, Bedeutung ausreichender Akklimatisation und körperlicher Fitness, Sofortmaßnahmen bei Hitzschlag und zahlreiche andere Informationen.

Abb. 2: Durch das InstPrävMedBw erarbeitete Präventionsmaßnahmen (Auswahl)

Für die Truppe wurde unter Federführung des InstPrävMedBw eine Taschenkarte entwickelt, die in komprimierter Form die wichtigsten Fakten zum Hitzestress aufführt, das Erkennen von Hitzeerkrankungen erleichtert und Erste Hilfe-Maßnahmen beschreibt. Im Rahmen eines Pilotprojektes wurden Ausbilder besonders exponierter Ausbildungseinheiten in Unterrichten durch Institutsangehörige sensibilisiert und präventiv in der Handhabung einer erweiterten Taschenkartenversion (mit Handlungsvorgaben für Ausbilder/Führungspersonal) geschult. Dazu diente auch der Institutsflyer „Hot Ten“, der die 10 wichtigsten Punkte der Hitzeprävention bzw. der Erste Hilfe-Maßnahmen bei Hitzeerschöpfung bzw. Hitzschlag 1 in einer leicht verständlichen Form enthält. Der Flyer „Hot Ten“ kann hier herunterjaden werden.

Abb. 3: „Hitzenotfälle + Symptome“ als Teil der Taschenkarte „Arbeiten ohne Überhitzung“, die unter Federführung des InstPrävMedBw erarbeitet wurde; die Taschenkarte kann hier heruntergeladen werden.

Fazit und Ausblick

Die vorgestellten Maßnahmen konnten rechtzeitig zu Beginn des Hitzesommers 2018 umgesetzt werden. Im Jahr 2018 ist keine schwerwiegende Hitzeerkrankung eines/r Soldaten/in bekannt geworden. Dieser Erfolg bestätigt das zwischenzeitliche Vorgehen, die Sensibilisierung der Truppe für die Gefährdung durch anstrengungsbedingte Hitzeerkrankungen in die reguläre Ausbildung zu integrieren und unterstreicht die Notwendigkeit der wehrmedizinischen Ressortforschung zur Identifikation von weiteren militärischen Arbeitsplätzen mit besonderem Hitzestress.

Als über die Bundeswehr hinauswirkende Maßnahme wurde von einer Arbeitsgruppe thermophysiologisch erfahrener Wissenschaftler und Kliniker unter Federführung des Leiters des InstPrävMedBw eine umfassende Übersichtsarbeit zur gesundheitliche Gefährdung durch Hitzestress und zur Notwendigkeit der sofortigen Intervention bei anstrengungsbedingter Überhitzung (z. B. massive Kühlung in den ersten 30 min nach einem Hitzschlag) in einem Schwerpunktheft des Deutschen Ärzteblattes zu den medizinischen Folgen des Klimawandels publiziert.

Literatur

  1. Glitz KJ, Gorges W, Leyk D, Piekarski C: Arbeit unter klimatischer Belastung: Hitze. LEITLINIE. Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V. In: AWMF online – Das Portal der wissenschaftlichen Medizin 2012. mehr lesen
  2. Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr (Hrsg.): „Hot Ten“. Infos und Tipps für die Hitze. Einsatzinformation. Zuletzt überarbeitet: Juni 2018.
  3. Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr (Hrsg.): „Arbeiten ohne Überhitzung“. Regelungsnahes Dokument: ARD-874/0-4004a; 16. August 2018.
  4. Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr (Hrsg.): „Erste Hilfe in der Bundeswehr“. Regelungsnahes Dokument: ARD-874/0-4004b; 08. Februar 2019.
  5. NATO RTO (Ed.): Management of heat and cold stress – guidance to NATO medical personnel. Technical Report. RTO-TR-HFM-187; 2013. mehr lesen
  6. Leyk D, Hoitz J, Becker C, Glitz KJ, Nestler K, Piekarski C: Health risks and interventions in exertional heat stress. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 537–544. mehr lesen
  7. Wehrmedizinische Monatsschrift 10/2018: Themenheft zum Symposium „Gesundheit und Leistung bei Hitzestress. Bonn: Beta Verlag 2018. mehr lesen

Downloads

Flyer „Hot Ten“ (InstPrävMedBw - Juni 2018)

Taschenkarte Hitze (KdoSanDstBw - August 2018)

Manuskriptdaten

Zitierweise

Glitz KJ, Rohde U, Piekarski C, Leyk D: Prävention bei anstrengungsbedingtem Hitzestress (Vortrags-Abstract). WMM 2020; 64(1): 42-43.

Für die Verfasser

Dr. Karl Jochen Glitz

Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr

Fachbereich A4 – Umweltergonomie und Bekleidung

Andernacher Str. 100, 56070 Koblenz

E-Mail: karljochenglitz@bundeswehr.org

Vortrag beim 50. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Wehrmedizin und Wehrpharmazie e. V. in Leipzig, 10.-12. Oktober 2019


1 Der Flyer „Hot Ten“ steht in der E-Paper-Version dieser Ausgabe der WMM als PDF-Datei zur Verfügung.