Wehrmedizinische Monatsschrift

FLUGMEDIZINISCHES RISKASSESSMENT

Parenchymläsion des Kleinhirns als Zufallsbefund im Rahmen der Erstbegutachtung auf Wehrfliegerverwendungsfähigkeit bei einem Pilotenanwärter – ein Fallbericht

Parenchymal Lesion of the Cerebellum as an Incidental Finding within the Initial Medical Screening
of Military Pilot Candidates – Case Report

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Josef Ehlinga, b, Sven-Erik Sönksena, Daniel A. Veitb, Stephan Waldeckb, Hans-Jürgen Nobléa

a Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Fachdezernat II3g – Bildgebende Diagnostik, Fürstenfeldbruck

b Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, Klinik VIII – Radiologie und Neuroradiologie

 

Zusammenfassung

An einem Fallbeispiel wird der Nutzen moderner bildgebender Verfahren im Rahmen der medizinischen Begutachtung auf Wehrfliegerverwendungsfähigkeit am Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe demonstriert. Wir berichten über den seltenen Fall einer funktionell vollständig kompensierten frühkindlichen Kleinhirnläsion eines 27-jährigen Bewerbers für den fliegerischen Dienst der Bundeswehr. Mittels kontrast-verstärkter 3 Tesla Magnetresonanztomografie und Magnetresonanzspektroskopie konnte die cerebelläre Strukturstörung als degenerativ-zystische Parenchymläsion charakterisiert und von ischämisch-hämorrhagischen Prozessen, hamartomatösen Wucherungen im Sinne eines dysplastischen Gangliozytoms (Lhermitte-Duclos-Syndrom) oder von malignen Prozessen abgegrenzt werden, so dass eine Beeinträchtigung der Wehrfliegerverwendungsfähigkeit langfristig nicht zu erwarten ist.

Schlüsselwörter: Radiologie, MRT, Pilotenanwärter, Wehrfliegerverwendungsfähigkeit, Lhermitte-Duclos-Syndrom, niedrig maligne Gliome

Summary

Our case report demonstrates the benefits of a modern imaging-based screening in the context of medical assessment of military pilot candidates at the Center for Aerospace Medicine of the German Air Force. We report on the rare case of a functionally fully compensated early childhood cerebellar lesion in a 27-year-old applicant for aviation service of the Bundeswehr. Using contrast-enhanced 3 Tesla magnetic resonance imaging and magnetic resonance spectroscopy, the cerebellar structural disorder could be characterized as a degenerative-cystic parenchymal lesion and distinguished from ischemic-hemorrhagic processes, hamartomatous tumors such as dysplastic cerebellar gangliocytoma (Lhermitte-Duclos syndrome) or malignant processes, so that an impairment of aviation ability is not to be expected in the long term.

Keywords: radiology, MRI, pilot candidates, fitness to fly, Lhermitte-Duclos syndrome, low grade glioma

Hintergrund

An militärische Luftfahrzeugführer (LFF) werden für ihre Verwendung besonders hohe Ansprüche hinsichtlich ihrer kognitiven und motorischen Fähigkeiten unter ­Extrembedingungen gestellt. Daher stehen akute oder chronische Erkrankungen des zentralen Nervensystems im Fokus der flugmedizinischen Begutachtung am ­Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe (ZentrLuRMedLw).

Im Rahmen der interdisziplinären Begutachtung auf Wehrfliegerverwendungsfähigkeit (WFV) am ZentrLuRMedLw durchlaufen daher alle Bewerberinnen und jeder Bewerber für den fliegerischen Dienst ein nicht invasives bildgebendes Screening mittels 3 Tesla Magnetresonanztomografie (MRT) zum Ausschluss bzw. zur Einordnung flugmedizinisch relevanter struktureller ZNS-Läsionen. Dieses MRT-basierte Screening beinhaltet neben der Darstellung der gesamten Wirbelsäule eine mehrsequenzielle dreidimensionale Darstellung des Neurokraniums [6].

Ziel der bildgebenden Diagnostik am ZentrLuRMedLw ist es, bei Bewerbern/-innen vor Aufnahme der fliegerischen Ausbildung flugmedizinisch relevante Befunde oder prognostisch ungünstige Anlagevarianten auszuschließen, welche mit einem erhöhten Risiko für den gefürchteten Fall einer Sudden Incapacitation, also einer plötzlichen Handlungsunfähigkeit des Piloten bzw. der Pilotin, einhergehen. Hier seien beispielsweise intrakranielle arterio-venöse Malformationen oder intradurale Aneurysmen mit erhöhter Lebenszeitprävalenz für intrakranielle Blutungen, Liquorabflusshindernisse, intraaxiale Raumforderungen sowie entzündliche Marklagerläsionen genannt.

Falldarstellung

Anamnese

Ein 27-jähriger Soldat und Student der Sportwissenschaften hatte sich für den fliegerischen Dienst der Bundeswehr als Luftfahrzeugführer für Flächenflugzeuge beworben. Während seiner vorangegangenen Ausbildung zum angehenden Sportoffizier fielen keinerlei kognitive oder motorische Defizite auf. Nach erfolgreicher Eignungsfeststellung (Phase I) und überdurchschnittlichem Ergebnis beim Absolvieren der fliegerpsychologischen Erstuntersuchung (Phase II) stellte sich der Bewerber in subjektivem Wohlbefinden zur flugmedizinischen Begutachtung auf Wehrfliegerverwendungsfähigkeit im ZentrLuRMedLw in Fürstenfeldbruck vor.

Magnetresonanztomographie

Bei jeder Bewerberin und jedem Bewerber für den fliegerischen Dienst in der Bundeswehr wird im Rahmen der flugmedizinischen Begutachtung auf Wehrfliegerverwendungsfähigkeit (WFV) am ZentrLuRMedLw routinemäßig eine native Magnetresonanztomographie (MRT) des Neurokraniums und des gesamten Achsenskelettes bei einer Feldstärke von 3 Tesla durchgeführt [6].

Bei dem 27-jährigen Bewerber zeigte sich in der MRT rechts cerebellär in den anterioren Cortex-Anteilen sowie im Marklager zum Vermis cerebelli hin eine schwammartig-zystische Transformationszone über eine Fläche von insgesamt 2,7 x 3,1 x 3,1 cm (rl x cc x ap) mit ­T2-­hyperintensen Signalalterationen ohne raum­for­dernden Aspekt oder angrenzendem Ödem (Abbildung 1 A-H).

Aufgrund des außergewöhnlichen Kleinhirnbefundes erfolgte nach Aufklärung und schriftlich dokumentiertem Einverständnis des Probanden eine ergänzende MRT-Untersuchung mit intravenöser (i.v.) Kontrastmittelapplikation. Hier zeigte sich nach i.v. Gabe eines zyklischen Gadolinium-haltigen Kontrastmittels (KM) kein pathologisches KM-Enhancement im Sinne einer Blut-Hirn-Schrankenstörung (Abbildung 1 I-J).

Abb. 1: MRT-Befund im Rahmen der Erstuntersuchung auf WFV: In der nativen MRT (A-H) findet sich eine schwammartig-zystische,
T2-hyperintense sowie T1-hypointense Transformationszone der Rinde (Pfeile) sowie des Marklagers (Pfeispitzen) des rechten Kleinhirns.
Nach i.v. KM-Gabe (I-J) ist keine pathologische Blut-Hirnschranken-Störung zu erkennen.
MRT-Sequenzwahl:
A-B) saggitale T2 dark fluid, C-D) koronare T2 TSE, E-F) transversale feinschichtige T2 SPACE, G-H) transversale T1 IR,
I-J) koronare T1 fl2d post KM

Zum Ausschluss einer ischämisch-hämorrhagischen ­Genese wurden ergänzende Ischämie-, Gefäß- und ­Blutungsspezifische MRT-Sequenzen durchgeführt (Abbildung 2 A-H). Hier zeigten sich weder in den diffusionsgewichten Sequenzen (Abbildung 2 A-D) noch in den suszeptibilitätsgewichteten Sequenzen (Abbildung 2 E-F) infarkt- oder blutungsspezifische Veränderungen. Eine vertebrobasiläre Dissektion konnte ebenso wie eine fehlende Perfusion der A. cerebelli superior mittels Time-of-Flight (ToF) Angiografie (Abbildung 2 G-H) ausgeschlossen werden. Angesichts der Lokalisation der sowohl im rechts cerebellären Marklager als auch im Cortex lokalisierten Parenchymläsion im Versorgungsgebiet der A. cerebelli superior war es für die flugmedizinische Beurteilung von entscheidender Wichtigkeit, eine hämorrhagisch-ischämische Genese auszuschließen.

Nebenbefundlich fanden sich eine zystisch transformierte, ca. 0,6 x 1,1 cm messende Glandula pinealis loco typico ohne raumfordernden Aspekt sowie eine kleine, spindelförmig konfigurierte und ca. 1,6 x 0,7 cm messende Arachnoidalzyste links temporopolar. Darüber hinaus stellte sich das Neurokranium bildmorphologisch unauffällig dar.

Abb. 2: Ischämie-, Blutungs- und Gefäßspezifische MRT-Sequenzen:
Es fehlt der Nachweis einer ischämischen Genese der schwammartig-zystischen rechts cerebellären Kleinhirnläsion (Pfeile) bei unspezifischer Signalabsenkung in den diffusionsgewichteten Sequenzen (A-B) und Durchscheineffekt im ADC Mapping (C-D). Zudem fehlt bei lediglich unspezifisch flauer Signalabsenkung in den SWI-Sequenzen (MIP) (E-F) ein Nachweis stattgehabter (Mikro-)Blutungen.
In der nativen 3D ToF Angiographie (MIP) zeigt sich ein regelrechter Abgang der A. cerebelli superior rechts (Pfeilspitze) sowie fehlender Nachweis einer vertebrobasilären Dissektion. Nebenbefundlich findet sich die Anlagevariante eines fetalen Abgangs der A. cerebri posterior rechts aus der A. carotis interna (#) bei hypoplastischem P1-Segment der A. cerebri posterior rechts (*).

Magnetresonanzspektroskopie

Im Rahmen der ergänzenden diagnostischen Abklärung des neuroradiologischen Zufallsbefundes wurde im Rahmen einer Magnetresonanzspektroskopie (MRS) in der Klinik für Radiologie und Neuroradiologie des Bundeswehrzentralkrankenhauses Koblenz (BwZKrhs) eine Single-Voxel-Spektroskopie (SVS) durchgeführt. Das bei dieser Untersuchung resultierende Spektrum enthält ­Angaben über die Konzentration einzelner Metabolite, welche im gesunden Hirnparenchym in definierten Verhältnissen vorliegen. U. a. werden Trimethylamine wie Cholin (Cho) als Marker des Membranphospholipidmetabolismus, Kreatin (Cr) als Marker für den Energiemetabolismus und N-Acetyl-Aspartat (NAA) als Marker für die Synthese bzw. den Abbau von neuronenspezifischen Aminosäurederivaten bestimmt [1][2][7]. Außerdem ­können erhöhte Konzentrationen pathologischer Metabolite wie Laktat, dessen Spiegel bei einer veränderten Stoffwechsellage von der aeroben zur anaeroben Glykolyse, oder Lipide, deren Peaks vermehrt bei Gewebsnekrosen oder Metastasen vorliegen, Hinweise auf ein malignes Grundgeschehen geben [7][8]. Je nach Konfiguration eines atypischen Verteilungsspektrums kann dieses folglich Hinweise auf unspezifisch gliotische, akut entzündliche, nekrotische oder proliferative Prozesse geben.

In der SVS der rechts cerebellären Läsionen des 27-jährigen Bewerbers zeigte sich eine globale Absenkung von Cholin (Cho), Kreatin (Cr) und N-Acetyl-Aspartat (NAA) mit einer nahezu identischen Ratio von NAA/Cr im Vergleich zum Referenzspektrum des gesunden linksseitigen cerebellären Marklagers (Abbildung 3). Eine erhöhte Konzentration pathologischer Metabolite wie Lipide oder Laktat fand sich magnetresonanzspektroskopisch ebenso wenig wie eine erhöhte Konzentration des Zellproliferationsmarkers Cholin (Abbildung 3).

Abb. 3: Magnetresonanzspektroskopie (MRS)
In der Single-Voxel-Spektroskopie (SVS) findet sich in einer repräsentativ ausgewählten Marklagerläsion rechts cerebellär eine Absenkung von Cholin (Cho), Kreatin (Cr) und N-Acetyl-Aspartat (NAA) mit einer nahezu identischen Ratio von NAA/Cr im Vergleich zum Referenzspektrum des gesunden linksseitigen cerebellären Marklagers
(I: Integral).

Zusammenfassend sprach der spektroskopische Befund primär und nachdrücklich für eine multifokale rechts cerebelläre Parenchymläsion mit Rinden- und Marklagerbeteiligung aus dem unspezifischem neurodegenerativem Spektrum im Sinne multifokaler cerebellärer Gliosen ohne Anhalt für eine Proliferation. Korrespondierend hierzu passt die fehlende KM-Anreicherung sowie der fehlende raumfordernde Charakter in der konventionellen MRT.

Diskussion

Flugmedizinische Beurteilung

Aufgrund der MRT- und MRS-Befunde wurde die Parenchymläsion des Kleinhirns des 27-jährigen Bewerbers als lokal umschriebene Neurodegeneration ohne Zeichen eines proliferativen Prozesses gewertet. Ein invasives intraaxiales Wachstumsmuster konnte mittels bildgebender Verfahren ebenso wie eine hamartomatöse ­Wuche­rung im Sinne eines Lhermitte-Duclos-Syndroms ­ausgeschlossen werden. Ebenso konnten hämorrhagisch-ischämische Ursachen der rechts cerebellären Parenchymläsion im Versorgungsgebiet der A. cerebelli superior ausgeschlossen werden.

In der neurologisch-funktionellen Untersuchung zeigte der Bewerber keinerlei neurologische Defizite. Funktionelle Defizite infolge der am ehesten frühkindlich erworbenen neurodegenerativen Parenchymläsion sind auch in Zukunft nicht zu erwarten. Insgesamt kann damit aus flugmedizinischer Sicht die prognostische Bewertung der umschriebenen, lokal begrenzten Parenchymläsion des Kleinhirns dahingehend günstig gesehen werden, dass die angestrebte WFV im Rahmen eines Sondergenehmigungsverfahrens erteilt werden kann.

Differenzialdiagnosen

Differenzialdiagnostisch muss bei derartigen cerebellären Mark-/Rindenveränderungen im Versorgungsgebiet der A. cerebelli superior stets eine ischämische oder hämorrhagische Genese, insbesondere unter dem Aspekt der Flugsicherheit, ausgeschlossen werden. Darüber hinaus muss eine – gerade bei jungen Sportlern gar nicht so selten auftretende – vertebrobasiläre Dissektion als Auslöser von Infarkten ausgeschlossen werden [3].Bei diesen Differenzialdiagnosen kann das schnell, ­nicht-invasiv und ohne die Applikation von Kontrastmittel systematisch mittels moderner MRT-Bildgebung erfolgen. Daher gehören Ischämie-, Blutungs- und Gefäß-spezifische Sequenzen zum Standardprotokoll im Rahmen des MRT-basierten Erstbewerberscreenings am ZentrLuRMedLw.

Aufgrund des spongiösen Charakters sollten differenzialdiagnostisch bei derartigen cerebellären Veränderungen außerdem das Lhermitte-Duclos-Syndrom sowie niedrig maligne Gliome in Betracht gezogen werden. Bei dem Lhermitte-Duclos-Syndrom handelt es sich um eine Variante des pleomorphen, autosomal-dominant vererbten Cowden-Syndroms, welches klinisch durch hamartomatöse Wucherungen aller drei Keimblätter in Erscheinung tritt und aufgrund einer Mutation des Tumorsuppressorgens PTEN dem PTEN-Hamartom-Tumor-Syndrom (PHTS) zugeordnet wird [4][9].

Charakteristisch für das Lhermitte-Duclos-Syndrom ist die Ausbildung cerebellärer dysplastischer Gangliozytome im Erwachsenenalter, die sich klinisch entsprechend der Größe der cerebellären Raumforderung durch neurologische Symptome präsentieren. Typische klinische Symptome des Lhermitte-Duclos-Syndroms sind Ataxie, erhöhter Hirndruck und Krampfanfälle infolge des zerebralen hamartomatösen Tumors. Kindliche Gangliozytome sind nur selten mit einer PTEN-Mutation assoziiert [4][9].

Neuroradiologisch imponiert bei einem dysplastischen Gangliozytom eine streifenförmige Verbreiterung des cerebellären Cortex, meist eines Kleinhirnlappens, mit T2-hyperintenser Signalgebung in der MRT. Aufgrund des hamartomatösen Charakters wäre eine Kontrastmittelaufnahme im Sinne einer Blut-Hirn-Schrankenstörung eher gering ausgebildet.

Der entscheidende Unterschied zu (multifokalen) cerebellären Gliosen findet sich in der MRS: Hier wäre ein dysplastisches Gangliozytom im Sinne eines Lhermitte-Duclos-Syndroms durch erhöhte Laktat-Level, eine Reduktion des neuronenspezifischen Markers N-Acetyl-Aspartat (NAA) sowie eine deutliche Reduktion von Cholin charakterisiert. Im Gegensatz hierzu wäre bei Malignomen die Konzentration des Zellproliferationsmarkers Cholin (Cho) erhöht [5].

Aufgrund der zu erwartenden erheblichen funktionellen Einschränkungen wären sowohl das Lhermitte-Duclos-Syndrom als auch niedrig maligne Gliome nicht mit der Erteilung einer WFV vereinbar.

Fazit

Moderne bildgebende Diagnostik hilft nicht nur zum Erkennen flugmedizinisch relevanter Befunde bei Bewerber/-innen für den fliegerischen Dienst, sondern ermöglicht auch eine weitergehende Charakterisierung und Befundeinordnung unter flugmedizinisch relevanten Gesichtspunkten. Daraus ergibt sich der große Nutzen moderner bildgebender Verfahren insbesondere in der Einordnung auffälliger Befunde unter flugmedizinischen Aspekten. Diese Verfahren können explizit eingesetzt werden, um Bewerber/-innen mit auffälligen Befunden grundsätzlich in eine fliegerische Ausbildung zu überführen. So kann der schmale Grat zwischen prognostisch günstiger Anlagevariante, frühkindlich erworbenem aber vollständig kompensiertem Hirnschaden, funktionell relevantem Hirnschaden und prognostisch ungünstiger Malformation gerade durch die moderne Bildgebung im Sinne einer Risikostratifizierung klarer differenziert werden.

Letztendlich führt die Durchführung systematischer MRT-Untersuchungen am ZentrLuRMedLw in Kooperation mit der Klinik für Radiologie und Neuroradiologie des BwZKrhs Koblenz nicht nur zu einer Risikominimierung bezüglich des gefürchteten Eintretens einer Sudden Incapacitation. Sie hat unter dem Aspekt der schwierigen Personalbedarfsdeckung für das anspruchsvolle Tätigkeitsfeld militärischer Luftfahrzeugführer explizit auch unmittelbare Relevanz für die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte. Umfassende, differenzialdiagnostisch aussagekräftige Abklärung auffälliger Befunde durch den Einsatz moderner bildgebender Verfahren führen – wie in dem vorliegenden Fall gezeigt – zu einer Erhöhung der Anzahl an WFV-Erteilungen, da im Rahmen eines möglichen Sondergenehmigungsverfahrens unter Auflage regelmäßiger MRT-Verlaufskontrollen bei entsprechend dokumentierter Befundkonstanz der Erhalt der WFV langfristig gewährleistet werden kann und somit dem Primat der Flugsicherheit auch bei Normabweichungen vollumfänglich Rechnung getragen wird. Gerade unter dem Aspekt hoher Anforderungen an die Personalauswahl und zeit- wie kostenintensiver Ausbildungsgänge für Luftfahrzeugbesatzungen wird hier der besondere Stellenwert fachlich abgewogener flugmedizinischer Bewertung von Befunden auf der Basis hochwertiger Bildgebung evident.

Erklärung zum Datenschutz

Der Bewerber hat sich mit der Veröffentlichung seiner im Rahmen der Untersuchung auf Wehrfliegerverwendungsfähigkeit erhobenen Befunde in anonymisierter Form einverstanden erklärt. Eine entsprechende schriftlich dokumentierte Einverständniserklärung liegt vor.

Literatur

  1. Backens M: Technik der Protonen- und Phosphor-MR-Spektroskopie. Radiologe 2017; 57: 428–437. mehr lesen
  2. Bray MD, Mullins ME: Metabolic white matter diseases and the utility of MR spectroscopy. Radiol Clin 2014; 52: 403–411. mehr lesen
  3. De Cocker LJL, Lövblad K-O, Hendrikse J: MRI of cerebellar infarction. Eur Neurol 2017; 77(3-4): 137–146. mehr lesen
  4. Deutsche Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie (DGKED): Diagnostik und Management von Patienten mit PTEN Hamartom Tumor Syndrom (PHTS) im Kindes- und Jugendalter. DGKED 2019: Kapitel 2.5. , letzter Aufruf 1. Mai 2021. mehr lesen
  5. Klisch J, Juengling F, Spreer J et al.: Lhermitte-Duclos disease: Assessment with MR Imaging, Positron Emission Tomography, Single-photon Emission CT, and MR Spectroscopy. AJNR Am J Neuroradiol 2001; 22(5): 824–830. mehr lesen
  6. Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr: Wehrfliegerverwendungsfähigkeit und weitere Tauglichkeitsbegutachtungen von Luftfahrtpersonal. KdoSanDstBw 2018; Zentralvorschrift A1-831/0-400: §§244 und 248.
  7. Lanfermann H, Herminghaus S, Pilatus U, Hattingen E, Zanella FE: Bedeutung der 1H-MR-Spektroskopie bei der Differenzialdiagnose und Graduierung intrakranieller Tumoren. Dtsch Arztebl 2004; 101: A 649–655. mehr lesen
  8. Reith W: MR-Spektroskopie in der klinischen Diagnostik. Radiologe 2017; 57: 427. mehr lesen
  9. Riegert-Johnson DL, Gleeson FC, Roberts M, et al: Cancer and Lhermitte-Duclos disease are common in Cowden syndrome patients. Hered Cancer Clin Pract 2010; 8(1): 6. mehr lesen

Manuskriptdaten

Eingereicht: 1. März 2021

Nach Überarbeitung angenommen: 30. April 2021

Zitierweise

Ehling J, Sönksen SE, Veit DA, Waldeck S, Noblé HJ: Parenchymläsion des Kleinhirns als Zufallsbefund im Rahmen der Erstbegutachtung auf Wehrfliegerverwendungsfähigkeit bei einem Pilotenanwärter – ein Fallbericht. WMM 2021; 65(8): 315-319.

Für die Verfasser

Oberstabsarzt Dr. Dr. Josef Ehling

Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe

Fachdezernat II3g – Bildgebende Diagnostik

Straße der Luftwaffe 322, 82256 Fürstenfeldbruck

E-Mail: josef1ehling@bundeswehr.org

Manuscript data

Submitted: March 1, 2021

Accepted after revision: April 30, 2021

Citation

Ehling J, Soenksen SE, Veit DA, Waldeck S, Noblé HJ: Parenchymal Lesion of the Cerebellum as an Incidental Finding within the Initial Medical Screening of Military Pilot Candidates – Case Report. WMM 2021; 65(8): 315-319.

For the authors

Major (MC) Josef Ehling, MD, PhD

Air Force Centre of Aerospace Medicine

Department II3g – Imaging Technologies

Strasse der Luftwaffe 322, D-82256 Fuerstenfeldbruck,

E-Mail: josef1ehling@bundeswehr.org